Lesen statt Sitzen:
Thailands ungewöhnliches Rehabilitationsprogramm
Thailands Justizministerium hat ein bahnbrechendes Projekt gestartet, das Häftlingen einen ungewöhnlichen Weg in die Freiheit bietet: „Read for Release“ (Lesen für die Freilassung). Seit dem 3. April 2024 können Gefängnisinsassen ihre Haftzeit um vier Tage pro gelesenes Buch verkürzen. Initiiert von Justizminister Pol Colonel Tawee Sodsong, soll das Programm nicht nur die Bildung fördern, sondern auch die Rückfallquote senken.
Warum Bücher die Schlüssel zur Freiheit sind
Hinter dem Programm steckt eine erschreckende Statistik: 77% der thailändischen Häftlinge haben keine abgeschlossene Grundbildung, 10% waren nie in einer Schule. „Lesen gibt Hoffnung und Wissen“, erklärt Minister Tawee. Inspiriert von Brasiliens „Redemption through Reading“-Programm, soll „Read for Release“ den Insassen helfen, nach ihrer Entlassung bessere Jobchancen zu haben.
Erste Erfolge: Strahlende Augen und verändertes Verhalten
Walailuck Choomchuen, Direktorin des Frauengefängnisses in Bangkok, berichtet von bewegenden Veränderungen: „Viele Häftlinge, die vorher nie ein Buch angefasst haben, sind jetzt begeisterte Leser. Sie diskutieren sogar über das Gelesene – das verändert ihre Einstellung.“
In der ersten Phase haben bereits 1.300 Häftlinge (Männer und Frauen) teilgenommen. Wer mitmacht, muss beweisen, dass er die Bücher nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hat. Sirikorn Maneerin vom „Read for Release“-Komitee bestätigt: „Die Befragungen zeigen, dass die Häftlinge glücklicher sind und einen Sinn im Lesen finden.“
Wer darf mitmachen?
Aktuell ist das Programm auf 21 Gefängnisse beschränkt, darunter:
- Bang Kwang Zentralgefängnis (berüchtigt für Langzeitinsassen)
- Zentrales Frauengefängnis Bangkok
- Chiang Mai Frauenanstalt
- Phuket Provinzgefängnis
Teilnehmen können nur Häftlinge mit rechtskräftigen Urteilen, die sich vorbildlich verhalten. Wer sich von „gut“ zu „sehr gut“ steigert, hat bessere Chancen. Bei Erfolg wird das Programm ausgeweitet – denn in Thailands überfüllten Gefängnissen sitzen 294.000 Insassen, davon 210.000 mit festen Urteilen.
Eine zweite Chance durch Bildung
„Read for Release“ ist mehr als eine Strafverkürzung – es ist eine Investition in die Zukunft. Denn wer liest, lernt. Und wer lernt, hat nach der Haft eine echte Perspektive. Oder wie es eine Gefängnisleiterin ausdrückt: „Bücher verändern Leben.“