BANGKOK – Der thailändische Baht wird zu stark – und gefährdet die Wirtschaft. Jetzt schreitet die Zentralbank ein. Ab nächster Woche müssen Banken große Geldtransfers von Ausländern melden. Ein beispielloser Schritt.
Neue Meldepflicht für Millionen-Transfers
Bank of Thailand-Gouverneur Vitai Ratanakorn hat am Freitag eine scharfe Kehrtwende verkündet. Ab Montag, dem 29. Dezember, gilt eine neue Regel.
Thailändische Banken müssen alle Kapitalzuflüsse von Nichtansässigen melden, die 200.000 US-Dollar (ca. 185.000 Euro) überschreiten.
„Dies ist das erste Mal, dass wir den Zweck und die Dokumentation solcher Zuflüsse überprüfen“, sagte Gouverneur Vitai. Das Ziel: Mehr Kontrolle.
Warum die Notenbank jetzt so hart durchgreift
Der Grund ist klar. Der Thai-Baht hat sich in den letzten Monaten rasant aufgewertet. Gegenüber dem US-Dollar legte er 4,2% im Monat und 9,4% seit Jahresbeginn zu.
Das ist der stärkste Anstieg aller asiatischen Währungen. Der starke Baht macht thailändische Exporte teurer und schadet der Wirtschaft.
Am Freitag notierte der Baht bei 31,03 pro Dollar. Analysten erwarten, dass er bald die Marke von 30 Baht testen wird – ein Albtraum für Exporteure und die Tourismusbranche.
Gold-Spekulationen heizen den Baht an
Ein Haupttreiber des starken Baht ist der Online-Goldhandel. In den letzten Monaten machte er 40-50% aller Devisentransaktionen aus.
Im August lag der Anteil sogar bei 60%. Die Spekulation mit Gold treibt die Nachfrage nach Baht in die Höhe.
Daher müssen Banken nun auch Goldhandel-Transaktionen über digitale Plattformen melden. Die Zentralbank will den Markt durchschauen.
Sondersteuer auf Goldhandel im Gespräch
Die Behörden ziehen sogar noch schärfere Geschütze auf. Am Dienstag berieten Zentralbank, Finanzministerium und Börsenaufsicht über eine Sondersteuer auf Online-Goldhandel.
Das Finanzministerium prüft derzeit, ob eine solche Steuer rechtlich angemessen wäre. Sie wäre eine direkte Bremse für die Spekulanten.
„Die Goldspekulation hat eine bedeutende Rolle bei der Stärkung des Baht gespielt“, räumte Gouverneur Vitai ein. Man arbeite an Gegenmaßnahmen.
Zentralbank kämpft gegen Volatilität
Vitai gab auch zu, dass die Bank of Thailand bereits massiv am Devisenmarkt interveniert hat, um die Baht-Schwankungen zu dämpfen.
„Obwohl wir in der zweiten Jahreshälfte stark interveniert haben, konnten unsere Bemühungen nur die Schwankungen mildern“, so der Chef.
Man wolle die Volatilität reduzieren, aber keinen spezifischen Wechselkurs vorgeben. Internationale Abkommen verbieten eine direkte Manipulation.
Was die neuen Regeln bedeuten
Für ausländische Investoren wird Thailand transparenter – aber auch strenger. Die Zeiten, in denen Millionen unbemerkt ein- und ausfließen konnten, sind vorbei.
Für die heimische Wirtschaft ist dies ein Schutzschild. Die Notenbank gewinnt Zeit, um die Aufwertung des Baht zu bremsen.
Ob es reicht, um die Exporte zu retten, bleibt offen. Der Kampf um den Baht ist in eine neue, härtere Phase getreten.
Exportwirtschaft steht unter massivem Druck
Thailands Exportindustrie ist das Rückgrat der Volkswirtschaft. Sie macht etwa 60% des Bruttoinlandsprodukts aus.
Besonders betroffen sind Bereiche wie Elektronik, Automobil und Lebensmittel. Ein starker Baht verteuert thailändische Produkte auf dem Weltmarkt.
Hersteller verlieren Aufträge an Konkurrenten aus Vietnam, Indonesien oder Malaysia. Dort sind die Währungen schwächer – und die Produkte damit günstiger.
Tourismus-Branche befürchtet Einbruch
Auch der Tourismus leidet unter dem starken Baht. Thailand ist für viele Reisende ein beliebtes Ziel – gerade wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses.
Doch mit einem aufgewerteten Baht wird der Thailand-Urlaub deutlich teurer. Hotels, Restaurants und Transportdienste werden für ausländische Gäste spürbarer.
Die Tourismusbranche erwartet für das kommende Jahr einen Rückgang der Besucherzahlen, sollte der Baht weiter zulegen. Ein herber Schlag nach der Corona-Pandemie.
Immobilienmarkt und Kapitalzuflüsse im Fokus
Ein weiterer Faktor für den starken Baht sind Immobilieninvestitionen aus dem Ausland. Besonders chinesische und westliche Investoren kaufen Eigentumswohnungen in Bangkok, Phuket und Pattaya.
Diese Käufe erfordern den Umtausch von Fremdwährungen in Baht – und erhöhen die Nachfrage nach der thailändischen Währung.
Die neue Meldepflicht soll helfen, solche Kapitalströme besser zu überwachen und zu verstehen. Das Finanzministerium will wissen, wer investiert – und warum.
Politischer Druck auf die Notenbank wächst
Die thailändische Regierung steht unter Zugzwang. Premierminister Srettha Thavisin hat wirtschaftliches Wachstum versprochen – doch der starke Baht torpediert diese Pläne.
Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, man erwarte von der Zentralbank entschlossenes Handeln. Die neue Meldepflicht sei nur ein erster Schritt.
Kritiker werfen der Regierung vor, zu spät reagiert zu haben. Die Aufwertung des Baht hätte bereits im Sommer gestoppt werden müssen.
Vergleich mit anderen asiatischen Zentralbanken
Thailand ist nicht das einzige Land, das gegen Währungsvolatilität kämpft. Auch Japan, Südkorea und Taiwan haben in den vergangenen Monaten interveniert.
Doch Thailands Maßnahmen gehen weiter. Die Meldepflicht für Kapitalzuflüsse ist in der Region beispiellos – und wird von Nachbarländern genau beobachtet.
Sollte Thailand Erfolg haben, könnten ähnliche Regelungen in Vietnam, Malaysia oder den Philippinen folgen. Ein neuer Trend in Asiens Währungspolitik.
Welche Risiken bringt die Meldepflicht mit sich?
Die neue Regelung hat auch Nachteile. Investoren könnten Thailand als weniger attraktiv wahrnehmen, wenn ihre Transaktionen überwacht werden.
Besonders institutionelle Anleger legen Wert auf Diskretion und schnelle Abwicklung. Bürokratie könnte sie abschrecken.
Auch die rechtliche Umsetzung ist eine Herausforderung. Banken müssen neue Systeme einrichten, Personal schulen und Prozesse anpassen – alles in wenigen Tagen.
Reaktionen aus der Finanzwelt
Die internationalen Finanzmärkte reagierten gemischt auf die Ankündigung. Einige Analysten loben die Entschlossenheit der Zentralbank.
„Thailand zeigt, dass es bereit ist, unkonventionelle Schritte zu gehen“, sagte ein Banker aus Singapur. Das könne kurzfristig helfen.
Andere warnen vor Kapitalflucht. Wenn Investoren das Gefühl haben, zu stark kontrolliert zu werden, könnten sie ihr Geld abziehen – und den Baht paradoxerweise noch weiter schwächen.
Langfristige Strategie oder Notlösung?
Die entscheidende Frage ist: Ist die Meldepflicht eine dauerhafte Maßnahme oder nur eine Notbremse?
Gouverneur Vitai ließ offen, wie lange die Regelung gelten soll. Man wolle die Lage monatlich evaluieren und gegebenenfalls nachsteuern.
Experten gehen davon aus, dass die Meldepflicht mindestens bis Mitte 2025 bestehen bleibt. Erst dann könnte sich die globale Währungslage beruhigen.
Ausblick: Was kommt als Nächstes?
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Maßnahmen greifen. Die ersten Daten über gemeldete Kapitalzuflüsse werden Ende Januar erwartet.
Sollte der Baht weiter steigen, könnte die Zentralbank weitere Schritte ankündigen. Eine Obergrenze für Kapitalzuflüsse oder strengere Dokumentationspflichten sind denkbar.



