Der wahre Glaube der Deutschen - ADAC hat mehr Mitglieder als die römisch-katholische Kirche in Deutschland
Fr., 15. Sept. 2023

Deutschland — Wer hätte gedacht, dass der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) jemals die römisch katholische Kirche in Deutschland in der Mitgliederzahl überholen würde?
- Mit stolzen 21,4 Millionen Mitgliedern steht der ADAC jetzt an der Spitze, während die Kirche knapp dahinter mit 20,9 Millionen folgt.
- Der Wandel begann bereits in den Sechzigerjahren.
- Während der ADAC begann, rasant zu wachsen und seine Präsenz in den deutschen Haushalten zu vergrößern, fing die Kirche an zu schrumpfen.
- Ein Phänomen, das Fachleute und Laien gleichermaßen fasziniert.
- Was war der Auslöser dieses Trends?
Tief im Herzen von Berlin-Friedenau versucht Detlef Pollack, ein renommierter Religionssoziologe, genau diese Frage zu beantworten.
Umgeben von hohen Bücherstapeln in seiner Küche, die bis unter die Decke reichen, zeigt er auf eine Grafik in seinem Buch Religion in der Moderne.
Diese zeigt die Kirchenaustritte in Westdeutschland von 1949 bis 2019.
Was auffällt: die stabile Phase der 1950er Jahre, in der Kirchenaustritte kaum eine Rolle spielten.
Doch 1967⁄68 gab es einen plötzlichen Anstieg.
Das Jahr 1968 markiert nicht nur einen Wendepunkt in der religiösen Landschaft Deutschlands, sondern auch in der Autowelt.
Kritik am Vietnamkrieg, am Kapitalismus und an der Politik dominierte die Schlagzeilen, während immer mehr Deutsche sich ein Auto kauften und dem ADAC beitraten.
In dieser Zeit des Wandels wurde auch die Kirche kritisch hinterfragt.
Doch was hat das Auto mit diesem Wandel zu tun?
Laut Pollack steht das Auto symbolisch für Freiheit und Individualität.
Statt jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, entschieden sich immer mehr Deutsche dafür, am Steuer ihres eigenen Autos zu sitzen und ihre Freizeit selbst zu gestalten.
Der Kirchgang, der einst den Sonntag strukturierte und der Pfarrer, der den Weg wies, verloren zunehmend an Bedeutung.
Aber es gibt auch andere Faktoren, die zu dieser Verschiebung beigetragen haben.
Neben dem Wunsch nach Freiheit und Individualität gibt es auch ernsthafte Kritikpunkte an der Kirche, insbesondere in Bezug auf den sexuellen Missbrauch und dessen unzureichende Aufarbeitung.
Wie Pollack jedoch betont, könnte der Hauptgrund für die Austritte sein, dass die Menschen "einfach etwas anderes wichtiger finden als die Kirche".
Die Zahlen und Trends mögen überraschend sein, doch sie bieten eine faszinierende Einsicht in die sich wandelnden Prioritäten und Werte der deutschen Gesellschaft.
Eines ist sicher: Deutschland steht vor einem Zeitalter des Wandels, in dem Autos und Freiheit eine größere Rolle zu spielen scheinen als religiöse Bindungen.