Die vergessene Region erwacht
Wer an Thailand denkt, hat meist tropische Strände, pulsierende Nachtmärkte oder die Skyline Bangkoks vor Augen. Doch etwa ein Drittel des Königreichs bleibt bei den meisten Besuchern völlig unbeachtet: der Isaan, Nordostthailand. Diese riesige Region, die sich von den Ufern des Mekong bis zur kambodschanischen Grenze erstreckt, galt lange als Armenhaus des Landes. Genau das macht sie heute für eine wachsende Zahl von Ausländern so attraktiv.
Während in Pattaya, Chiang Mai oder auf Phuket die Immobilienpreise explodieren und westliche Rentner sich in gesichtslosen Wohnanlagen aneinanderreihen, bietet der Isaan etwas völlig anderes: Authentizität, Weite und Bezahlbarkeit. Hier kostet ein Mittagessen am Straßenrand noch 40 Baht, ein Rai Land in ländlichen Gegenden zwischen 150.000 und 300.000 Baht, und die Miete für ein Apartment in Städten wie Udon Thani oder Khon Kaen beginnt bei 8.000 Baht monatlich.
Das Isaan Leben unterscheidet sich fundamental vom touristischen Thailand. Statt Hotelburgen prägen endlose Reisfelder und traditionelle Holzhäuser das Landschaftsbild. Die Menschen sprechen einen Dialekt, der dem Laotischen näher steht als dem Zentral-Thai. Alte Khmer-Tempel erzählen von einer prähistorischen Zivilisation, deren Spuren in Ban Chiang über 5000 Jahre zurückreichen. Wer hierher kommt, sucht nicht den schnellen Strandurlaub, sondern einen Lebensstil.
Die neue Generation von Auswanderern
Lange Zeit zog es vor allem Rentner mit thailändischer Partnerin in den Isaan. Doch seit der Einführung des Digital Nomad Visa im Jahr 2024 und der wachsenden Akzeptanz für Fernarbeit verändert sich die Zusammensetzung der ausländischen Community. Englischlehrer, IT-Spezialisten, Freiberufler und junge Familien entdecken die Region als Alternative zu den überteuerten Expat-Zentren.
Die Lebenshaltungskosten im Isaan liegen deutlich unter denen in Bangkok oder den Touristenhochburgen. Während in der Hauptstadt mindestens 50.000 bis 70.000 Baht monatlich für ein komfortables Leben veranschlagt werden müssen, reichen im Nordosten 35.000 bis 40.000 Baht völlig aus – vorausgesetzt, man besitzt bereits eine Immobilie oder zahlt günstige Miete. Diese Differenz summiert sich über die Jahre zu beträchtlichen Beträgen und ermöglicht vielen Menschen einen Lebensstil, der im Heimatland unerschwinglich wäre.
Ein Drittel Thailands zwischen Tradition und Moderne
Der Isaan erstreckt sich über etwa 170.000 Quadratkilometer und umfasst 20 Provinzen. Die Korat-Hochebene bildet das geografische Rückgrat der Region, durchzogen vom Mun-Fluss und begrenzt vom mächtigen Mekong im Norden. Historisch war diese Gegend ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen: Khmer, Lao und Thai prägten über Jahrtausende das Gesicht der Region.
Noch heute sind die kulturellen Unterschiede zum Rest Thailands spürbar. Die Mehrheit der Bevölkerung spricht Phasa Isaan, einen Lao-Dialekt, der sich deutlich vom Zentral-Thai unterscheidet. Alte Traditionen leben in farbenfrohen Festen weiter: Das Bun Bung Fai Fest, bei dem selbstgebaute Raketen in den Himmel geschossen werden, oder die spektakulären Kerzenprozessionen während der buddhistischen Fastenzeit haben hier ihren Ursprung.
Wirtschaftliche Realitäten und Chancen
Lange Zeit galt der Isaan als wirtschaftlich abgehängt. Die Böden sind sandig und wenig fruchtbar, Dürreperioden gehören zum Jahresrhythmus, und viele junge Menschen wanderten für Arbeit in die Ballungszentren ab. Doch diese Beschreibung greift zu kurz. Die Region ist Thailands Reiskammer, liefert Zuckerrohr, Tapioka und Kautschuk. In den letzten Jahren entdeckten Bergbauunternehmen zudem bedeutende Vorkommen an Steinsalz, Braunkohle und sogar Erdgas.
Die wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich auch in den Lebenshaltungskosten nieder. Das thailändische Durchschnittseinkommen lag Ende 2024 bei etwa 15.000 Baht monatlich, im Isaan oft noch darunter. Ein Verkäufer bei 7-Eleven verdient zwischen 11.000 und 12.000 Baht, ein frisch diplomierter Uni-Absolvent in Bangkok vielleicht 25.000 Baht. Diese Zahlen verdeutlichen, warum die Region für Ausländer mit westlichem Einkommen oder Rente so attraktiv ist: Mit 40.000 Baht monatlich lebt man hier komfortabel, während thailändische Familien mit deutlich weniger auskommen müssen.
Die großen Städte als Ankerpunkte
Wer an Auswandern Nordostthailand denkt, sollte die größeren Städte der Region genauer betrachten. Nakhon Ratchasima, meist Korat genannt, bildet mit über 300.000 Einwohnern das südliche Tor zum Isaan. Die Stadt besitzt eine alte, von einem Wassergraben umgebene Altstadt, drei riesige Einkaufszentren und mehrere Universitäten. Private und staatliche Krankenhäuser bieten medizinische Versorgung auf internationalem Niveau. Die Infrastruktur ist erstaunlich gut entwickelt, mit modernen Straßen und einer aktiven Expat-Community.
Udon Thani im Norden der Region präsentiert sich ähnlich fortschrittlich. Der internationale Flughafen verbindet die Stadt direkt mit Bangkok, Chiang Mai und sogar Hongkong. Schätzungsweise 10.000 Mitglieder zählt der lokale Expat Club, dazu kommen Rotary und andere Serviceorganisationen. Die Mieten bewegen sich zwischen 8.000 und 12.000 Baht für ein möbliertes Apartment in zentraler Lage – ein Bruchteil dessen, was in Bangkok fällig würde.
Khon Kaen gilt als politisches und wirtschaftliches Zentrum des Nordostens. Die Stadt ist berühmt für ihre Seidenproduktion und beherbergt eine der größten Universitäten Thailands. Der Ubon Rattana Staudamm in der Nähe bietet Naherholungsgebiete, und das nahegelegene King Cobra Village ist ein ungewöhnlicher Touristenmagnet. Auch hier finden Ausländer moderne Annehmlichkeiten, internationale Schulen und eine etablierte Community.
Ländliches Leben zwischen Reis und Ruhe
Abseits der Provinzhauptstädte präsentiert sich der Isaan von einer ganz anderen Seite. Kleine Dörfer, in denen kaum Englisch gesprochen wird, dominieren die Landschaft. Traditionelle Holzhäuser auf Stelzen, Wasserbüffel in den Reisfeldern, alte Frauen, die Mutmee-Seide weben – hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Für manche Ausländer ist genau das der Reiz.
Wer sich für ein Leben auf dem Land entscheidet, muss allerdings einiges mitbringen: Grundkenntnisse in Thai oder der Bereitschaft, diese zu erlernen, Offenheit für kulturelle Unterschiede und die Akzeptanz, dass nicht alles sofort verfügbar ist. Internetverbindungen können wackelig sein, der nächste Supermarkt liegt vielleicht 20 Kilometer entfernt, und moderne Unterhaltung beschränkt sich auf das, was die eigene Satellitenschüssel hergibt.
Dafür erlebt man Thailand, wie es die wenigsten Touristen je zu Gesicht bekommen. Man wird Teil einer Dorfgemeinschaft, feiert mit bei Tempelveranstaltungen, hilft bei der Reisernte und entwickelt ein tieferes Verständnis für die thailändische Kultur. Die Authentizität des Isaan Lebens zeigt sich hier in ihrer reinsten Form.
Warum jetzt immer mehr Ausländer kommen
Mehrere Faktoren erklären den wachsenden Zustrom von Ausländern in den Isaan. Der offensichtlichste ist finanzieller Natur: Die Lebenshaltungskosten sind dramatisch niedriger als in den etablierten Expat-Destinationen. Ein detaillierter Vergleich macht das Ausmaß deutlich.
Kostenvergleich: Bangkok, Phuket und Isaan
In Bangkok kostet ein Mittagessen in einem einfachen Restaurant zwischen 80 und 150 Baht, auf Phuket sind es leicht 120 bis 200 Baht. Im Isaan bekommt man dieselbe Portion für 40 bis 60 Baht. Diese Preisunterschiede ziehen sich durch alle Lebensbereiche. Eine Flasche lokales Bier kostet im Supermarkt des Isaan etwa 50 Baht, im Restaurant vielleicht 70 Baht. In touristischen Gegenden werden schnell 100 bis 150 Baht fällig.
Die Wohnkosten zeigen noch dramatischere Unterschiede. Ein möbliertes Einzimmer-Apartment in zentraler Lage von Bangkok beginnt bei 15.000 Baht aufwärts, in guten Lagen eher bei 25.000 bis 40.000 Baht. Auf Phuket sind die Preise ähnlich oder höher. Im Isaan zahlt man in Udon Thani oder Khon Kaen zwischen 8.000 und 12.000 Baht für vergleichbare Unterkünfte, in kleineren Städten sogar noch weniger.
Ein deutsches Ehepaar, das mit 2000 Euro Rente in München kaum über die Runden käme, kann im Isaan ein sehr komfortables Leben führen. Umgerechnet sind das etwa 75.000 Baht monatlich – mehr als das Doppelte dessen, was man für ein angenehmes Leben benötigt. Die Differenz erlaubt Rücklagen, Reisen innerhalb Südostasiens oder einfach ein sorgenfreies Dasein ohne ständiges Rechnen.
Landpreise und Immobilienerwerb
Einer der größten Anreize für langfristige Ansiedlung sind die Grundstückspreise. In Bangkok kostet ein Rai Land in verkehrsgünstiger Lage an einer Hauptstraße sieben Millionen Baht oder mehr. Im Umland der Hauptstadt sind es immer noch zwei bis drei Millionen Baht. Im Isaan beginnen die Preise bei völlig anderen Dimensionen.
In ländlichen Gegenden, abseits der Provinzhauptstädte, kosten sechs Rai Land zwischen 250.000 und 300.000 Baht pro Rai – also insgesamt 1,5 bis 1,8 Millionen Baht für einen Hektar. Das entspricht etwa 40.000 bis 50.000 Euro. In dieser Preisklasse erhält man in Deutschland kaum ein Baugrundstück, geschweige denn einen ganzen Hektar.
Natürlich gibt es rechtliche Einschränkungen. Ausländer können in Thailand grundsätzlich kein Land besitzen. Die gängige Lösung läuft über die thailändische Partnerin oder Ehefrau, auf deren Namen das Land eingetragen wird. Alternativ gibt es komplexere Konstruktionen über thailändische Firmen oder langfristige Pachtverträge über 30 Jahre mit Verlängerungsoption. Viele Ausländer im Isaan gehen diesen Weg und bauen auf dem Land ihrer Partnerin ein Haus nach eigenen Vorstellungen.
Ein typisches Thai-Haus in solider Bauweise mit europäischen Standards kostet zwischen 1,5 und 3 Millionen Baht, abhängig von Größe und Ausstattung. Rechnet man Land und Hausbau zusammen, liegt man bei etwa 3 bis 5 Millionen Baht – umgerechnet 80.000 bis 130.000 Euro. Für diesen Betrag besitzt man ein komplett neues Haus auf einem großzügigen Grundstück in ruhiger Lage, oft mit Platz für einen Garten, einen Teich oder sogar einen kleinen Hühnerhof.
Steuerliche Überlegungen seit 2024
Die thailändische Steuerpolitik sorgte in den letzten zwei Jahren für erhebliche Unruhe in der Expat-Community. Traditionell galt Thailand als Territoriumsteuer-Land: Wer Einkommen im Ausland erzielte und es nicht im selben Jahr nach Thailand überwies, zahlte keine Steuern darauf. Diese Regelung machte das Land besonders attraktiv für Rentner und Menschen mit passivem Einkommen.
Im September 2023 kündigte die Regierung Änderungen an. Ab Januar 2024 sollten alle ausländischen Einkünfte steuerpflichtig werden, sobald sie nach Thailand transferiert werden – unabhängig davon, wann sie erzielt wurden. Die Ankündigung löste Panik aus. Viele Expats überlegten, nach Malaysia, Vietnam oder auf die Philippinen auszuwandern.
Im Juni 2025 kündigte das Thai Revenue Department (TRD) an, die ursprünglich verschärften Regeln für ausländische Einkünfte vorerst nicht umzusetzen. Laut einem Entwurf, der von der Beratungskanzlei Nishimura & Asahi im Juni 2025 vorgestellt wurde, sollen Einkünfte aus dem Ausland ab dem 1. Januar 2024 dann steuerfrei sein, wenn sie innerhalb von zwei Steuerjahren (also im Jahr der Entstehung oder im Folgejahr) nach Thailand überwiesen werden. Quelle: Nishimura & Asahi
Damit gilt vorerst wieder die bisherige Praxis: Wer etwa seine deutsche Rente auf einem deutschen Konto erhält und erst im Folgejahr nach Thailand überweist, muss dafür keine thailändischen Steuern zahlen.
Diese Entwicklung zeigt aber auch die Unsicherheit, mit der Auswanderer rechnen müssen. Thailand ist politisch nicht immer stabil, Gesetze können sich ändern, und Planungssicherheit gibt es nur bedingt. Wer längerfristig im Isaan leben möchte, sollte steuerlich flexibel bleiben, Rücklagen bilden und im Zweifelsfall professionelle Beratung in Anspruch nehmen.
Kulturelle Integration und Sprachbarrieren
Eine der größten Herausforderungen beim Auswandern Nordostthailand ist die sprachliche und kulturelle Integration. Anders als in Phuket oder Bangkok sprechen im Isaan deutlich weniger Menschen Englisch. Selbst in größeren Städten wie Udon Thani oder Khon Kaen kommt man mit Englisch nicht überall weiter. Auf dem Land kann die Verständigung schwierig werden.
Gleichzeitig gilt die Bevölkerung des Isaan als besonders freundlich und gastfreundlich. Ausländer werden oft neugierig beäugt, aber selten abgelehnt. Wer sich die Mühe macht, zumindest Grundkenntnisse in Thai zu erlernen, wird mit offenen Armen empfangen. Die Menschen schätzen das Bemühen, ihre Sprache und Kultur zu verstehen.
Leben und Essen
Die lokale Küche unterscheidet sich deutlich von dem, was Touristen als thailändisches Essen kennen. Gerichte sind oft extrem scharf, fermentierte Fischsauce und roher Papaya-Salat gehören zu den Grundnahrungsmitteln. Geröstete Insekten sind keine Touristenattraktion, sondern normaler Snack. Wer sich darauf einlässt, entdeckt eine faszinierende kulinarische Welt.
Auch die sozialen Strukturen unterscheiden sich. Familie spielt eine zentrale Rolle, und es wird erwartet, dass man sich um ältere Angehörige kümmert. Viele Ausländer erleben, dass ihre thailändische Partnerin nicht nur für die eigenen Eltern, sondern auch für weitere Verwandte finanziell Verantwortung übernimmt. Das kann zu Spannungen führen, wenn die Erwartungen nicht klar kommuniziert werden.
Infrastruktur und Gesundheitsversorgung
Ein häufiges Vorurteil lautet, der Isaan sei rückständig und schlecht erschlossen. Das trifft auf manche ländlichen Gebiete zu, aber die größeren Städte bieten überraschend gute Infrastruktur. Udon Thani, Khon Kaen und Korat verfügen über moderne Krankenhäuser mit internationalen Standards. Private Kliniken wie das Aekudon International Hospital in Udon Thani oder das Bangkok Hospital Khon Kaen behandeln auch komplexe Fälle.
Die Kosten für medizinische Behandlungen liegen deutlich unter europäischem Niveau, aber über dem, was thailändische Durchschnittsbürger zahlen. Eine Auslandskrankenversicherung ist dringend empfohlen, auch wenn sie nicht für alle Visa-Typen verpflichtend ist. Deutsche Versicherungen wie die Expatriate-Lösungen großer Anbieter kosten je nach Alter und Selbstbehalt zwischen 100 und 250 Euro monatlich.
Die Straßeninfrastruktur hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Die Thanon Mittraphap, die Hauptverkehrsstraße von Bangkok bis zur laotischen Grenze, ist teilweise autobahnähnlich ausgebaut. Innerhalb der Region verbinden gut ausgebaute Highways die Provinzhauptstädte. Nur auf dem Land wird es manchmal holprig, aber selbst kleinere Dörfer sind meist problemlos erreichbar.
Internationale Schulen gibt es hauptsächlich in den größeren Städten. Wer mit Kindern in den Isaan zieht, sollte sich vorher genau informieren. Einige Expat-Familien entscheiden sich für Home-Schooling oder schicken ihre Kinder in thailändische Privatschulen mit erweiterten Englischprogrammen. Ab der Oberstufe kehren viele Familien nach Europa zurück oder schicken die Kinder auf Internate, damit diese einen anerkannten Schulabschluss erreichen.
Die Expat-Community im Wandel
Lange Zeit bestand die ausländische Bevölkerung im Isaan hauptsächlich aus älteren Rentnern mit thailändischer Partnerin. Diese Struktur ändert sich gerade merklich. Seit der Einführung des Destination Thailand Visa für digitale Nomaden im Jahr 2024 kommen mehr jüngere Menschen, die remote arbeiten. Freelancer, IT-Spezialisten, Online-Lehrer und Kreative entdecken den Isaan als günstige, ruhige Basis.
In Städten wie Udon Thani oder Khon Kaen entstehen erste Coworking-Spaces, auch wenn diese noch nicht mit Bangkok oder Chiang Mai mithalten können. Die Internetverbindungen sind in den Städten inzwischen stabil genug für Videokonferenzen und Cloud-Arbeit, auf dem Land kann es allerdings noch wackelig werden.
Die bestehende Expat-Community ist oft gut vernetzt. Facebook-Gruppen, Stammtische und informelle Treffen helfen Neuankömmlingen bei der Orientierung. Anders als in anonymen Großstadtvierteln lernt man im Isaan schnell andere Ausländer kennen. Die Community ist überschaubar genug, dass man sich wiedererkennt, aber groß genug, dass man nicht auf sich allein gestellt ist.
Allerdings gibt es auch Schattenseiten. Manche Expats haben unrealistische Erwartungen, scheitern an der Sprachbarriere oder unterschätzen die kulturellen Unterschiede. Geschichten von gescheiterten Beziehungen, finanziellen Problemen oder rechtlichen Schwierigkeiten gehören zum Alltag. Wer ohne Rücklagen, ohne Plan und ohne Sprachkenntnisse in den Isaan zieht, läuft Gefahr zu scheitern.
Wie entwickelt sich der Isaan?
Die Region steht an einem Wendepunkt. Jahrzehntelang galt der Isaan als Armenhaus Thailands, als Gegend, aus der die Menschen weggingen, nicht hingingen. Diese Wahrnehmung ändert sich langsam. Die thailändische Regierung investiert in Infrastruktur, fördert den Tourismus und versucht, die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben.
Für Ausländer bedeutet das sowohl Chancen als auch Risiken. Einerseits verbessert sich die Lebensqualität, die medizinische Versorgung wird besser, die Verkehrsanbindungen komfortabler. Andererseits steigen mit wachsender Beliebtheit auch die Preise. Landpreise haben sich in manchen Gegenden in den letzten zehn Jahren verdoppelt oder verdreifacht. Was heute als Geheimtipp gilt, könnte in fünf Jahren zum nächsten Chiang Mai werden.
Ob der Isaan seine Authentizität bewahren kann, während er sich öffnet, bleibt abzuwarten. Bisher ist die Region groß genug, dass Massentourismus nur punktuell stattfindet. Die Khmer-Tempel von Phimai oder Phanom Rung ziehen Besucher an, aber nicht in den Massen wie Ayutthaya. Die Nationalparks wie Khao Yai oder Phu Kadung bieten spektakuläre Natur, sind aber weit von den ausgetretenen Touristenpfaden entfernt.
Empfehlungen für potenzielle Auswanderer
Wer ernsthaft über Auswandern Nordostthailand nachdenkt, sollte sich Zeit nehmen. Ein mehrwöchiger oder mehrmonatiger Testaufenthalt ist unerlässlich. Am besten außerhalb der kühlen Jahreszeit, wenn die Temperaturen über 35 Grad klettern und die Luftfeuchtigkeit erdrückend wird. Wer den Isaan nur im angenehmen Dezember oder Januar erlebt, bekommt ein verzerrtes Bild.
Ein guter Ausgangspunkt ist eine der größeren Städte wie Udon Thani oder Khon Kaen. Dort findet man problemlos Kurzzeitunterkünfte, kann die Infrastruktur testen und Kontakte zur Expat-Community knüpfen. Von dort aus lassen sich Ausflüge in ländlichere Gegenden unternehmen, um verschiedene Lebensstile kennenzulernen.
Sprachkenntnisse sind Gold wert. Selbst grundlegende Thai-Kenntnisse öffnen Türen und erleichtern den Alltag enorm. Online-Kurse, Sprachschulen oder Privatlehrer gibt es mittlerweile in allen größeren Städten. Wer auf dem Land leben möchte, sollte mindestens Alltagsthai beherrschen.
Finanziell sollte man konservativ planen. Die oft zitierten 35.000 bis 40.000 Baht monatlich reichen für ein einfaches Leben ohne Miete, aber unerwartete Ausgaben kommen immer. Eine Krankenversicherung, gelegentliche Heimreisen, Reparaturen am Haus oder Auto – schnell ist das Budget ausgereizt. Experten empfehlen mindestens 50.000 Baht monatlich plus Rücklagen für Notfälle.
Rechtlich bewegt man sich in Thailand auf komplexem Terrain. Visa-Regelungen ändern sich, Steuergesetze werden angepasst, und Eigentumsrechte für Ausländer bleiben eingeschränkt. Eine Beratung durch spezialisierte Anwälte oder Agenturen lohnt sich, insbesondere beim Landerwerb oder der Unternehmensgründung.
Der Reiz des Unbekannten
Letztlich ist es genau diese Mischung aus Herausforderung und Möglichkeit, die den Isaan für viele Auswanderer so reizvoll macht. Hier kann man noch etwas aufbauen, Teil einer Gemeinschaft werden, die thailändische Kultur in ihrer ursprünglichsten Form erleben. Der Lebensstil im Isaan ist nichts für Menschen, die überall westliche Standards erwarten. Aber für jene, die offen sind für Neues, die Abstriche machen können und die Authentizität über Komfort stellen, bietet Nordostthailand Lebensqualität zu einem Bruchteil europäischer Kosten.
Die wachsende Zahl von Ausländern, die sich bewusst für den Isaan entscheiden, spricht für sich. Sie suchen nicht das touristische Thailand, sondern das echte. Sie wollen nicht in einer deutschen Enklave leben, sondern in Thailand ankommen. Und genau dafür ist der Isaan wie gemacht: weitläufig genug für alle, die einen Neuanfang wagen wollen, traditionell genug für authentische Erfahrungen und modern genug, um nicht auf grundlegende Annehmlichkeiten verzichten zu müssen.
Anmerkung der Redaktion:
Dieser Artikel basiert auf aktuellen Recherchen und Erfahrungsberichten von Auswanderern im Isaan. Die genannten Preise und Kosten beziehen sich auf den Stand von Oktober 2025 und können regional variieren. Rechtliche und steuerliche Informationen dienen der allgemeinen Orientierung und ersetzen keine individuelle Beratung. Visa-Bestimmungen und Steuerregelungen in Thailand unterliegen regelmäßigen Änderungen. Interessierte sollten sich vor einer Auswanderung stets bei offiziellen Stellen und spezialisierten Rechtsberatern informieren. Die Lebenshaltungskosten hängen stark vom individuellen Lebensstil ab. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr und nach bestem Wissen und Gewissen.
Für weitere Informationen zum Leben und Auswandern in Thailand empfehlen sich offizielle Quellen wie die thailändische Einwanderungsbehörde (immigration.go.th) sowie deutschsprachige Expat-Foren und Beratungsstellen. Eine umfassende Vorbereitung und realistische Erwartungen sind der Schlüssel für ein erfolgreiches Leben im Isaan.




Aus eigener, jahrelanger Erfahrung kann ich nur bestätigen, dass das Leben im Isan, insbesondere in den Dörfern ein ganz anderes ist. Sowas muss man mögen. Ich habe dort sehr gerne gelebt, da ich von Haus aus eher ein Land- und kein Stadtmensch bin. Die Strukturen, Sitten und Gebräuche sind da zumeist schon noch relativ ursprünglich. Wer den Isan noch vor 20 oder 30 Jahren kennengelernt hat, der merkt allerdings auch wie enorm sich diese Region bereits verändert hat. Zu den meisten Dörfern führen zwischenzeitlich befestigte Straßen. Mobile-Empfang ist fast flächendeckend und damit auch das Internet verfügbar. Das hat schon sehr viel verändert und hin und wieder kollidiert das auch mit althergebrachten Lebensumständen. Aber insgesamt würde ich behaupten, den meisten Leuten geht es heute relativ besser als noch vor 20 oder 30 Jahren. Ein Handwerker hatte es mir mal so beschrieben: Früher musste er nach Bangkok um Arbeit zu finden, heute bekommt er auch in seiner Region genügend Aufträge und muss nicht mehr monate- oder jahrelang weg von Heimat und Familie.