Badewannenmord: Unschuldiger Deutscher nach 13 Jahren Gefängnis freigesprochen (Video)
Sa., 08. Juli 2023

Berlin — Ein deutsches Gericht hat am Freitag einen ehemaligen Pfleger entlastet, der wegen des mutmaßlichen Mordes an einer älteren Frau, die in einer Badewanne gefunden wurde, mehr als 13 Jahre im Gefängnis gesessen hatte.
Manfred Genditzki war zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, weil er eine 87-jährige Mieterin des Gebäudes, in dem er 2008 arbeitete, während eines Streits auf den Kopf geschlagen und dann ertränkt haben soll.
Genditzki hatte während eines langwierigen Rechtsstreits stets bestritten, die Frau getötet zu haben.
In einem Justizskandal, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte, entschieden die Richter des Landgerichts München, dass Genditzki zu Unrecht verurteilt worden war, und ordneten eine Entschädigung von 369.000 Euro an.
“Es war kein Mord, er ist freigesprochen und damit unschuldig”, sagte ein Gerichtssprecher und verwies auf neue Beweise, die auf einen Unfalltod hindeuten.
Lokale Medien berichteten, dass Genditzki bei der Verlesung des Urteils teilnahmslos dasaß, während viele seiner Unterstützer im Gerichtssaal offen weinten.
Der heute 63-jährige Genditzki, der in einer großen Wohnanlage im südlichen Rottach-Egern gearbeitet hatte, hatte seine Verurteilung bereits erfolgreich vor einem Bundesgerichtshof angefochten, wurde aber 2012 von einem Münchner Gericht erneut für schuldig befunden.
‘Eine Tragödie’
In einem dritten Prozess, der auf den Fortschritten der forensischen Wissenschaft beruhte, konnte seine Verteidigerin Regina Rick neue Beweise vorlegen, die zeigten, dass die Wassertemperatur in der Wanne, in der die Frau gefunden wurde, auf einen weitaus anderen Todeszeitpunkt hindeutete als ursprünglich angenommen.
Ein zweites wissenschaftliches Gutachten, das dem Gericht vorgelegt wurde, wies anhand einer Computersimulation nach, dass der Tod der Frau wahrscheinlich die Folge eines Unfalls war.
Auf der Grundlage dieser Beweise erreichte Rick im August letzten Jahres die vorläufige Freilassung ihres Mandanten, da sich die Zweifel an seiner Schuld häuften und Genditzki bisher keine Vorstrafen hatte.
Der Freispruch vom Freitag, den auch die Staatsanwaltschaft letztlich befürwortete, “erfolgte auf der Grundlage von Gutachten mit modernsten Methoden, die zum Zeitpunkt der früheren Verurteilungen noch nicht zur Verfügung standen”, so der Gerichtssprecher.
“Nach 4.915 zu Unrecht verbrachten Hafttagen, in denen er weder an der Erziehung seiner Kinder teilgenommen noch die Geburt seiner Enkelkinder miterlebt hat, sei Genditzki nun entlastet.”
“Dies ist eine Tragödie, die sich kaum in Worte fassen lässt”, fügte er hinzu.
Das Gericht sagte Genditzki einer Entschädigung von 75 Euro für jeden Tag zu, den er im Gefängnis verbracht hat, insgesamt also zu etwas mehr als 368.000 Euro.
Möglicherweise kann er auch zusätzlichen Schadenersatz für entgangenes Einkommen verlangen.