Schweiz startet Europas erstes Pilotprogramm zum Verkauf von Cannabis
Do., 22. Sept. 2022

Bern — Die Schweiz wird das erste europäische Land sein, das ein Pilotprogramm zum Verkauf von Cannabis startet, um die Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis zu untersuchen.
Das so genannte “Weed Care”-Pilotprogramm wird am 15. September offiziell gestartet und soll zweieinhalb Jahre dauern und im März 2025 enden.
Das Programm umfasst 370 Teilnehmer in Basel, der drittgrößten Stadt der Schweiz.
Die Teilnehmer des Pilotprogramms sind über 18 Jahre alt, haben ihren Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt und sind bereits Cannabiskonsumenten für Erwachsene.
Während der gesamten Studie werden die Teilnehmer unter anderem regelmäßig zu ihrem Cannabiskonsumverhalten und ihrer körperlichen und psychischen Gesundheit befragt.
“Die erste Forschungsfrage ist, ob sich der Konsum verändert — ob mehr, weniger oder gleich viel konsumiert wird”, sagte Regine Steinauer, Leiterin der Suchtabteilung der Universität Basel, wie Euronews berichtet.
Sie fügte hinzu, dass die Studie auch untersuchen werde, ob sich die psychische und physische Gesundheit verändert, wenn Cannabis in Apotheken konsumiert wird.
Die Teilnehmer können in den neun an der Studie beteiligten Apotheken gegen Vorlage ihres Personalausweises vier Arten von Cannabisprodukten und zwei Arten von Produkten auf Haschischbasis kaufen.
Die Apotheken werden Cannabisprodukte zu einem Preis von 8 bis 12 CHF pro Gramm verkaufen, der sich an den aktuellen Preisen auf dem illegalen Markt orientiert.
Die Produkte mit unterschiedlichen THC-Gehalten werden von der Schweizer Firma Pure Production hergestellt.
Der THC-Gehalt von getrockneten Blüten liegt zwischen 5 % und 17 %, während Haschischprodukte einen THC-Gehalt zwischen 13 % und 20 % aufweisen.
Die Teilnehmer können 5‑Gramm-Packungen in Apotheken kaufen und Cannabisprodukte nur in privaten Räumen konsumieren.
Da das geltende Recht den Besitz von bis zu 10 Gramm Cannabis nicht unter Strafe stellt, können die Teilnehmer bis zu zwei Packungen pro Kauf erwerben.
Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zielt das Pilotprogramm darauf ab, das Wissen über die Vor- und Nachteile des kontrollierten Zugangs zu Cannabis zu erweitern und eine wissenschaftliche Grundlage für die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene im Land zu schaffen.
Das BAG hat das Pilotprogramm zum Cannabisverkauf am 19. April genehmigt. Es wird gemeinsam von der Universität Basel, den Universitären Psychiatrischen Kliniken und dem Gesundheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt durchgeführt.
Lukas Engelberger, medizinischer Direktor des Basler Gesundheitsdepartements, sagte in einem Facebook-Post, dass das Basler Pilotprojekt zum Cannabisverkauf das erste in der Schweiz sei. Andere Schweizer Städte arbeiten jedoch an einem ähnlichen Programm.
"Ich bin froh darüber. Natürlich wäre es mir lieber, wenn wir Cannabis mit all seinen Risiken und Nachteilen gar nicht verwenden würden. Wir müssen aber feststellen, dass das derzeitige Verbotsregime nicht zu einem Rückgang des Konsums geführt hat. Daher ist es richtig und wichtig, neue Regulierungsmodelle zu testen", schrieb er.
Am 15. Mai 2021 trat eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in Kraft, die zeitlich und räumlich begrenzte Pilotversuche für den kontrollierten Verkauf von Cannabis für Erwachsene in der Schweiz ermöglicht.
Trotz der Illegalität schätzt das BAG die Zahl der aktiven Konsumenten von Cannabis für Erwachsene in der Schweiz auf mindestens 200.000, möglicherweise sind es aber weit mehr.
In der Schweiz wurde 2008 ein Referendum zur Legalisierung des Konsums, des Kaufs und des Anbaus von Cannabis für den persönlichen Gebrauch durchgeführt. Rund 63 % der Schweizer Bürger stimmten jedoch gegen den Vorschlag.
Am 1. August 2022 hat die Schweiz den Zugang zu medizinischem Cannabis durch eine ärztliche Verschreibung vollständig legalisiert und den Export von medizinischen Cannabisprodukten für kommerzielle Zwecke erlaubt.
Eine von der Universität Genf und der Beratungsfirma EBP durchgeführte Studie zeigt, dass die Cannabisindustrie in der Schweiz 1 Milliarde Franken (etwa 1 Milliarde Dollar) pro Jahr einbringen könnte.