Was bedeutet die Senkung der deutschen Mehrwertsteuer auf Gas für die Verbraucher?
Di., 23. Aug. 2022

Berlin — Deutschland wird die Steuer auf den Gasverbrauch auf sieben Prozent senken. Aber es sind auch zusätzliche Gebühren geplant. Wir schauen uns an, was das alles für die Kunden bedeutet.
Was ist passiert?
Die Bundesregierung hat vergangene Woche angekündigt, dass die Mehrwertsteuer auf Gasverbrauch gesenkt werden soll, um die Menschen zu entlasten.
Geplant ist, die Mehrwertsteuer auf alle Gasrechnungen — also nicht nur die Umlage — bis Ende März 2024 von 19 auf 7 Prozent zu senken.
Dieser ermäßigte Steuersatz gilt normalerweise nur für bestimmte Grundgüter wie Lebensmittel.
Ursprünglich wollte die Regierung die Pflicht zur Zahlung der Mehrwertsteuer ganz abschaffen, was jedoch aufgrund der strengen EU-Vorschriften nicht zulässig war.
In der vergangenen Woche teilte Deutschland jedoch auch mit, dass die Gasversorger ab Oktober 2,419 Cent pro Kilowattstunde auf den Gaspreis aufschlagen dürfen, um ihnen zu helfen, die enorm gestiegenen Beschaffungskosten zu bewältigen.
Rund die Hälfte aller Haushalte in Deutschland haben eine Gasheizung.
Wie wirkt sich die Mehrwertsteuersenkung auf den Aufschlag aus?
Leider sieht es so aus, als würden die Rechnungen auch mit der Mehrwertsteuersenkung weiter steigen.
Neben der Umlage erhöhen die Gasversorger ihre Kosten im Allgemeinen, so dass auch dies die Haushalte in Deutschland in Bedrängnis bringen wird.
Aber schauen wir uns doch mal an, wie sich die Senkung der Mehrwertsteuer auf den Gaszuschlag auswirkt.
Im folgenden Tweet des Senders Berlin-Brandenburg (RBB) heißt es: “Ab Oktober wird eine Gasabgabe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde fällig.
“Damit soll die Gasversorgung gesichert und die Importkosten gestützt werden. Trotz der Mehrwertsteuersenkung auf Gas bedeutet das für viele Haushalte Mehrkosten.”
Die Tabelle des RBB gibt einen Eindruck von den Preissteigerungen, die auf die Kunden in Deutschland mit dem Gaszuschlag und der Mehrwertsteuersenkung nach derzeitigem Stand zukommen.
Eine Person in einer 40 Quadratmeter großen Wohnung, die durchschnittlich 5.600 Kilowattstunden pro Jahr für Heizung und Warmwasser verbraucht, könnte beispielsweise 144,95 Euro mehr pro Jahr oder 12,08 Euro mehr pro Monat zahlen müssen.
Verbraucher in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung mit einem Jahresverbrauch von 9.800 kWh müssen unter Umständen 253,66 Euro pro Jahr mehr bezahlen.
Eine Familie, die in einem 120 Quadratmeter großen Haus wohnt und etwa 16.800 kWh pro Jahr verbraucht, könnte 434,84 Euro mehr pro Jahr zahlen.
Moment - aber gibt es nicht auch Einsparungen beim Rest der Rechnung?
Ja. An dieser Stelle wird es etwas kompliziert.
Die Mehrwertsteuersenkung gilt für die gesamte Gasrechnung, nicht nur für die Umlage. Dennoch werden die Menschen für Gas im Allgemeinen mehr bezahlen müssen.
Derzeit zahlt ein Musterhaushalt mit einem Gasverbrauch von 20.000 kWh pro Jahr laut dem Vergleichsportal Check24 insgesamt 3.717 Euro.
Wenn die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent sinkt, verringern sich diese Kosten um 375 Euro auf insgesamt 3.342 Euro.
Doch es kommen weitere Kosten hinzu.
Ab 1. Oktober gilt die neue Gasabgabe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde.
Für den Musterhaushalt bedeutet dies eine Mehrbelastung von 518 Euro - einschließlich der Mehrwertsteuer von sieben Prozent.
Ohne die Senkung der Mehrwertsteuer würden sich die Mehrkosten auf 576 € belaufen.
Durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas würde der Haushalt insgesamt um rund 433 € entlastet.
Im Beispielhaushalt würde der Verbraucher ab Oktober mehr zahlen - obwohl die Mehrwertsteuer auf das gesamte Gas gesenkt wird.
Nach Berechnungen der Tagesschau würde die Familie 143 Euro pro Jahr mehr bezahlen.
Dabei wird allerdings von den derzeitigen Gaspreisen ausgegangen, die wahrscheinlich noch steigen werden. Ja, auch uns bereitet es Kopfzerbrechen, herauszufinden, was das alles bedeutet!
Wie sieht es mit den Gaspreisen derzeit aus?
Ein deutscher Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh zahlte im August 2021 durchschnittlich 1.306 Euro - aktuell sind es 3.717 Euro.
Unabhängig von der weiteren Entwicklung der Marktpreise gehen Experten davon aus, dass die Verbraucherpreise für Erdgas weiter steigen werden.
Denn die Großhandelspreise sind zum Teil deutlich höher als das, was Gaskunden derzeit zahlen.
Höhere Preise werden vor allem diejenigen treffen, die keinen Preisgarantievertrag haben oder deren Vertrag ausläuft.
Wofür zahlen wir sonst noch?
Laut Tagesschau müssen die Verbraucher neben dem Gaszuschlag und den steigenden Gaspreisen ab Oktober zwei weitere Zuschläge zahlen: den Regelenergiezuschlag von 0,57 Cent pro Kilowattstunde und den Gasspeicherzuschlag von 0,059 Cent pro Kilowattstunde.
Die Regelenergie dient dazu, das Gasnetz stabil zu halten. Ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden muss dann mit zusätzlichen Kosten von knapp 135 Euro pro Jahr für Regelenergie und Gasspeicherbefüllung rechnen, inklusive sieben Prozent Mehrwertsteuer.
Die Zuschläge kommen zur Gasabgabe von 2,419 Cent (ohne Mehrwertsteuer) pro Kilowattstunde hinzu.
Welche finanzielle Unterstützung gibt es?
Alle Arbeitnehmer in Deutschland erhalten ab September eine einmalige steuerpflichtige Zahlung von 300 Euro.
Wer angestellt ist, erhält den Energiezuschuss über seinen Arbeitgeber. Selbstständige können ihn über die Steuervorauszahlung für das dritte Quartal erhalten.
Um einkommensschwache Haushalte zu entlasten, sollen Wohngeldempfänger einen einmaligen Heizkostenzuschuss erhalten. Alleinlebende sollen nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung 270 Euro erhalten.
Zwei-Personen-Haushalte sollen 350 Euro erhalten, für jede weitere Person im Haushalt 70 Euro mehr.
Studenten, Auszubildende und andere Berechtigte erhalten einen einmaligen Heizkostenzuschuss von 230 Euro.
Sind weitere Unterstützungsmaßnahmen geplant?
Die deutsche Regierung bereitet derzeit ein drittes Hilfspaket vor.
Geplant sind Hilfen durch Wohngeld und Steuererleichterungen. Auch ein dauerhafter Heizkostenzuschuss für einkommensschwache Haushalte ist in Arbeit.