Deutschland: 24.000 Demonstranten protestieren gegen überhöhte Energiekosten
So., 23. Okt. 2022

Berlin — Unter dem Motto “Gemeinsam durch die Krise — soziale Sicherheit gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden” versammelten sich am Samstag tausende Demonstranten in sechs deutschen Städten und forderten mehr soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, da Inflation und steigende Gaspreise in Deutschland zu spüren sind.
Die Organisatoren, darunter die Gewerkschaft ver.di und der deutsche Zweig von Greenpeace, schätzten die Gesamtzahl der Teilnehmer auf etwa 24.000, darunter etwa 6.000 in Berlin, jeweils 5.000 in Düsseldorf und Frankfurt und 4.000 in Stuttgart. Außerdem fanden Proteste in Hannover und Dresden statt.
Die polizeilichen Schätzungen zur Teilnehmerzahl lagen jedoch oft weit darunter, nämlich bei 1.800 in Berlin, 1.500 in Hannover, 2.300 in Düsseldorf und 2.700 in Frankfurt.
Auch die Polizei berichtete, dass die Demonstrationen ruhig und friedlich verliefen.
In den letzten Wochen kam es an Montagabenden vor allem in Ostdeutschland immer wieder zu kleineren Protesten, bei denen es vereinzelt auch zu Gewalttätigkeiten kam.
Wofür haben die Menschen protestiert?
Das kommt ganz darauf an, welchen Demonstranten man genau fragt. Die Plakate und Schilder, die gezeigt wurden, bezogen sich auf eine breite Palette von Themen.
Oft standen Forderungen nach der Abschaffung fossiler Brennstoffe und der Atomenergie und Forderungen nach niedrigeren Stromrechnungen nebeneinander.
Verschiedene Plakate waren auf den Demonstrationen zu sehen:
- “Mit neuer Energie aus der Krise”,
- “Die Profite der Krise besteuern”,
- “Steuererleichterungen für Superreiche abschaffen”,
- “KEIN KRIEG”,
- “Euch gehen die Ausreden aus, uns geht das Geld aus”,
- “Für Vielfalt und Menschenrechte”,
- “Frieden statt Einfrieren”,
- “Kohle stoppen”,
- “Schluss mit fossilen Brennstoffen”
- “Ja zum Tempolimit auf Autobahnen”
- “Inflation! Dönerpreise sind zu hoch!”
In der Hauptstadt Berlin nahmen mehrere Spitzenpolitiker der deutschen Linkspartei wie Katja Kipping, Lena Kreck und Klaus Lederer — alle Teil der Regierungskoalition im Stadtstaat — teil.
Die Hilfe zielt nicht auf die Bedürftigsten, sagen die Demonstranten
Die deutsche Regierung setzt Maßnahmen zur Bekämpfung der steigenden Energiepreise um, insbesondere die Bereitstellung von rund 200 Milliarden Euro zur Deckelung der Gaspreise ab März nächsten Jahres.
Andrea Kocsis, Gewerkschaftsfunktionärin bei ver.di, sagte auf einer Demonstration, dass diese Maßnahmen “anders ausgerichtet” werden müssten, damit sie sich stärker auf die Menschen konzentrieren, die am dringendsten Hilfe benötigen.
"Die Regierung tut viel, aber sie verteilt die Mittel mit der Gießkanne. Menschen mit geringem Einkommen brauchen mehr Unterstützung als Wohlhabende", sagte Kocsis.
Auch der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, nahm an der Berliner Demonstration am Brandenburger Tor teil, ebenso wie einer der Vorsitzenden des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider.
Schneider forderte eine "180-Grad-Wende" in der Steuer- und Finanzpolitik. Deutschland stecke mitten in der größten Krise der Nachkriegszeit, sagte er in Anspielung auf den Einmarsch Russlands in der Ukraine und den Klimawandel.
Diese könne man nur mit einer Solidarität bewältigen, "die in den von der Bundesregierung geplanten Hilfspaketen fehlt".
Sylvia Bühler, leitende Funktionärin der Gewerkschaft ver.di, sagte, immer mehr Menschen seien besorgt, dass sie die Kosten für Kraftstoff und Lebensmittel nicht mehr aufbringen könnten.
Die Organisatoren werteten die Veranstaltung und die Teilnehmerzahl als Erfolg.
"Die Demonstrationen zeigen, dass sich viele Menschen in dieser Krise nicht spalten lassen und einen sozialen und ökologischen Wandel wollen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung nach den Demos.
Zu den Veranstaltern gehörten die Gewerkschaften BUND, ver.di und GEW, der BUND, Greenpeace, die Kampagnennetzwerke Campact und Attac, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband und die Bürgerbewegung für eine Finanzwende.