Deutschen Haushalten droht im Winter ein vielfaches an Energiekosten
Fr., 08. Juli 2022

Berlin — In einem ZDF-Interview mit Markus Lanz warnte Grünen-Politiker Habeck die Haushalte davor, dass die Kostenberechnungen ihrer Energieversorger für das kommende Jahr um ein Vielfaches höher ausfallen dürften als in den Vorjahren.
“Wir haben die Preise an den Energiemärkten beobachten können”, sagte Habeck.
“Diese deuten auf Preissteigerungen im vierstelligen Bereich hin — das kann für eine Familie schon mal ein Monatseinkommen sein — und es ist nicht mehr möglich, diese Preissteigerungen zu vermeiden. Da stellt sich natürlich die politische Frage, ob wir die Menschen damit allein lassen müssen.”
Habeck appellierte an die Menschen, mit dem Energiesparen zu beginnen, wo sie können, und warnte davor, dass noch größere Kostensteigerungen die soziale Spaltung verschärfen könnten.
“Ich glaube, das ist eine politische Aufgabe”, sagte er.
“Wir können nicht zulassen, dass die Energiekosten das Land noch mehr spalten.”
Noch vor einem Jahr lag der Preis für eine Megawattstunde Gas bei rund 20 Euro.
Inzwischen sind die Kosten auf etwa 140 Euro pro Megawattstunde gestiegen, was zu Befürchtungen geführt hat, dass die Rechnungen bis zu achtmal so hoch sein könnten wie zuvor.
Habeck sagte jedoch, dass die Rechnungen auf Jahresdurchschnittswerten und nicht auf den jüngsten Preisen beruhen würden, was bedeutet, dass die Kosten nicht so hoch sein würden, wie manche befürchten.
“So schlimm wird es nicht sein”, sagte er. “Zumindest hoffen wir das.”
Er sagte, dass sowohl die Unternehmen als auch die Verbraucher ihr Verhalten angesichts der begrenzten Gaslieferungen ändern müssten, zum Beispiel durch eine Lockerung der Vorschriften, die Bäckereien dazu verpflichten, morgens und abends das gleiche Sortiment anzubieten.
“Wenn Deutschland das Problem hat, dass es abends ein Roggenbrötchen kaufen muss, weil es keine Haferbrötchen mehr gibt, dann sind das einfach Luxusprobleme, die wir über Bord werfen können”, sagte er. “Vielleicht tut es allen gut, die Brötchen zu essen, die es noch gibt.”
Wenige Stunden vor seinem Auftritt bei Markus Lanz hat sich Habeck gegen die Einführung von Preisobergrenzen für Energie ausgesprochen.
Auf der Internationalen Handwerksmesse in München sagte er am Dienstag, dass eine Senkung der Energiepreise ein falsches Signal an die Verbraucher wäre.
"Eine Preisobergrenze wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, nehmt euch, was ihr wollt", sagte er.
Angesichts der Befürchtung, dass Russland als Vergeltung für die Sanktionen den Gashahn zudrehen könnte, hat das Wirtschaftsministerium Millionen von Euro in eine Kampagne gesteckt, um die Menschen zu ermutigen, wo immer möglich Energie zu sparen.
Habeck hat außerdem gesetzlich festgelegt, dass die Gasspeicher bis zum Winter voll sein müssen. Damit wäre sichergestellt, dass Deutschland über genügend Reserven verfügt, um die drei kältesten Monate des Jahres zu überstehen.
"Wir sind nicht nur passiv", sagte Habeck im ZDF. "Wir müssen nicht tatenlos zusehen, was da passiert."
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kritisiert jedoch, dass die Bundesregierung nicht genug tue, um zu prüfen, ob die Energieversorgung im Ernstfall ausreiche.
In einem Brief an Habeck, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, beklagt Söder, dass in Bayern kein Stresstest durchgeführt worden sei, um festzustellen, ob niedrigere Gasmengen die Haushalte und Unternehmen im Freistaat ausreichend versorgen könnten.
"Insgesamt haben wir in Deutschland zu wenig Informationen darüber, was jetzt wirklich passiert", sagte Söder dem Bayerischen Rundfunk BR24. "Wann kommt das Gas? Wie ist der aktuelle Stand der Gasversorgung? Und welche Notfallpläne gibt es dann, wenn das Gas nicht kommt?"
Er verwies auf das Beispiel Italiens und sagte, andere Länder hätten ihre Gasversorgung bereits gesichert.