Sehr geehrte Wochenblitz Redaktion
Wenn ich diese Geschichte von der jungen Frau meines deutschen Freundes höre, kann ich nicht anders, als tief berührt zu sein. Hier in Thailand, wo die kulturelle Vielfalt allgegenwärtig ist, sollte man meinen, dass Akzeptanz und Verständnis für Menschen mit gemischter Herkunft selbstverständlich sind. Aber dann hört man von all den bürokratischen Hürden, den Ablehnungen und den Beweisführungen, die sie durchmachen muss, und erkennt, wie weit die Gesellschaft noch von einer wirklich offenen Haltung entfernt ist.
Ich frage mich oft, warum wir so Schwierigkeiten damit haben, Unterschiede zu respektieren. Es ist doch nur natürlich, dass Identitäten vielfältig sind und Menschen unterschiedlich aussehen, verschieden sprechen und auch verschieden erlebt werden. Aber in unserer bürokratischen Welt scheint das manchmal alles nur Probleme und Hemmungen zu sein. Dass sie bei der Beantragung ihres Führerscheins sozusagen an ihrer thailändischen Identität zweifeln, macht mich wütend und traurig zugleich. Warum sollte jemand mit einem westlichen Gesicht und einem deutschen Namen nicht als Thai anerkannt werden? Das ist doch absurd! Es ist, als würde die Gesellschaft voreingenommen auf Äußerlichkeiten schauen und das Menschliche dabei außer Acht lassen.
Was mich noch mehr schockiert, ist, wie viel Druck auf diese jungen Menschen ausgeübt wird, um sich anzupassen, Haare schwarz färben, sich den Erwartungen fügen. Dabei sind sie eigentlich nur sie selbst. Ich bewundere ihren stillen Widerstand und die Ruhe, mit der sie all diese Dinge erträgt. Es zeugt von unglaublicher Stärke, sich nicht irgendwann aufzugeben. Aber das darf doch nicht die Lösung sein! Es sollte Anerkennung und Akzeptanz geben, unabhängig vom Aussehen oder der Herkunft.
Wenn ich an ihre Erlebnisse während der Pandemie denke, wird mir Lage bewusst, wie schnell Vorurteile verletzt werden. Die Fälschung ihrer Identität beim Gesundheitsamt ist höchst bedenklich, was sagt das über unser System? Dass es beim kleinsten Zweifel gleich in die Defensive geht und Menschen abwertet, nur weil sie anders aussehen? Das ist keine Gerechtigkeit, sondern Diskriminierung pur. Es tut so weh, wenn man erkennt, wie komplex diese Probleme sind, eine einfache Lösung scheint es nicht zu geben, aber zumindest müssen wir mehr Empathie zeigen.
Was mich außerdem trifft, ist, dass sie auf der Universität offensichtlich als internationale Studentin anerkannt wird. Das zeigt, dass es in bestimmten Bereichen doch Offenheit gibt, vielleicht weil Bildung eine idealistische Hoffnung weckt. Aber warum ist das so schwer durchzubringen in allen gesellschaftlichen Bereichen? Warum braucht es erst diesen „Schutzbereich“ der Universität, um wirklich akzeptiert zu werden?
Der Alltag dieser jungen Frau ist voll von solchen kleinen, aber tiefgreifenden Diskriminierungen. Es macht einen nachdenklich, wie viel Vorurteile, Nationalismus und Rassismus immer noch ungehindert in unserer Gesellschaft existieren. Es sind nicht nur Worte, sondern Taten, die Menschen tief verletzen. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr sehe ich, dass wir dringend eine breitere Diskussion brauchen, über Identität, Menschlichkeit und Akzeptanz.
In Thailand, einem Land, das sich so von seiner kulturellen Vielfalt rühmt, sollte das Miteinander doch eigentlich selbstverständlich sein. Warum scheitert es trotzdem so oft am Verständnis? Ich frage mich, ob wir nicht alle manchmal mehr auf unsere Menschlichkeit schauen sollten, anstatt auf Äußerlichkeiten oder Vorurteile. Jede und jeder von uns hat das Recht, so anerkannt zu werden, wie er ist.
Diese junge Frau zeigt auf beeindruckende Weise, wie viel Kraft es braucht, um trotz aller Widrigkeiten seinen Kopf hochzuhalten und sich nicht unterzukriegen. Ihr Mut ist inspirierend. Und das ist auch der Grund, warum wir alle, egal wo wir leben, die Verantwortung haben genau hinzusehen und uns für eine Gesellschaft einzusetzen, die Menschen nicht nach ihrem Aussehen oder ihrer Herkunft beurteilt. Es ist höchste Zeit, mehr Menschlichkeit zu zeigen.
Ich hoffe, dass wir in Deutschland und auch hier in Thailand irgendwann ankommen, wo Unterschiede keine Barrieren mehr sind, sondern Bereicherungen. Lasst uns die positiven Veränderungen, wie auf der Universität, auch in allen anderen Bereichen unseres Lebens anstreben. Es liegt in unserer Hand, die Gesellschaft ein bisschen offener und fairer zu machen.
Denn am Ende sind wir alle nur Menschen. Mit all unseren Eigenheiten und Geschichten. Und die sollten beachtet, respektiert und wertgeschätzt werden. Für eine Gesellschaft, in der niemand mehr wegen seiner Herkunft gezwungen ist, sich zu verstecken oder zu kämpfen, ohne je geachtet zu werden.
Viele Grüße und vielen Dank für die Veröffentlichung,
Siegfried H. (Bangkok)
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