In Chiang Mai hat Khun Lek, ein Obstverkäufer mit einem Stand am Night Bazaar, eine Mission: die Welt davon zu überzeugen, dass Durians mehr als nur stinkende Früchte sind. Sein Verkaufsschild ist eine Legende: „Durian essen, Liebe finden!“ Dazu ein gezeichnetes Herz, das aussieht, als hätte es ein Kind mit einem wackeligen Stift gemalt. „Die Durian verbindet Seelen“, schwört er jedem, der vorbeigeht.
Die meisten Touristen rümpfen die Nase und hasten weiter, aber manche bleiben stehen – aus Neugier oder blanker Verzweiflung. Letzte Woche kam Hans, ein backpackender Informatiker aus München, an Khun Leks Stand. Hans, Single und mit einer leichten Midlife-Crisis, ließ sich überzeugen. „Liebe klingt gut“, murmelte er und kaufte eine Durian, die so stark roch, dass selbst die Fliegen einen Bogen machten.
Khun Lek, mit einem Grinsen breiter als der Mekong, zeigte Hans, wie man die stachelige Schale knackt. „Iss mit Herz“, riet er, „dann kommt die Liebe.“ Hans, mutig oder einfach hungrig, biss hinein. Der Geschmack war… komplex. Cremig, süß, aber auch wie eine Mischung aus Zwiebeln und alten Socken. Er kaute tapfer, während Khun Lek Beifall klatschte. Das Problem? Liebe kam nicht. Stattdessen folgte Hans eine Meute von sechs streunenden Katzen, die den Geruch der Durian für einen Gourmet-Snack hielten. Sie eskortierten ihn durch Chiang Mai, vom Stand bis zu seinem Guest House, wo die Besitzerin ihn bat, die Frucht draußen zu lassen.
Hans, halb amüsiert, halb genervt, rief Khun Lek am nächsten Tag an. „Wo ist die Liebe?“ fragte er. Khun Lek lachte: „Manchmal ist Liebe pelzig und hat Schnurrhaare!“ Hans war nicht überzeugt, aber er kaufte trotzdem noch eine Durian – diesmal für die Katzen. Die Geschichte verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Plötzlich kamen mehr Touristen zu Khun Leks Stand, nicht wegen der Liebe, sondern um Teil der Legende zu werden. Ein Amerikaner aß eine halbe Durian und zog eine Horde Hunde an. Eine Französin behauptete, der Geruch hätte ihr geholfen, „ihren inneren Frieden“ zu finden, was Khun Lek als Erfolg verbuchte. Der Verkäufer selbst bleibt unbeeindruckt vom Hype. „Durian ist wie das Leben“, sagt er, während er eine neue Frucht aufschneidet, „manchmal stinkt’s, aber du musst reinbeißen, um’s zu verstehen.“
1000 KM entfernt, treffen wir auf den Tuk-Tuk-Taktikmeister Somchai, ein Tuk-Tuk-Fahrer in Bangkok, hat es satt, Touristen nur von A nach B zu kutschieren. „Warum nur fahren, wenn ich ein Erlebnis verkaufen kann?“ murmelt er, während er sein Gefährt mit bunten LED-Lichtern pimpt, die wie ein Mini-Rave blinken. Seine neue Geschäftsidee: „Somchai’s Blitz-Tour“ – eine wilde Fahrt durch Bangkok, die in zehn Minuten drei Tempel, zwei Märkte und einen zwielichtigen Schneiderladen abklappert, der T-Shirts mit „I survived Bangkok traffic“ verkauft. Die Tour beginnt am Khao San Road, wo Somchai seine Kundschaft aufgabelt: ein australisches Pärchen mit Sonnenbrand, eine deutsche Studentin mit Rucksack größer als sie selbst und einen älteren Briten, der behauptet, „alles schon gesehen“ zu haben.
„Steigt ein, wir haben keine Zeit!“, bellt Somchai und drückt das Gaspedal durch, als wäre er in einem Formel-1-Rennen. Der Tuk-Tuk hüpft über Schlaglöcher, während die LEDs in Neonpink und Giftgrün flackern. Die Australier kreischen vor Freude, die Deutsche klammert sich an ihren Lonely Planet, und der Brite murmelt: „In meiner Zeit war das alles noch entspannter.“ Erster Stopp: Wat Pho, der Tempel mit dem liegenden Buddha. Somchai parkt direkt vor dem Eingang, was vermutlich illegal ist, aber er winkt einen genervten Wächter mit einem Lächeln und einer Dose Singha-Bier weg. „Zehn Minuten, los!“, kommandiert er.
Die Touristen stolpern aus dem Tuk-Tuk, machen zwei Selfies, und schon geht’s weiter. „Buddha hat’s nicht eilig, ihr schon!“, ruft Somchai. Nächster Halt ist der Chatuchak-Markt, wo die Deutsche einen Elefanten-Schlüsselanhänger kauft, den sie später in ihrem Hostel bereuen wird. Der Schneiderladen ist der krönende Abschluss: ein winziger Laden, der „maßgeschneiderte Anzüge in 30 Minuten“ verspricht. Der Brite wird hineingezogen und kommt mit einem neongelben Sakko zurück, das aussieht, als hätte es ein Papagei entworfen. Somchai’s Geheimwaffe ist seine „Gratis-Kokosnuss“, die er mit einem zerbeulten Macheten aus dem Kofferraum hackt. „Frisch aus dem Baum… oder so“, grinst er, während die Touristen an der lauwarmen Kokosmilch nippen. Am Ende der Tour sind alle erschöpft, verschwitzt und seltsam begeistert. Die Australier tippen fünf Sterne auf Google, die Deutsche schreibt einen Blogbeitrag, und der Brite schwört, nie wieder in ein Tuk-Tuk zu steigen. Somchai zählt seine Baht und plant schon die nächste Tour. „Bangkok schläft nie“, sagt er, „und ich auch nicht.“



