BANGKOK – An der kambodschanischen Grenze tobt der Krieg bereits am 11. Tag. Jetzt versucht die thailändische Armee, die öffentliche Wahrnehmung zu drehen: Es gehe nicht um umstrittenes Grenzland, sondern um die Zerschlagung einer „Scam-Armee“. Ein gefährlicher Vergleich mit dem Gaza-Krieg wird gezogen.
„Wir bekämpfen keine Khmer, sondern Betrüger-Gangs“
Über soziale Medien verbreitet die 2. Armeeregion die neue Botschaft: „Scam Army = Globale Bedrohung. Thailand an der Frontlinie im Kampf gegen die Scam Army.“
Ein Kriegsbefürworter auf X brachte es auf den Punkt: „Wir führen keinen Krieg gegen das Khmer Volk; wir bekämpfen Betrügerbanden.“ Diese Rhetorik erinnert stark an israelische Rechtfertigungen im Gaza-Konflikt, wie ein thailändischer Kommentator schreibt.
F-16-Bombardement auf Casino als „militärisches Kommandozentrum“
Zur Untermauerung dieser neuen Kriegserzählung dient ein Luftschlag vom Vortag. Eine thailändische F-16 bombardierte ein Casino-Gebäude in Kambodscha.
Die offizielle Begründung: Das Casino sei als „vorderes militärisches Kommandozentrum“ genutzt worden, um Angriffe auf thailändische Soldaten und Zivilisten zu dirigieren. Kritiker sehen darin einen Vorwand, um den Einsatz gegen mutmaßliche Betrüger-Hochburgen zu legitimieren.
Langwieriger Krieg bis nach Phnom Penh?
Führt diese Logik jedoch in einen Abgrund? Ein thailändischer Analytiker warnt: Wollte Thailand die kambodschanischen Betrugsnetzwerke militärisch auslöschen, müsste es bis Phnom Penh vorrücken.
Es wären verlustreiche Stadtkämpfe und letztlich ein Regime-Change nötig, da die Strukturen tief in der Gesellschaft und Politik verankert seien. Die Frage ist: Ist Thailand auf einen solchen langwierigen Krieg vorbereitet?
Vergleich mit Amerikas „Krieg gegen den Terror“
Die radikale Rhetorik wirft weitere beunruhigende Fragen auf. Kann Thailand einen „Krieg gegen die Scam-Armee“ ausrufen, analog zu Amerikas „Krieg gegen den Terror“?
Hat Bangkok die Mittel und den politischen Willen, eine Invasion wie den US-Einmarsch im Irak durchzuführen?
Die meisten Experten bezweifeln dies zutiefst. Die militärischen Kräfteverhältnisse und die internationale Lage sind völlig anders.
Internationale Gemeinschaft erhöht den Druck
Während Thailand seine Kriegsgründe neu definiert, schließen sich die internationalen Rufe nach einer sofortigen Waffenruhe zusammen. Die USA, die EU, Japan, Großbritannien, die ASEAN und die UNO fordern ein Ende der Kämpfe.
Thailands neue Rechtfertigung stößt im Ausland weitgehend auf Unverständnis und Ablehnung. Sie könnte die diplomatische Isolation des Königreichs noch verstärken, anstatt Verbündete zu gewinnen.
Ein gefährliches Narrativ mit ungewissem Ausgang
Die thailändische Armee setzt mit ihrer „Scam Army“-Erzählung auf Emotionalisierung im Innern. Sie bedient die Wut der Bevölkerung auf Betrügerbanden, die oft thailändische Opfer ausspähen.
Doch die militärische Eskalation an der Grenze ist real – und wird durch diese Umdeutung nicht weniger gefährlich. Sie riskiert, einen begrenzten Grenzstreit in einen unkalkulierbaren, ideologisch aufgeladenen Konflikt zu verwandeln, dessen Ende niemand absehen kann.
🗣 Wer kämpft hier gegen wen – und warum?
Wenn Worte die Fronten verschieben, wird Krieg plötzlich zu Moral, Scam zu Feind, Grenzen zu Vorwänden.
Doch was, wenn der Feind kein Land ist, sondern eine Idee?
Was, wenn der Preis höher ist als jede Höhe auf jeder Karte?
Eure Sicht: Realität oder Rhetorik?



