Deutschland: Beihilfe zum 3300-fachen Mord - Früherer KZ-Wachmann (98) angeklagt
So., 03. Sept. 2023

Berlin — Achtzig lange Jahre sind vergangen, seit ein 18-jähriger junger Mann den verbrecherischen “Dienst” im berüchtigten KZ Sachsenhausen in Brandenburg antrat.
- Doch nun 80 Jahre danach wird ihm vor dem Landgericht Hanau der Prozess gemacht.
- Der Grund: Er hat dem Nazi-Régime geholfen, mehr als 3300 unschuldige Menschen zu ermorden.
- Tausende Menschen wurden hier vergast, erschossen und zu Tode gequält.
- In den letzten Jahren wurde mehrfach darüber spekuliert, dass solche Verfahren möglicherweise die letzten ihrer Art sein könnten.
- Die hochbetagten Angeklagten sind oft zu krank oder physisch eingeschränkt, um eine Verhandlung angemessen zu verfolgen.
- Im aktuellen Prozess in Hanau hat ein psychiatrischer Sachverständiger festgestellt, dass der Angeklagte zumindest eingeschränkt verhandlungsfähig ist.
Dies könnte bedeuten, dass die Verhandlung auf nur einige Stunden pro Tag beschränkt wird, insbesondere wenn eine Jugendkammer des Gerichts eine entsprechende Regelung findet.
Es ist eine beispiellose Situation, in der Richter, die normalerweise Jugendliche vor sich haben, die Straftaten wie Überfälle oder Prügeleien begangen haben, nun die dunkelste Periode der deutschen Geschichte mit einem Greis auf der Anklagebank aufarbeiten müssen.
Der Angeklagte trat mit 18 Jahren seinen Dienst im KZ an, was ihn nach dem Strafrecht als Heranwachsenden einstuft.
Daher ist es notwendig zu prüfen ob das Jugendstrafrecht in diesem Fall angewendet werden sollte.
Die Anklage in diesem Verfahren wurde von Gießen per Kleintransporter überbracht.
Die Ermittlungen basieren auf einem umfangreichen Berg von Akten, viele davon wurden von der Zentralen Stelle zur Aufklärung der NS-Verbrechen in Ludwigsburg gesammelt.
Juristen in Ludwigsburg durchforsteten Archive weltweit, um Hinweise darauf zu finden, wer für die Gräueltaten in den Gestapo-Kellern und den Konzentrationslagern zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Die jahrelangen Bemühungen der Ermittler, die auf eine strenge Rechtsprechung stießen, die eine Verfolgung nur dann zuließ, wenn eine konkrete Beteiligung an den Verbrechen nachgewiesen werden konnte, erfuhren im Herbst 2016 eine wichtige Wendung.
Der Bundesgerichtshof entschied im Fall des ehemaligen KZ-Auschwitz-Buchhalters Oskar Gröning grundlegend, dass jeder, der “funktionell in den arbeitsteilig organisierten Massenmord eingebunden” war, Beihilfe zum Mord begangen hat.
Dies geschah, weil sie Teil eines “organisierten Tötungsapparates” waren.
Dieser Gerichtsprozess wird nicht nur die juristischen Fragen klären, sondern auch die moralische Verantwortung derjenigen, die in den dunkelsten Stunden der Geschichte involviert waren, erneut in den Fokus rücken.
In einer Zeit, in der die letzten Überlebenden und Zeugen des Holocausts allmählich aus der Welt scheiden, ist es von größter Bedeutung, die Erinnerung an diese grausame Ära am Leben zu erhalten und sicherzustellen, dass Gerechtigkeit in ihrem Namen geschieht.