Lufthansa-Chef Spohr: „KI wird Piloten niemals ersetzen“

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München – Carsten Spohr, Vorstandschef der Lufthansa Group, hat sich im Gespräch mit der Bild am Sonntag deutlich zur Rolle der Künstlichen Intelligenz geäußert: „Die KI wird niemals unsere Piloten ersetzen.“ Der 57-jährige Manager, selbst Ingenieur und ausgebildeter Pilot, ist überzeugt von der Professionalität der Belegschaft: „Ich weiß sehr genau, wie gut unsere Piloten, Crews und Techniker ausgebildet sind.“

Flugangst kennt Spohr nicht. Im Gegenteil: Fliegen ist für ihn Leidenschaft – auch nach über drei Jahrzehnten im Konzern. Nur einmal habe er eine kritische Situation erlebt, als bei einem Flug von Frankfurt nach München ein Triebwerk ausfiel. Die Maschine kehrte sicher zurück. Spohr erinnert sich: „Wir wussten beide sofort, dass das Cockpit-Team jetzt genau das tut, wofür es ausgebildet ist.“

Seine Kapitänslizenz hält Spohr bis heute – im Simulator. Linienflüge mit Passagieren überlässt er den rund 12.000 Berufspiloten der Lufthansa.

„Fliegen ist meine Leidenschaft“

Im Interview mit der Bild am Sonntag, geführt in der First-Class-Lounge am Münchner Flughafen, beobachtet Spohr zwischendurch die Landung eines A380 – sichtlich fasziniert. „Meine Töchter lachen immer, wenn ich mich über Flugzeuge freue“, sagt er. Der Reiz des Fliegens sei für ihn nie verloren gegangen.

Führungserfahrung aus dem Cockpit

Spohr vergleicht den CEO-Job mit der Verantwortung im Cockpit: klare Prioritäten, schnelle Entscheidungen unter Druck – Fähigkeiten, die auch im Krisenmanagement der Lufthansa helfen. Aktuell reagiert der Konzern auf die Eskalation im Nahen Osten mit Flugunterbrechungen nach Tel Aviv, Teheran und Amman.

Trotz geopolitischer Krisen und gestiegener Kosten sei der Luftverkehr widerstandsfähiger geworden, so Spohr. Für 2024 rechnet Lufthansa erstmals mit einem Umsatz über 40 Milliarden Euro.

Mehr Nachfrage weltweit – weniger Wachstum in Deutschland

„In Europa liegen wir über dem Niveau von vor der Pandemie“, sagt Spohr. In Deutschland hingegen bremsten hohe Standortkosten die Entwicklung. Lufthansa wachse deshalb im Ausland schneller. Für Spohr ein bedenklicher Trend: „Das kann nicht im Interesse unseres Landes sein.“

Gleichzeitig beobachtet Spohr eine ungebrochene Reiselust, besonders bei jungen Menschen: Rund ein Drittel der Lufthansa-Kunden sei unter 30. Trotz lauter Kritik am Flugverkehr wegen des Klimaschutzes sei der Wunsch nach Reisen, Studium und Arbeit im Ausland stark ausgeprägt.

USA-Reisen trotz politischer Lage stabil

Einen Rückgang der USA-Flüge nach der Rückkehr von Donald Trump ins Präsidentenamt sieht Spohr bislang nicht. Zwar gebe es in günstigeren Buchungsklassen leichte Rückgänge für das dritte Quartal, doch insgesamt zähle der Sommer 2024 zu den stärksten auf Nordatlantikstrecken. Besonders groß sei das Interesse der Amerikaner an Italien, weshalb Lufthansa im Januar die italienische Airline ITA übernommen habe.

Qualitätsprobleme 2023 – Stabilität 2024

Spohr räumt ein, dass 2023 kein gutes Jahr für Pünktlichkeit und Stabilität war: Es habe drei Sommer gedauert, um den Standard von vor der Pandemie wieder zu erreichen. Personalmangel an Flughäfen sei eine zentrale Ursache gewesen. Inzwischen jedoch sei man wieder auf Kurs – dank engagierter Mitarbeiter und zunehmender Unterstützung durch KI.

Erinnerung an Germanwings und das Thema Sicherheit

Der Absturz einer Germanwings-Maschine vor zehn Jahren – herbeigeführt durch den Co-Piloten – hat Spohr bis heute erschüttert. Sicherheit habe für Lufthansa oberste Priorität. Jährlich am 25. März lade man Angehörige zum Gedenken an die Unglücksstelle ein.

KI im Einsatz – aber nicht im Cockpit

Laut Spohr übernimmt Künstliche Intelligenz bei Lufthansa bereits Aufgaben wie Flugplanung, Routenoptimierung bei Verspätungen oder vorausschauende Wartung. Doch zentrale Berufe wie Piloten, Flugbegleiter oder Techniker seien durch KI nicht zu ersetzen. Autonomes Fliegen sei technisch möglich, aber für Spohr unvorstellbar im Passagierverkehr: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Lufthansa-Kunde in ein Flugzeug ohne Piloten steigt.“

Lufthansa 2030: Noch internationaler, moderner, nachhaltiger

Mit über 900 Flugzeugen und Investitionen in neue Kabinenausstattungen will Lufthansa ihre Premium-Position weiter ausbauen. Auch am Boden werde das Angebot optimiert – moderne Lounges inklusive.

Spohrs Sehnsuchtsziel: San Francisco

Die US-Westküstenmetropole hat für ihn einen besonderen Stellenwert – es war sein erstes Langstreckenziel als Austauschschüler. Seine erste Pilotenuniform besitzt er zwar nicht mehr – dafür hängt die letzte noch im Schrank: „Die passt zum Glück noch.“

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