Ausländer skeptisch über Anutins Premierpläne

Ausländer skeptisch über Anutins Premierpläne
THAILAND PUBLIC HEALTH MINISTRY

Anutin Charnvirakul auf Kurs zum Thailand-Premier
Deals, Mehrheiten, Machtpoker

Wären Wetten in Thailand erlaubt, sähen viele Beobachter ihre Einsätze wohl auf Anutin Charnvirakul. Der 58-Jährige führt die Partei Bhumjaithai, die bei der Wahl 2023 laut offizieller Auszählung 71 Sitze errang. Aus seinem Lager heißt es, er habe Zusagen quer durch das Parlament – von Teilen der größten Oppositionskraft über Reste pro-militärischer Gruppen bis zu kleineren Parteien und sogenannten “Cobras” (Überläufer). Offiziell bestätigt ist das nicht. Entscheidend werden die nächsten Wochen, in denen Koalitionsarithmetik und Personaldeals über den Kurs der Regierung bestimmen.

Politisch setzt Anutin auf das Bild des Machers. Er positioniert sich als Vermittler zwischen urbanen Reformern und konservativen Provinz-Netzwerken. Seine Strategie: breite, pragmatische Bündnisse, klare Botschaften an Unternehmer, Bauern und Mittelstand. Ob diese Rechnung aufgeht, hängt von der Disziplin möglicher Partner und dem Timing einer Premierabstimmung ab. Unabhängige Analysen verweisen auf ein fragiles Lager, das mit knappen Mehrheiten arbeiten müsste. Stabilität wäre dann das Schlüsselwort – zumindest bis zu den erwarteten Neuwahlen im kommenden Jahr.

Cannabis-Architekt, Ex-Gesundheitsminister, Privatpilot
Wer ist Anutin?

National bekannt wurde Anutin als Gesundheitsminister während der Pandemie 2020. Damals geriet er in die Kritik, weil er in sozialen Medien Ausländer für Ansteckungen verantwortlich machte. Er entschuldigte sich später öffentlich. Politisch prägte er die Entkriminalisierung von Cannabis (Einführung 2022, fortlaufende Regulierung 2023). Sein Argument: weniger Häftlinge, neue Chancen für Hanfindustrie und Medizin. Freizeitkonsum nach Amsterdam-Vorbild lehnt er ab, betont aber den therapeutischen Nutzen. Das ist dokumentiert in Regierungsverlautbarungen und Medienberichten aus der Zeit.

Der Unternehmer-Sohn mit thai-chinesischen Wurzeln hat einen Ingenieurabschluss aus New York und leitete das Familienunternehmen im Bau- und Engineering-Sektor. Er spricht Englisch und Chinesisch und begrüßte 2023 am Flughafen Bangkok die ersten offiziellen Touristengruppen aus China nach der Grenzöffnung. Seit 2023 ist er Innenminister und setzt außenpolitisch auf Balance: Thailand als Partner sowohl der USA als auch Chinas. Privat ist er Pilot; thailändische Medien zeigen ihn als Unterstützer bei Transporten für Organtransplantationen. 2023 sagte er dem Magazin Time sinngemäß: Wenn die Menschen glaubten, er liefere, würden sie ihm den Auftrag geben.

Steuern statt Visa-Reform
Kommt für Expats die Steuerfreiheit fürs Auslandseinkommen?

Für Thailands Expats ist kurzfristig nicht mit großen Visa-Reformen zu rechnen. Eine Übergangsregierung würde voraussichtlich innenpolitische Baustellen priorisieren: schwache Konjunktur, hohe Haushaltsverschuldung, Zölle, Debatten über eine mögliche Verfassungsreform per Referendum. Im Fokus steht dagegen ein Thema mit internationaler Wirkung: die Besteuerung von Auslandseinkommen, wenn es nach Thailand überwiesen wird. Hintergrund: Die Steuerbehörde hatte 2023 die Regeln verschärft, was zu Unsicherheit bei Anlegern, Freiberuflern und Pensionären führte.

In Bangkok kursieren nun Berichte über einen Vorstoß des Finanzministeriums, der Überweisungen von Auslandseinkünften innerhalb eines bestimmten Zeitfensters begünstigen oder effektiv steuerfrei stellen könnte. Offiziell bestätigt ist das nicht. Fachleute verweisen darauf, dass Änderungen teils per Verordnung möglich sind und daher wohl keine Parlamentsabstimmung erfordern, sondern die Zustimmung des Council of State und des Kabinetts. Die Wirtschaft warnt vor Verzögerungen über das nächste Steuerjahr hinaus. Klare und verlässliche Regeln würden nicht nur Rentnern helfen, sondern Investitionen und Konsum breiter anregen.

Internationale Community blickt skeptisch auf Anutin

Unter deutschen Auswanderern wie auch in der internationalen Community in Thailand überwiegt Zurückhaltung, wenn es um Anutins mögliche Rolle als Premierminister geht. Vielen sind seine Worte aus der Zeit der Corona-Pandemie noch präsent, als er Ausländer als „schmutzig“ bezeichnete und ihnen die Schuld an der Ausbreitung des Virus zuschrieb. Zwar folgte später eine Entschuldigung, doch diese Äußerungen haben sein Ansehen im Ausland bis heute belastet.

Gleichzeitig sehen viele Beobachter in Anutin einen Politiker, der zwar Reformen wie die Cannabis-Entkriminalisierung entscheidend vorantrieb, dabei aber nüchterne Ziele wie die Entlastung der Gefängnisse und die Förderung der Hanfindustrie verfolgte – weniger eine Öffnung hin zu persönlichen Freiheiten. Für viele Ausländer bleibt daher die Frage, ob ein Premierminister Anutin tatsächlich eine Politik gestalten würde, die alle in Thailand lebenden Gemeinschaften einschließt.

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5 Kommentare zu „Ausländer skeptisch über Anutins Premierpläne

  1. Dass Anutin als Gesundheitsminister seinerzeit Ausländer und insbesondere Faangs als „schmutzig“ bezeichnete ist sehr niedlich ausgedrückt. Aber soll’s so sein. Nicht erwähnt wird allerdings, dass er als späterer Innenminister das gesamte Visa-Wesen, angefangen von der Visavergabe in den Botschaften, unter alleiniger Zuständigkeit des Innenministeriums bündeln wollte. Dazu kam es durch seinen Rücktritt nicht mehr. Mit der völlig chaotischen Cannabis-Legalisierung noch unter seiner Regide als Gesundheitsminister verursacht nach wie vor Probleme. Irgendwie kriegt man den Geist nicht wirklich wieder zurück in die Flasche. Der teuer in China eingekaufte, nahezu wirkungslosen Corona-Impfstoff und das obwohl anderer durchaus schon erhältlich war, erfolgte auch in seiner Verantwortung. Zusammenfassung bin ich als Farang von einem MP Anutin entsprechend wenig angetan, zumal seine sonstigen Arbeitsnachweise auch nicht gerade besondere Qualifikationen ausweisen. Aber auf der anderen Seite, wenn ein alter, seniler Präsidentendarsteller eine Weltmacht wie die USA regieren darf, dann müssen wir uns wohl oder übel auch an einen wie Anutin gewöhnen. Als Optimist lasse ich mich gerne immer wieder positiv überraschen.

      1. Lieber Herr KUSCH!
        Wenn du Trump, als alten, senilen Präsidenten bezeichnest, möchte ich von dir gerne wissen, wie du den Ex-Präsidenten Biden beschreibst, wahrscheinlich jung und agil.
        lg

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