Deutschland: Finanzminister will Automotoren vor EU-Umweltplänen schützen
Fr., 16. Sept. 2022

Berlin — Deutschlands Porsche-fahrender Finanzminister Christian Lindner setzt sich in letzter Minute für die Rettung des Verbrennungsmotors ein. Er behauptet, die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, habe zugesagt, Änderungen an den kommenden Emissionsvorschriften vorzunehmen.
Christian Lindner sagte gegenüber POLITICO, dass Bundeskanzler Olaf Scholz im Juni eine Hinterzimmerabsprache mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen getroffen habe, um sicherzustellen, dass die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen oder E‑Kraftstoffen im Rahmen der neuen EU-Kraftstoffeffizienzstandards, die bis 2035 eine Null-Emissionsvorschrift für den Verkauf von Neuwagen und Transportern einführen werden, erlaubt sei.
“Dazu gab es Gespräche zwischen der Bundeskanzlerin und Ursula von der Leyen”, sagte Lindner. “Ich habe keinen Zweifel, dass diese Verständigung auch in konkrete politische Schritte münden wird.”
Die Kommission lehnte eine Stellungnahme ab und verwies lediglich auf eine frühere Erklärung, in der nicht speziell auf E‑Fuels eingegangen wird und lediglich zugesagt wird, “gegebenenfalls” eine weitere Gesetzesinitiative zu starten.
Ein Sprecher von Scholz reagierte nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme.
Die EU-Länder, das Europäische Parlament und die Kommission haben sich auf ein EU-weites Verkaufsverbot für umweltschädliche Fahrzeuge bis zum Jahr 2035 geeinigt, das der Industrie die Umstellung auf Elektro- oder Wasserstoffantrieb vorschreibt.
Sie verhandeln nun über die letzten Details, mit dem Ziel, bis Anfang nächsten Jahres eine Einigung zu erzielen.
Deutschland ist es zwar gelungen, in den Schlussfolgerungen des Rates vom Juni eine Erwähnung von E‑Kraftstoffen unterzubringen, doch handelt es sich dabei um einen unverbindlichen Zusatz und nicht um den Haupttext.
“Es gab ein gemeinsames Verständnis darüber, wie dieser [nicht verbindliche Erwägungsgrund] zu interpretieren ist und was daraus folgt. Andernfalls wäre es für Deutschland nicht möglich gewesen, den Flottengrenzen zuzustimmen”, sagte Lindner.
Um Unterstützung für eine solche späte Änderung des Gesetzentwurfs zu erhalten, trafen Lindner und Verkehrsminister Volker Wissing am 8. September in Berlin mit Binnenmarktkommissar Thierry Breton zusammen.
Ein Beamter, der über das Treffen informiert war, sagte, Lindner habe um Unterstützung für Änderungen am Text geworben, die sicherstellen würden, dass E‑Kraftstoffe in Fahrzeugen verwendet werden können, die nach 2035 verkauft werden.
Die Wiederaufnahme des Themas zu einem so späten Zeitpunkt ist jedoch eine rote Linie für den Verhandlungsführer des Parlaments, der behauptet, dass der legislative Anhang nur eingeführt wurde, um Lindner einen symbolischen Sieg zu ermöglichen.
E‑Kraftstoffe sind wichtig für Lindner, der sie als entscheidend für das Überleben der mächtigen deutschen Autoindustrie ansieht.
E‑Kraftstoffe werden durch die Kombination von atmosphärischem CO2 und Wasserstoff hergestellt und können in herkömmlichen Motoren anstelle von fossilen Brennstoffen verwendet werden.
Befürworter sagen, die Technologie entferne die gleiche Menge an Kohlenstoff, die sie ausstoße, so dass die Kraftstoffe klimaneutral seien und den Verbrennungsmotor retten könnten.
Allerdings stoßen die Kraftstoffe immer noch giftige Stickoxide aus, und Skeptiker bezweifeln ihre Umweltfreundlichkeit.
Das deutsche Verkehrsministerium lehnte eine Stellungnahme ab.