Nach sechs Monaten Asien: Rückkehrer landet in Frankfurt – „alles nur noch ranzig“
Ein Mann kehrt aus Japan und Shanghai nach Deutschland zurück – und erlebt Frankfurt als Schock. Auf Reddit beschreibt er seine ersten Eindrücke mit drastischen Worten. Die Reaktionen darauf zeigen: Seine Wahrnehmung ist kein Einzelfall.
Ein Kulturschock auf dem Rollfeld
Sechs Monate lang bereiste er Ostasien – geordnete Straßenzüge in Tokyo, blitzsaubere U-Bahnhöfe in Osaka, minutiöse Pünktlichkeit in Shanghai. Doch kaum gelandet in Frankfurt, überkommt den Rückkehrer das nackte Entsetzen. In einem vielbeachteten Reddit-Post beschreibt er das, was er sieht – und vor allem: was er riecht.
Züge seien überfüllt, Fahrstühle zu eng, der öffentliche Raum verschmutzt. „Alles wirkt ranzig“, schreibt er. Nicht einmal der „offensichtliche Müll“ sei das Problem, sondern ein generelles Gefühl des Verfalls: Aufkleber an Schildern, klebrige Kaffeeflecken auf Bahnsteigen, undefinierbare Gerüche. Für den Rückkehrer ist Frankfurt ein Ort der Reizüberflutung – allerdings auf unangenehme Art.
Frankfurt – eine eigene Liga?
Die Reaktion im Netz ist heftig – doch nicht unbedingt feindselig. Im Gegenteil: Zahlreiche Nutzer pflichten dem Beobachter bei. Einer schreibt, Frankfurt sei „eine eigene Liga“, ganz gleich, ob man aus Japan oder einem anderen Land zurückkehre. Ein anderer gesteht, er meide die Stadt inzwischen ganz. Sein letzter Eindruck: ein SEK-Einsatz am frühen Morgen. „Ich dachte, ich hätte zu viel getrunken“, kommentiert er trocken.
Diese drastischen Erlebnisse scheinen keine Einzelfälle zu sein. Immer wieder taucht in den Kommentaren das gleiche Schlagwort auf: Bahnhofsviertel. Für viele ist es zum Symbol eines städtischen Niedergangs geworden – architektonisch, sozial und atmosphärisch.
Der tägliche Ausnahmezustand
Besonders Messegäste schildern verstörende Szenen. Einer berichtet von seinem morgendlichen Fußweg durch das Bahnhofsviertel: „Ich bin noch immer traumatisiert. Walking Dead ist nichts dagegen.“ Elend, Drogen, Dreck – das sei sein bleibender Eindruck. Und dieser decke sich offenbar mit Berichten aus dem Ausland, in denen Frankfurt gar als „Zombieland“ bezeichnet wurde.
Die Erzählungen klingen zugespitzt, polemisch – und doch folgt ihnen eine Ernsthaftigkeit, die nicht von der Hand zu weisen ist. Frankfurt scheint für viele nicht mehr nur eine Großstadt unter vielen, sondern ein Sinnbild für etwas Grundsätzliches zu sein: das Gefühl, dass hier etwas aus dem Ruder läuft.
Deutschland – geliebt, wenn man zurückkommt?
Aber nicht alle Rückkehrer sehen die Heimat so düster. Ein Nutzer schildert den umgekehrten Effekt: Nach seiner Rückkehr aus China sei er abends am Bahnhof ins Freie getreten – und habe beinahe geweint. „Die Luft war so frisch. Ich konnte wieder richtig atmen.“
Auch diese Perspektive findet Anklang. Es ist ein anderer Kontrast: nicht zwischen Ästhetik und Verwahrlosung, sondern zwischen stickiger Luft in Asien und dem Empfinden von Freiheit unter offenem Himmel in Deutschland. Ein stiller Patriotismus, aus dem Moment geboren.
Zwischen Fernost und Fernweh
Der Kulturschock scheint also in beide Richtungen zu funktionieren. Während einige Deutschland nach Asien als Ort der Rückständigkeit erleben, empfinden andere genau das Gegenteil: Ruhe, Weite, Frischluft. Entscheidend ist offenbar, worauf der Blick geschärft ist – und mit welchen Erwartungen man zurückkehrt.
Der ursprüngliche Poster auf Reddit lässt sich jedenfalls nicht umstimmen. Verspätungen der Bahn – geschenkt. Die habe er ohnehin erwartet. Aber der Zustand der öffentlichen Räume, das Chaos, das Durcheinander – das habe ihn kalt erwischt.
Ein Land diskutiert über sich selbst
So wird der Reddit-Post mehr als nur ein persönlicher Reisebericht. Er ist Auslöser einer gesellschaftlichen Selbstbespiegelung. Frankfurt wird zur Projektionsfläche – mal für urbane Apokalypse, mal für übersteigerte Ängste.
Dass dieser Austausch im digitalen Raum stattfindet, überrascht kaum. Hier artikulieren sich Eindrücke, für die es im Alltag oft keinen Ort gibt. Was früher in Leserbriefen oder Kolumnen verarbeitet wurde, geschieht heute in Foren und sozialen Netzwerken – direkter, emotionaler, aber auch roher.
Zwischen Realität und Überzeichnung
Ob Frankfurt wirklich im Verfall begriffen ist, bleibt offen. Klar ist jedoch: Das Bild deutscher Städte hat in den Augen vieler an Glanz verloren. Zwischen gepflegtem Fernost und vernachlässigten Großstadtzentren tut sich ein gefühlter Graben auf, der sich nicht allein mit Statistiken oder Stadtmarketing schließen lässt.
Die Diskussion zeigt vor allem eines: Deutschland ist in Bewegung – nicht nur infrastrukturell, sondern auch mental. Und manchmal reicht ein Blick durch die Brille des Rückkehrers, um zu sehen, was man im Alltag längst übersehen hat.