Ein Machtkampf, der Südostasien destabilisieren könnte

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Eine Kolumne von Sebastian Kronberg

Wenn sich zwei Alpha-Machos aus Südostasien öffentlich ankeifen, klingt das erstmal nach einem vergessenen Tarantino-Drehbuch. Doch die jüngsten Drohgebärden zwischen dem kambodschanischen Langzeitherrscher Hun Sen und dem ehemaligen thailändischen Premierminister Thaksin Shinawatra sind mehr als ein geopolitischer Schlagabtausch mit Retro-Vibes – sie sind ein hochgefährliches Politdrama mit gewaltiger Sprengkraft.

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Machtspiele auf Südostasiatisch

Hun Sen wirft Thaksin „Verrat“ vor. Ein Wort, das in einer Region, in der Loyalität oft ein Handelsgut ist, schwerer wiegt als ein Container voller Facebook-Kommentare. Besonders heikel: Der Vorwurf, Thaksin habe sich despektierlich über Thailands Monarchie geäußert – ein sakrilegischer Tabubruch mit potenziell eruptiver Wirkung in der thailändischen Innenpolitik.

Doch was ist das hier eigentlich? Ein moralischer Kreuzzug gegen einen alten Freund? Oder ein strategisches Ablenkungsmanöver eines Autokraten, der mit dem Rücken zur Wand steht? In der Politik des 21. Jahrhunderts ist selbst die Enttäuschung über ein nicht zurückgeschicktes WhatsApp-Sprachnachricht das perfekte Schlachtfeld für Großmachtphantasien.

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Thaksin: Comeback mit Kettenschloss

Thaksin wiederum wirkt wie der Politiker, der einfach nicht aus dem letzten Level rauskommt – wie ein unendlich ladender Netflix-Buffer in der thailändischen Demokratie. Eben noch ein gefeierter Held, dann im Exil, nun wieder zurück im Spiel – aber nur halb. Und jetzt drohen ihm Enthüllungen, die nicht nur seine Reputation, sondern die seiner gesamten Politdynastie pulverisieren könnten.

Ironischerweise ist es genau diese Mischung aus Verklärung und Verdammnis, die Thaksin so gefährlich – und gleichzeitig so faszinierend – macht. Eine Figur, die in der gleichen Sekunde als Hoffnungsträger und als Gefahr gilt, ist in der digitalen Ära eigentlich prädestiniert für eine Karriere als Meme. Doch Thaksin ist kein Internetphänomen. Er ist ein Machtfaktor – wenn auch ein angeschlagener.

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Hun Sens geostrategisches Theater

Hun Sen hingegen wirkt wie der Strippenzieher, der vergessen hat, dass auch Strippen reißen können. Seine Drohung, private Gespräche zu veröffentlichen, wirkt wie das letzte Ass in einem Spiel, das längst zu einem politischen Jenga geworden ist. Zieh den falschen Stein – und das ganze System kippt.

Doch vielleicht ist das gar kein Fehler. Vielleicht ist es Taktik. In einer Region, in der politische Stabilität so brüchig ist wie ein öffentliches WLAN, bietet sich Hun Sen geradezu als Bollwerk gegen den Extremismus an – und zwar für beide Seiten. Die Frage ist nur: Ist er dabei der Feuerwehrmann oder der Brandstifter?

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Bombe mit Zündschnur: Die angekündigten Enthüllungen

Was passiert, wenn Hun Sen tatsächlich belastendes Material über Thaksin veröffentlicht? Politischer Selbstmord? Oder das politische Äquivalent eines Atomschlags – keiner gewinnt, alle verlieren? Die Enthüllung angeblicher monarchiefeindlicher Aussagen wäre jedenfalls mehr als ein persönlicher Schlag. Sie könnte das ohnehin fragile Gleichgewicht in Thailand endgültig kippen.

Und dann ist da noch die altbekannte Dynamik politischer Erpressung: Wer droht, will selten wirklich sprengen – aber manchmal zündet die Bombe trotzdem. Und wenn Thaksin kontert? Dann mutiert das Ganze zum geopolitischen Kampf-Royale mit Sprengkraft über Landesgrenzen hinaus.

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Reaktionen im eigenen Haus: Die Shinawatra-Soap

Während Paetongtarn Shinawatra an der Grenze pathetisch moralischen Beistand leistet, wirken die Reaktionen innerhalb Thailands wie ein Spiegel der Spaltung: Die einen bejubeln Thaksin als Opfer. Die anderen reiben sich die Hände, in der Hoffnung auf maximalen Polit-Kollateralschaden.

Besonders bezeichnend: Die Forderung lokaler Politiker, wirtschaftliche Aktivitäten mit Kambodscha zu überdenken. Da wird aus einem persönlichen Zwist plötzlich eine Außenpolitik – eine Art diplomatischer Racheakt mit dem feinen Beigeschmack provinzieller Profilierungssucht. Wer braucht noch außenpolitische Strategie, wenn man Lokalpatriotismus im Angebot hat?

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Regionale Kollateralschäden: Wenn Männer sich streiten

Was auf den ersten Blick wie ein persönliches Drama wirkt, ist in Wahrheit ein Pulverfass für ganz Südostasien. Wenn zwei Altpolitiker sich öffentlich duellieren wie zwei Boomer im Facebook-Kommentarbereich, wird schnell aus einer privaten Fehde ein internationaler Risikofaktor.

Denn die geopolitische Lage ist labil. ASEAN taumelt zwischen Kooperationsrhetorik und nationaler Eifersucht. In einer solchen Situation kann ein Konflikt wie dieser nicht nur symbolisch explodieren, sondern ganz real: wirtschaftlich, diplomatisch, sicherheitspolitisch.

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Die Moral von der Geschichte: Drama statt Diplomatie

Das Drama zwischen Hun Sen und Thaksin ist mehr als ein Polit-Gossip der Woche. Es ist ein lehrbuchartiges Beispiel dafür, wie persönliche Eitelkeiten, politische Instinkte und nationale Narrative eine toxische Mischung ergeben können. Und es zeigt, dass in einer Welt voller multipler Krisen sogar Altpolitiker im Ruhestand noch zur Gefahr für die Stabilität einer ganzen Region werden können.

Manchmal braucht es eben nur einen alten Groll, ein Mikrofon und eine Menge verletztes Ego – und schon steht die diplomatische Welt in Flammen.

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