Datenschutz ade? Facebook bekommt Freibrief für KI-Auswertung

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Das Jahr 2025 entpuppt sich endgültig als das Zeitalter, in dem Privatsphäre zur Nostalgieveranstaltung degradiert wird. Aktuelles Beispiel gefällig? Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen erlaubt es Meta, Eigentümer von Facebook, Instagram und WhatsApp, vorerst munter weiter Daten abzufischen – selbstverständlich ausschließlich zur edlen Gewinnung von KI-Modellen. Der Clou dabei: Nutzer dürfen explizit widersprechen, wenn sie denn mögen. Ein Opt-out als zynische Beruhigungspille gegen den schleichenden Schwund unserer informationellen Selbstbestimmung.

Datenspende wider Willen – Opt-Out-Irrsinn der digitalen Ära

Die Kernidee des Gerichtsurteils: Meta darf vorläufig Millionen Nutzerdaten abgreifen, um damit Künstliche Intelligenzen zu trainieren. Erst einmal als vorläufige Entscheidung, versteht sich – das Verwaltungsgericht Köln muss sich noch ausführlich mit den Beschwerden befassen. Bis zur endgültigen Klärung aber gilt das Motto Daten ernten, was der Server hergibt. Wer sich dagegen wehren möchte, sollte schon mal die Lupe für das entsprechende Einspruchsformular bereithalten. Es ist ja längst bekannt, dass Opt-outs in den dunkelsten Tiefen digitaler Oberflächen versteckt werden, gleich neben der unauffindbaren Datenschutzerklärung und dem digitalen Bermuda-Dreieck der Cookie-Einstellungen.

Was auf den ersten Blick nutzerfreundlich und rechtsstaatstreu klingt – explizite Widerspruchsmöglichkeit – entpuppt sich in der Praxis regelmäßig als digitaler Spießrutenlauf. Nutzer werden zu Verantwortlichen für ihren Datenschutz gemacht, während Unternehmen wie Meta zunächst munter weiternutzen, was sie längst eingesammelt haben. Der Datenschutz wird zur Holschuld der Betroffenen, und auch das aktuelle Urteil ändert nicht viel daran.

Meta braucht KI – und KI braucht Daten. Natürlich Deine.

Warum eigentlich so viel Datenhunger? Metas verzweifelte Jagd nach Trainingsmaterial resultiert aus dem unerbittlichen Wettbewerb im KI-Sektor. Wer große, funktionsfähige KI-Sprachmodelle wie ChatGPT trainieren will, braucht einen gigantischen Datenschatz. Die Rechnung ist simpel: Je mehr Nutzerdaten eingefüttert werden, desto präziser, klüger – und, ja: profitabler lassen sich Modelle bauen. So verkommt unser digitaler Alltagsdialog – Likes, Kommentare und personalisierte Werbeklicks – unfreiwillig zur Ressource der KI-Industrie. Warum sollte Meta etwas von Grund auf entwickeln, wenn es doch längst legal an gigantische Datenberge herankommt? Für Mark Zuckerberg und Co ist das kein dreistes Abgreifen fremder Privatsphäre, sondern nüchtern betrachtet ein trivialer Geschäftsschritt auf dem Schachbrett der digitalen Macht.

Digitales Bewusstsein schärfen statt falscher Beruhigungspillen

Was bleibt uns Nutzer am Ende? Bestenfalls die bittere Erkenntnis: Wir dürfen opt-outen – hurra! Allein, ohne Unterstützung und gut versteckt. Solche Urteile mögen formal juristisch nachvollziehbar sein, gesellschaftlich tragen sie zur wachsenden Passivität vieler Menschen in Datenschutzfragen bei. Wir brauchen kein weiteres Urteil, das unseren Datenmissbrauch minimal demokratisch anpinselt, sondern endlich ein Digitalbewusstsein, in dem Datenschutz eine Bürgerrechtspflicht für Unternehmen darstellt – und kein zermürbender Hürdenlauf für alle anderen.

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