Am 1. Juli 2025 hat das Verfassungsgericht Thailands Premierministerin Paethongtarn Shinawatra vorläufig suspendiert, was eine neue Regierungskrise im Land ausgelöst hat. Der Auslöser war ein geleaktes Telefonat mit dem ehemaligen kambodschanischen Premierminister Hun Sen, das zu Vorwürfen von Verfassungsbruch und unethischem Verhalten führte. Während der geschäftsführende Premierminister Suriya Juangroongruangkit die Amtsgeschäfte übernimmt, steht Thailand vor einer Phase politischer Unsicherheit. Dieser Beitrag beleuchtet die Ereignisse, die rechtlichen Grundlagen und die möglichen Konsequenzen.
Hintergrund der Krise
Die Suspendierung von Paethongtarn Shinawatra, der jüngsten Premierministerin Thailands und Tochter des einflussreichen Ex-Premiers Thaksin Shinawatra, ist das Ergebnis einer Petition von 36 Senatoren. Diese werfen ihr vor, in einem Telefonat mit Hun Sen unethisches Verhalten gezeigt zu haben, indem sie einen thailändischen Armeechef als „Gegner“ bezeichnete und sich gegenüber dem kambodschanischen Politiker unterwürfig zeigte. Das Telefonat stand im Kontext eines langwierigen Grenzkonflikts zwischen Thailand und Kambodscha, der Anfang Juni 2025 zu bewaffneten Auseinandersetzungen und einem Todesopfer führte.
Die Regierungskoalition unter der Pheu-Thai-Partei, die von der Shinawatra-Familie dominiert wird, hatte bereits zuvor an Stabilität verloren, als die zweitgrößte Koalitionspartei Bhumjaithai das Bündnis verließ. Die öffentliche Zustimmung zu Paethongtarn war laut Umfragen auf unter 10 % gesunken, was die politische Lage zusätzlich verschärfte.
Rechtliche Grundlage der Suspendierung
Das Verfassungsgericht nahm die Petition der Senatoren am 1. Juli 2025 mit einer Mehrheit von 7 zu 2 Stimmen an und suspendierte Paethongtarn gemäß Abschnitt 235 der thailändischen Verfassung von 2017. Dieser Abschnitt erlaubt dem Gericht, Amtsträger bei Vorwürfen schwerer Verstöße gegen ethische Standards oder die Verfassung vorläufig zu suspendieren. Die Vorwürfe basieren auf Abschnitt 160, der hohe ethische Standards für Regierungsmitglieder vorschreibt, sowie auf Abschnitt 170, der Verstöße gegen die Verfassung regelt. Paethongtarn hat 15 Tage Zeit, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen, bevor das Gericht eine endgültige Entscheidung trifft.
Übernahme durch Suriya Juangroongruangkit
Nach der Suspendierung übernahm der stellvertretende Premierminister und Verkehrsminister Suriya Juangroongruangkit die Aufgaben des geschäftsführenden Premierministers. Gemäß Abschnitt 168 der Verfassung ist dies ein standardisierter Prozess, wenn der Premierminister sein Amt nicht ausüben kann. Suriya, ein erfahrener Politiker, der seit den 1990er Jahren in verschiedenen Kabinettspositionen tätig war, hat die Befugnis, das Kabinett umzubilden und die Regierungsgeschäfte zu führen. Eine Auflösung des Parlaments, wie in Abschnitt 104 geregelt, wäre theoretisch möglich, erfordert jedoch die Zustimmung des Königs und ist politisch unwahrscheinlich.
Phumtham Wejayachai und die Rolle des stellvertretenden Regierungschefs
Entgegen einigen Spekulationen gibt es keine Belege dafür, dass Phumtham Wejayachai als designierter Nachfolger von Paethongtarn galt oder dass sein Rücktritt angeordnet wurde. Tatsächlich wurde Phumtham laut der Royal Gazette zum stellvertretenden Regierungschef ernannt, was seine aktive Rolle in der Regierung unterstreicht. Die Behauptung, dass ein Rücktritt ohne Vereidigung ihn „rechtlich machtlos“ mache, ist unbelegt und scheint auf einem Missverständnis zu beruhen.
Mögliche Rückkehr von Paethongtarn
Spekulationen, dass Paethongtarn als Ministerin (z. B. Kulturministerin) in die Regierung zurückkehren könnte, sind derzeit nicht durch konkrete Beweise gestützt. Theoretisch könnte ein suspendierter Premierminister in eine andere Regierungsposition berufen werden, sofern keine endgültige Amtsenthebung erfolgt (Abschnitt 158). Eine solche Ernennung wäre jedoch politisch und juristisch umstritten, da die laufende Untersuchung des Verfassungsgerichts ihre Handlungsfähigkeit einschränkt.
Politische und gesellschaftliche Auswirkungen
Die Suspendierung von Paethongtarn ist Teil einer langen Geschichte politischer Instabilität in Thailand, die von Militärputschen, Gerichtsentscheiden und Straßenprotesten geprägt ist. Die Shinawatra-Familie, zu der auch die ehemaligen Premierminister Thaksin und Yingluck Shinawatra gehören, steht seit zwei Jahrzehnten im Zentrum eines Machtkampfes zwischen dem königstreuen Establishment und progressiven Kräften. Die jüngste Krise hat zu Protesten geführt, bei denen Tausende den Rücktritt von Paethongtarn forderten, und die Regierungskoalition ist durch den Austritt von Bhumjaithai geschwächt.
Das Verfassungsgericht wird in den kommenden Wochen oder Monaten entscheiden, ob Paethongtarn dauerhaft ihres Amtes enthoben wird. Bis dahin bleibt Suriya Juangroongruangkit der zentrale Akteur in der Regierung. Seine Fähigkeit, die Krise zu managen und die Wirtschaft sowie das Vertrauen der Wähler zu stabilisieren, wird entscheidend sein für die Zukunft der Pheu-Thai-Partei und Thailands politische Landschaft.
Quellen
- Reuters: „Explainer-Thailand’s political chaos: what happens next?“
- DER SPIEGEL: „Thailand: Paetongtarn Shinawatra nach umstrittenem Telefonat suspendiert“
- The Thaiger und andere Medienberichte
- Thailändische Verfassung von 2017, Abschnitte 104, 158, 160, 168, 170, 235
Die premierminster sollendlich weg