Der grüne Traum zerplatzt – Kiffer-Paradies vor dem Aus?

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Vor drei Jahren machte Thailand Schlagzeilen: Als erstes Land Asiens entkriminalisierte es 2022 den Besitz, Anbau, Verkauf und Konsum von Cannabis. Tausende Shops, von Bangkok bis Phuket, schossen wie Pilze aus dem Boden. Der Cannabis-Tourismus boomte, die Wirtschaft jubelte über Einnahmen in Milliardenhöhe. Doch jetzt droht die Kehrtwende: Die Regierung unter Premierminister Srettha Thavisin will den Freizeitkonsum einschränken und Cannabis nur noch für medizinische Zwecke erlauben. Seit Juni 2025 gilt: Ohne Rezept kein Joint. Branchenvertreter schlagen Alarm, Touristen sind verunsichert, und die Zukunft der grünen Industrie hängt am seidenen Faden. Was bedeutet das für Thailand?

Die Legalisierung 2022: Ein mutiger Schritt

Im Juni 2022 strich Thailand Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen. Es war eine Sensation in einer Region, in der Drogenbesitz oft mit harten Strafen, teils sogar der Todesstrafe, geahndet wird. Die Entkriminalisierung erlaubte den Anbau und Verkauf von Cannabis mit einem THC-Gehalt von maximal 0,2 % für Freizeitprodukte, während medizinisches Cannabis weniger stark reguliert wurde. Über eine Million Thailänder beantragten Anbaulizenzen, da der Gewinn beim Cannabis-Anbau bis zu 60-mal höher war als beim Reisanbau. In kürzester Zeit entstanden schätzungsweise 8.000 bis 18.000 Cannabis-Shops, besonders in Touristenhochburgen wie Bangkok, Pattaya und Phuket . Der Umsatz der Branche wurde auf etwa 1 bis 1,2 Milliarden US-Dollar geschätzt, mit Prognosen von bis zu 9 Milliarden bis 2030.

Der Cannabis-Tourismus wurde zum Magneten: „Weed-Partys“, Joint-Dreh-Wettbewerbe und Cannabis-Messen zogen Besucher aus aller Welt an. Orte wie die Khao San Road in Bangkok oder die Walking Street in Pattaya wurden zu Hotspots für „grüne“ Erlebnisse. Doch die lockere Regulierung führte zu Problemen: Produkte mit über 0,2 % THC, wie starke Joints oder Haschisch, wurden oft illegal verkauft, und Kontrollen waren selten.

Die Kehrtwende: Rezeptpflicht und strengere Regeln

Gesundheitsminister Somsak Thepsutin unterzeichnete am 23. Juni 2025 eine Verordnung, die den Verkauf von Cannabisblüten auf medizinische Zwecke mit Rezept beschränkt. Der Gesetzesentwurf, der derzeit beim Kabinett liegt, sieht vor, dass Cannabisprodukte mit einem THC-Gehalt über 0,2 % wieder als Betäubungsmittel der Kategorie 5 eingestuft werden könnten. Verstöße gegen die neuen Regeln drohen mit Geldstrafen von bis zu 60.000 Baht (ca. 1.560 €) oder Haftstrafen von bis zu einem Jahr .

Die Regierung begründet die Verschärfung mit gesundheitlichen Bedenken: Laut dem Gesundheitsministerium stieg die Zahl der Menschen, die wegen psychischer Probleme nach Cannabiskonsum in Behandlung waren, von 37.000 im Jahr 2022 auf 63.000 im Jahr 2023. Besonders der Konsum durch Minderjährige und die Kombination von Cannabis mit harten Drogen wie Heroin oder Crystal Meth sorgt für Alarm. Zudem gab es internationale Kritik, etwa von Großbritannien, wegen Schmuggelversuchen durch Touristen.

Wirtschaftliche Folgen: Ein Milliardenmarkt wankt

Die Cannabis-Industrie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Schätzungen zufolge erwirtschaftet sie jährlich etwa 40 Milliarden Baht (ca. 1 Milliarde Euro) und schuf tausende Arbeitsplätze . Überproduktion führte jedoch bereits vor der Verschärfung zu sinkenden Preisen, und kleinere Shops mussten schließen. Die neuen Regeln setzen die Branche unter zusätzlichen Druck: Lizenzierte Shops müssen nun Rezepte verlangen, was den Verkauf erschwert, während größere Anbieter Grauzonen ausnutzen. Aktivistin Kitty Chopaka kritisiert, dass die Regierung statt klarer Regulierung „symbolische Aktionen“ setzt, die seriöse Anbieter benachteiligen.

Unternehmer wie Punnathat Putthisawong, ein Verkäufer in Bangkok, fürchten um ihre Existenz: „Der Verkauf von Cannabis ist meine Haupteinnahmequelle“, sagte er gegenüber Reuters. Viele hatten Millionen investiert, und die Unsicherheit über die neuen Regeln lässt das Vertrauen in die Regierung schwinden. Branchenvertreter fordern Entschädigungen, falls die Gesetze die Branche lahmlegen.

Tourismus in Gefahr: Verliert Thailand sein Alleinstellungsmerkmal?

Der Cannabis-Tourismus war ein Alleinstellungsmerkmal für Thailand, da Nachbarländer wie Malaysia, Indonesien oder Singapur Cannabis streng verbieten. Orte wie Bangkok, Phuket und Pattaya profitierten von „Green Partys“ und Cannabis-Shops, die besonders junge Reisende anzogen. Experten befürchten, dass die Verschärfung Touristen abschrecken könnte, die das liberale Image Thailands schätzten. Ein Reiseanbieter betonte: „Thailand hatte etwas, das andere Länder nicht bieten konnten. Das könnte jetzt wegfallen.“. Gleichzeitig warnen Behörden Touristen, dass der Transport von Cannabis über Grenzen illegal bleibt und harte Strafen nach sich zieht.

Zukunft: Regulierung statt Verbot?

Trotz der Verschärfung gibt es Hoffnung auf eine differenziertere Lösung. Anutin Charnvirakul, ehemaliger Gesundheitsminister und Befürworter der Legalisierung, drohte, sich einer Neueinstufung als Betäubungsmittel zu widersetzen. Das Thailand Cannabis Future Network lobte die Regierung für eine mögliche Hinwendung zur Regulierung statt eines Totalverbots. Der aktuelle Gesetzesentwurf, der nach einer Konsultationsphase im September 2024 noch angepasst werden könnte, impliziert keine explizite Kriminalisierung des Freizeitkonsums, sondern eine stärkere Kontrolle. Klare Richtlinien für Lizenzen, Verkauf und Anbau könnten den Markt stabilisieren, sagen Aktivisten, doch die Umsetzung bleibt unklar.

Ein Grower aus Chiang Mai fasst die Stimmung zusammen: „Wir haben alles riskiert, um Teil dieses Booms zu sein. Jetzt stehen wir vor dem Nichts.“. Die Regierung verspricht Übergangsfristen, doch viele in der Branche zweifeln, ob diese ausreichen werden, um den Schaden abzufedern.

Ein Balanceakt zwischen Gesundheit und Wirtschaft

Thailand steht an einem Scheideweg. Die Entkriminalisierung von Cannabis war ein mutiger Schritt, der Wirtschaft und Tourismus ankurbelte, aber auch Probleme wie unregulierten Verkauf und gesundheitliche Risiken mit sich brachte. Die geplante Verschärfung, insbesondere die Rezeptpflicht, soll diese Missstände beheben, droht aber, tausende Existenzen und ein Alleinstellungsmerkmal im Tourismus zu gefährden. Ob Thailand eine Balance zwischen strenger Regulierung und wirtschaftlicher Freiheit findet, hängt von der endgültigen Gesetzgebung ab. Für Touristen, Unternehmer und Konsumenten bleibt die Lage angespannt – und die Zukunft des „Kiffer-Paradieses“ ungewiss.

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