Politischer Ausnahmezustand in Thailand

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Hun-Sen-Telefonat bringt Paetongtarn zu Fall 
Machtvakuum droht 

Ein geleaktes Telefonat hat gereicht, um die politische Zukunft von Paetongtarn Shinawatra ins Wanken zu bringen. Das thailändische Verfassungsgericht hat die 38-jährige Premierministerin am Dienstag mit sofortiger Wirkung vom Amt suspendiert. Vorausgegangen war eine Petition von 36 Senatoren, die ihr vorwerfen, „ethische Standards verletzt und nationale Sicherheitsinteressen gefährdet“ zu haben.

Im Mittelpunkt der Affäre steht ein brisantes Telefongespräch mit dem ehemaligen kambodschanischen Premierminister Hun Sen, das Mitte Juni über dessen sozialen Medien veröffentlicht wurde. In dem Gespräch lobte Paetongtarn Hun Sen als „Onkel“ und kritisierte gleichzeitig den thailändischen Armeekommandeur des Nordostens, Lt.-Gen. Boonsin Padklang, als jemand, der „zur Gegenseite gehört“. Für viele ein politisches Eigentor – und für die Opposition ein gefundenes Fressen.

Machtwechsel auf Zeit: 
Suriya übernimmt das Ruder

Bis auf Weiteres wird Vizepremierminister Suriya Juangroongruangkit, ein politischer Routinier mit jahrzehntelanger Erfahrung, als kommissarischer Regierungschef fungieren. Der 70-Jährige muss das Ruder in einer Zeit übernehmen, in der Thailand nicht nur mit innenpolitischen Spannungen, sondern auch mit wachsender Unruhe auf den Straßen zu kämpfen hat.

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Obwohl sie suspendiert ist, bleibt Paetongtarn nicht vollständig von der Regierung ausgeschlossen: Sie wurde zur Kulturministerin ernannt und soll am 3. Juli offiziell vereidigt werden. Damit bleibt sie – trotz Skandal – in der Kabinettsebene präsent.

Verfassungsgericht prüft Verstoß gegen Ethik und Loyalität

Das Gericht verlangt nun innerhalb von 15 Tagen eine schriftliche Stellungnahme der Premierministerin. Sollte sich der Vorwurf eines „Verstoßes gegen die moralische Integrität und politische Ethik“ erhärten, droht Paetongtarn die vollständige Entlassung aus dem Amt. Parallel ermittelt die Nationale Antikorruptionskommission (NACC) wegen möglicher Verfassungs- und Gesetzesbrüche.

„Diese Krise könnte in einen monatelangen juristischen und politischen Kampf münden“, warnt Verfassungsrechtler Charan Pakdeethanakul. „Doch das ist immer noch besser als ein Putsch oder Straßenkämpfe.“

Pheu-Thai-Partei unter Druck 
No-Confidence-Motion geplatzt

Der Skandal trifft auch die Regierungspartei Pheu Thai ins Mark. Eine geplante Misstrauensabstimmung gegen das Kabinett, angeführt vom Koalitionspartner Bhumjaithai, musste vorerst auf Eis gelegt werden. Ohne die Unterstützung der oppositionellen People’s Party, die nach aktuellen Umfragen stark im Aufwind ist, fehlt die nötige Mehrheit.

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Zugleich belastet die Affäre das politische Erbe der Shinawatra-Dynastie schwer. Paetongtarns Vater, Thaksin Shinawatra, selbst ein umstrittener Ex-Premier, steht aktuell wegen Majestätsbeleidigung und anderer Delikte vor Gericht – eine Verurteilung könnte ihm Haftstrafe einbringen.

Proteste auf den Straßen 
Rücktritt gefordert

In Bangkok versammelten sich am Wochenende tausende Demonstranten zur größten Anti-Regierungs-Kundgebung seit der Wahl 2023. Die Rufe nach einem sofortigen Rücktritt Paetongtarns werden lauter. Sollte sie sich weigern, drohen Aktivistengruppen mit weitreichenden Protestwellen im ganzen Land.

„Sie hat nicht das Land vertreten, sondern sich selbst“, rief ein Demonstrant in der Nähe des Parlaments. Die Gesellschaft zeigt sich gespalten: Während viele jüngere Wähler die People’s Party unterstützen, steht ein Teil der konservativen Elite weiter hinter der Monarchie und dem Militär.

Internationale Besorgnis 
Rückkehr des Militärs gefürchtet

Internationale Beobachter wie die New York Times sprechen bereits von einem „Führungsvakuum“ in Thailand. Die politische Unsicherheit sei ein gefährlicher Nährboden für militärische Einmischung, wie sie das Land in der Vergangenheit immer wieder erlebt hat.

Politikwissenschaftler Purawich Watanasukh warnt: „Die Wiederholung ethisch motivierter Absetzungen wie bei Srettha Thavisin und nun bei Paetongtarn gefährden die demokratische Substanz Thailands.“

Thailand steht erneut an einem gefährlichen politischen Scheideweg. Die kommenden Wochen werden darüber entscheiden, ob das Land den Weg zu mehr Stabilität und Transparenz findet – oder zurück in die Spirale aus Machtkampf, Putschgefahr und Protesten fällt.

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