Geschichte: Der Völkermord von König Leopold II kostete 10 Millionen Menschen das Leben
Do., 20. Apr. 2023

König Leopold II war von 1865 bis zu seinem Tod im Jahr 1909 der König der Belgier.
Er war bekannt für seine Rolle bei der Gründung des Kongo-Freistaats in Afrika, der als private Kolonie von Leopold II geführt wurde.
Leopold II hatte eine aktive Rolle bei der Eroberung des Kongo-Beckens und der Unterwerfung seiner Bewohner.
Die Ausbeutung der Kongo-Region unter seiner Herrschaft war von brutaler Gewalt und Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung geprägt, was zur Vernichtung eines Großteils der Bevölkerung führte.
Während seiner Herrschaft wurden zahlreiche Naturschätze und Rohstoffe aus der Region ausgebeutet.
Leopold II ist heute umstritten und wird von vielen als Symbol für Kolonialismus und Ausbeutung gesehen.
Seine Rolle in der Geschichte des Kongo und des Kolonialismus ist ein Thema der Debatte und des Studiums, das viele Menschen bis heute beschäftigt.
Im Kongo wurden unter der Herrschaft von König Leopold II von Belgien und später unter der Herrschaft der belgischen Kolonialverwaltung zahlreiche Verbrechen begangen.
Die Ausbeutung der kongolesischen Bevölkerung durch die Kolonialmacht hatte verheerende Auswirkungen auf das Land und seine Menschen, darunter:
1. Zwangsarbeit:
Die kongolesische Bevölkerung wurde zur Zwangsarbeit gezwungen, um Rohstoffe wie Kautschuk und Elfenbein für den Export nach Europa zu gewinnen.
Die Arbeiter wurden oft mit Gewalt und Misshandlungen gezwungen, unmenschliche Arbeitsbedingungen zu ertragen.
2. Massaker:
Die belgischen Kolonialtruppen und ihre einheimischen Verbündeten führten zahlreiche Massaker an der kongolesischen Bevölkerung durch.
Diese Gewalttaten richteten sich gegen Gruppen, die als Widerstandskämpfer oder Rebellen betrachtet wurden.
3. Enteignung:
Viele kongolesische Bauern wurden enteignet und vertrieben, um Platz für Kautschuk- oder Palmölplantagen zu schaffen.
Die Menschen verloren damit ihre Lebensgrundlage und wurden zu Landarbeitern oder in die Zwangsarbeit getrieben.
4. Geiselhaft:
Um die Einhaltung von Produktionsquoten zu erzwingen, nahmen die belgischen Kolonialbehörden oft Familienmitglieder von Arbeitern als Geiseln.
Die Geiseln wurden misshandelt und gefoltert, um die Arbeiter zur Arbeit zu zwingen.
5. Menschenrechtsverletzungen: Frauen und Mädchen wurden häufig Opfer von sexueller Gewalt und Vergewaltigungen durch belgische Kolonialbeamte und einheimische Verbündete.
Auch willkürliche Verhaftungen, Folterungen und Hinrichtungen waren an der Tagesordnung.
All diese Verbrechen haben tiefe Spuren in der Geschichte des Kongo und seiner Bevölkerung hinterlassen und tragen bis heute zur instabilen politischen und sozialen Situation des Landes bei.
10 Millionen Opfer
Die genaue Zahl der Opfer der Schreckensherrschaft von König Leopold II im Kongo ist schwierig zu ermitteln, da es keine genauen Aufzeichnungen gibt und viele Todesfälle nie dokumentiert wurden.
Schätzungen zufolge starben jedoch zehn Millionen Menschen aufgrund von Krankheiten, Zwangsarbeit, Unterernährung und direkter Gewaltanwendung.
Einige Schätzungen gehen sogar von einer noch höheren Zahl von Todesopfern aus.
Die schrecklichen Bedingungen in der Kolonie führten auch zu einer hohen Kindersterblichkeitsrate und zur Ausrottung einiger Ethnien und Kulturen.
Die Herrschaft von König Leopold II im Kongo hat zu einem der größten Verbrechen der Kolonialzeit geführt.
Völkermord
Die meisten Historiker und Aktivisten verwenden den Begriff "Genozid", um die Schreckensherrschaft von König Leopold II im Kongo zu beschreiben, da sie argumentieren, dass die Maßnahmen, die er und seine Agenten ergriffen haben, darauf abzielten, die kongolesische Bevölkerung auszulöschen oder zu dezimieren.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Schreckensherrschaft von König Leopold II im Kongo ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, das Millionen von Menschenleben gekostet hat und noch heute Auswirkungen auf das Land und seine Bevölkerung hat.
König Leopold II starb im Jahr 1909, lange bevor der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gegründet wurde.
Daher konnte er nicht vor diesem Gericht angeklagt werden.
Allerdings gab es bereits zu Lebzeiten des Königs internationale Proteste gegen die Brutalität der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo.
Im Jahr 1904 veröffentlichte der britische Konsul Roger Casement einen Bericht über die Kongogräuel, der international für Aufsehen sorgte und die internationale Gemeinschaft auf die Grausamkeiten im Kongo aufmerksam machte.
Die internationale Empörung über die Zustände im Kongo führte dazu, dass Belgien im Jahr 1908 die Kontrolle über die Kolonie übernahm und eine eigene Regierung einrichtete, um die schlimmsten Auswüchse der Ausbeutung und Gewalt zu beenden.
Es wurden jedoch keine strafrechtlichen Maßnahmen gegen Leopold II oder andere belgische Kolonialbeamte ergriffen.
Erst in jüngerer Zeit haben verschiedene Gruppen und Einzelpersonen Forderungen nach einer offiziellen Entschuldigung und Entschädigung für die Verbrechen der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo erhoben.
Nachkommenschaft
Die Nachkommen von König Leopold II von Belgien haben sich in der Vergangenheit nicht offiziell zu den Verbrechen und dem Völkermord im Kongo geäußert.
Allerdings hat der belgische König Philippe im Jahr 2019, anlässlich des 60. Jahrestages der Unabhängigkeit des Kongo, in einer offiziellen Erklärung Bedauern über die Gräueltaten und Menschenrechtsverletzungen ausgedrückt, die unter der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo begangen wurden.
In seiner Erklärung sprach er von "Gewalttaten und Grausamkeiten", die von den Kolonialbehörden begangen wurden, und betonte die Bedeutung, aus der Vergangenheit zu lernen und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen.
Einige Nachkommen von König Leopold II haben in der Vergangenheit privaten Wiedergutmachungsinitiativen für den Kongo unterstützt.
So hat beispielsweise Prinzessin Esméralda von Belgien, die Ur-Ur-Enkelin des Königs, an einer Zeremonie im Jahr 2018 teilgenommen, bei der eine Gedenktafel für die Opfer der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo enthüllt wurde.
Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Verantwortung für die Verbrechen, die während der Herrschaft von König Leopold II begangen wurden, nicht allein bei seinen Nachkommen liegt.
Vielmehr geht es darum, als Gesellschaft und als internationale Gemeinschaft Verantwortung für die Folgen der Kolonialzeit zu übernehmen und sich für Gerechtigkeit und Wiedergutmachung einzusetzen.
Wiedergutmachung
Es hat auch Wiedergutmachungszahlungen im Zusammenhang mit den Verbrechen der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo gegeben.
Im Jahr 1924 wurde nach langwierigen Verhandlungen zwischen Belgien und den USA ein Abkommen unterzeichnet, das die Entschädigung von US-Bürgern vorsah, die während der Herrschaft von König Leopold II im Kongo Geschäfte gemacht hatten und dadurch Verluste erlitten hatten.
Belgien zahlte insgesamt 10 Millionen US-Dollar an die USA, die das Geld an die Geschäftsleute weiterleiteten.
In jüngerer Zeit haben verschiedene Gruppen und Organisationen Forderungen nach Wiedergutmachungszahlungen im Zusammenhang mit den Verbrechen der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo erhoben.
Im Jahr 2020 hat die Stadt Brüssel eine Entschuldigung für die Rolle Belgiens im Kongo ausgesprochen und ein Maßnahmenpaket zur Anerkennung und Entschädigung der Opfer angekündigt.
Ein Teil des Maßnahmenpakets sieht die Rückgabe von Artefakten und menschlichen Überresten an den Kongo vor, die während der Kolonialzeit von belgischen Kolonialbeamten geraubt wurden.
Es ist jedoch sehr umstritten, ob diese Maßnahmen ausreichen, um den Opfern der belgischen Kolonialherrschaft im Kongo gerecht zu werden, und einige Aktivisten und Organisationen fordern weiterhin umfassendere Wiedergutmachungszahlungen.
Reue
König Leopold II hat in der Öffentlichkeit nie offiziell Bedauern oder Reue für die Verbrechen ausgedrückt, die während seiner Herrschaft im Kongo begangen wurden.
Auch gibt es keine schriftlichen Aufzeichnungen oder Briefe, die darauf hindeuten, dass er persönlich irgendwelche Bedenken oder Gewissensbisse wegen seiner Rolle bei den Verbrechen hatte.
Es ist jedoch bekannt, dass König Leopold II in den späten Jahren seiner Herrschaft und insbesondere nach der Entdeckung von Verbrechen im Kongo zunehmend isoliert und von Schuldgefühlen geplagt war.
Es wird berichtet, dass er während dieser Zeit depressiv und paranoid wurde und sich zunehmend von der Öffentlichkeit und seinen Beratern abschottete.
Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass Bedauern oder Reue im Nachhinein nicht ausreichen, um die Gräueltaten und Verbrechen wiedergutzumachen, die unter der Herrschaft von König Leopold II begangen wurden.
Auch ist es wichtig, dass die Verantwortung für die Folgen der Kolonialzeit von der Gesellschaft und der internationalen Gemeinschaft übernommen wird und Maßnahmen ergriffen werden, um Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Opfer zu erreichen.
Denkmäler
Es gibt immer noch Denkmäler und andere öffentliche Erinnerungsstücke, die an König Leopold II in Belgien erinnern.
In Belgien gibt es beispielsweise mehrere Statuen und Denkmäler, die ihm gewidmet sind, darunter das bekannteste Denkmal am Place du Trône in Brüssel.
In den letzten Jahren hat es jedoch in Belgien und anderen Ländern zunehmend Proteste und Debatten über die angemessene Erinnerung an König Leopold II und seine Rolle bei den Verbrechen im Kongo gegeben.
Aktivisten und Organisationen fordern die Entfernung der Denkmäler und die Umbenennung von Straßen und öffentlichen Plätzen, die nach ihm benannt sind.
Im Jahr 2020 wurde eine Statue von König Leopold II in Antwerpen beschädigt und eine Petition zur Entfernung des Denkmals am Place du Trône in Brüssel erhielt mehr als 70.000 Unterschriften.
Die belgische Regierung hat angekündigt, eine Debatte über die angemessene Erinnerung an König Leopold II zu führen, aber es gibt noch keine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Denkmäler.
Umfangreiche Dokumentation von ARTE über die Kongogräuel (Deutschsprachig, 90 Minuten)