Nachlass leicht gemacht

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In Thailand ist eine sorgfältige Nachlassplanung essenziell, um sicherzustellen, dass Familienmitglieder im Todesfall problemlos auf Vermögen zugreifen können. Dieser Artikel erklärt, wie Sie Ihr Vermögen rechtssicher für Ihre Angehörigen absichern können, und bietet praktische Tipps, die den thailändischen Gesetzen entsprechen.

Warum Nachlassplanung wichtig ist

Der Verlust eines geliebten Menschen ist eine emotionale Herausforderung. Eine klare Nachlassplanung kann Angehörigen helfen, finanzielle Angelegenheiten ohne unnötige Hürden zu regeln. In Thailand regelt das Bürgerliche und Handelsgesetzbuch (Civil and Commercial Code) die Nachlassverteilung. Ohne ein Testament oder klare Regelungen kann der Prozess zeitaufwendig und komplex werden, insbesondere wenn Gläubiger Ansprüche geltend machen.

Schritt 1: Ein Testament erstellen

Ein Testament ist das Fundament einer sicheren Nachlassplanung. In Thailand gibt es drei Arten von Testamenten:

  • Holographisches Testament: Handschriftlich vom Erblasser verfasst, keine Zeugen erforderlich. Es sollte jedoch klar und eindeutig formuliert sein.
  • Öffentliches Testament: Vor einem Amtsbeamten (z. B. beim Amphur) verfasst, mit Zeugen.
  • Geheimes Testament: Versiegelt und beim Amphur eingereicht.

Empfehlung: Ein handschriftliches Testament ist einfach, aber die Hinzuziehung von zwei Zeugen (die nicht Begünstigte sind) stärkt die Rechtssicherheit. Registrieren Sie das Testament beim örtlichen Amphur, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Schritt 2: Gemeinschaftskonten nutzen

Ein Gemeinschaftskonto (Joint Account) mit einem Mitunterzeichner, z. B. einem Ehepartner oder Kind, ermöglicht es dem Mitunterzeichner, im Todesfall auf das Konto zuzugreifen. Wichtig:

  • Der Mitunterzeichner muss bei der Bank registriert sein.
  • Nach dem Tod des Hauptkontoinhabers sollte die Bank informiert werden, um das Konto gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu verwalten.
  • Ohne Testament kann das Konto Teil des Nachlassverfahrens werden, was den Zugriff verzögern könnte.

Schritt 3: Nachlassverfahren verstehen

Thailändisches Erbrecht: Ihre Rechte und Pflichten

Das thailändische Erbrecht regelt, wie Vermögen nach dem Tod einer Person verteilt wird. Es basiert auf dem Thai Civil and Commercial Code (CCC) und gilt für thailändische Staatsbürger sowie Ausländer mit Vermögen in Thailand. Dieser Leitfaden erklärt die gesetzliche Erbfolge, die Rechte des Ehepartners, testamentarische Regelungen und internationale Aspekte – klar, präzise und nach thailändischem Recht.

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt zuerst?

Das thailändische Recht teilt Erben in sechs Klassen ein (§ 1629 CCC). Eine niedrigere Klasse erbt nur, wenn in der höheren Klasse keine Erben mehr leben. Die Klassen sind:

  • Kinder und deren Nachkommen: Leibliche oder adoptierte Kinder sowie deren Nachkommen (Enkelkinder, Urenkel usw.).
  • Eltern: Mutter und Vater des Verstorbenen.
  • Vollbürtige Geschwister: Geschwister mit denselben Eltern.
  • Halbgeschwister: Geschwister mit einem gemeinsamen Elternteil.
  • Großeltern: Mütterliche und väterliche Großeltern.
  • Onkel und Tanten: Geschwister der Eltern des Verstorbenen.

Hinweis: Der überlebende Ehepartner ist keiner Klasse zugeordnet, hat aber ein eigenes Erbrecht (siehe Abschnitt 2).

Rechte des überlebenden Ehepartners

Der Ehepartner hat besondere Erbansprüche (§ 1635 CCC), die abhängig von den vorhandenen Erben variieren:

  • Mit Kindern (1. Klasse): Der Ehepartner erhält denselben Anteil wie jedes Kind. Beispiel: Bei zwei Kindern teilt sich der Nachlass in drei gleiche Teile (ein Teil pro Kind, ein Teil für den Ehepartner).
  • Mit Eltern (2. Klasse): Der Ehepartner erhält 50 % des Nachlasses, die Eltern teilen sich die andere Hälfte.
  • Mit Geschwistern (3. Klasse): Der Ehepartner erhält zwei Drittel, die Geschwister teilen sich ein Drittel.
  • Ohne andere Erben: Der Ehepartner erbt den gesamten Nachlass.

Gütergemeinschaft (Sin Somros)

In Thailand gilt Vermögen, das während der Ehe erworben wurde, als gemeinschaftliches Vermögen (Sin Somros, § 1474 CCC). Vor der Erbteilung wird dieses Vermögen zu 50 % dem überlebenden Ehepartner zugesprochen. Nur der verbleibende Nachlass des Verstorbenen wird nach den Erbregeln verteilt.

Beispiel: Ein Ehepaar besitzt ein Haus (Sin Somros). Nach dem Tod eines Partners erhält der überlebende Ehepartner 50 % des Hauses direkt. Die andere Hälfte wird gemäß der Erbfolge verteilt.

Testament: Ihre Wünsche festlegen

Ein Testament erlaubt es, die gesetzliche Erbfolge zu ändern (§§ 1655–1686 CCC). Der Erblasser kann:

  • Bestimmte Erben oder Dritte benennen.
  • Einzelne Vermögenswerte (z. B. Immobilien, Konten) zuweisen.
  • Erben enterben (nur mit triftigem Grund, § 1606 CCC, z. B. bei schwerem Fehlverhalten).
  • Einen Testamentsvollstrecker ernennen.

Ohne Testament greift automatisch die gesetzliche Erbfolge. Ein Testament muss bestimmten Formvorschriften genügen, z. B. schriftlich verfasst und unterschrieben sein (§ 1656 CCC).

Besonderheiten und internationale Aspekte

  • Kein Pflichtteil: Anders als in vielen Ländern (z. B. Deutschland) gibt es in Thailand keinen Pflichtteil. Der Erblasser kann gesetzliche Erben frei enterben, sofern dies rechtlich begründet ist.
  • Ausländer in Thailand: Für Immobilien in Thailand gilt thailändisches Recht. Für bewegliches Vermögen (z. B. Bankkonten) kann das Recht des Heimatlandes anwendbar sein, abhängig vom internationalen Privatrecht.
  • Erbschaftssteuer: Seit 2016 erhebt Thailand eine Erbschaftssteuer auf Nachlässe über 100 Mio. THB (ca. 2,6 Mio. EUR, Stand 2025). Die Steuer beträgt 5 % für Nachkommen oder Ehepartner und 10 % für andere Erben. Doppelbesteuerungsabkommen können die Steuerlast reduzieren.

Das thailändische Erbrecht ist klar strukturiert, aber komplex, insbesondere bei internationalen Nachlässen oder Gütergemeinschaften. Ein Testament kann Klarheit schaffen und Streitigkeiten vermeiden. Für Ausländer empfiehlt sich eine Beratung durch Experten, um thailändisches und internationales Recht zu berücksichtigen.

Ein Nachlassverfahren kann einige Wochen bis Monate dauern, abhängig von der Komplexität. Ein Testament und klare Dokumentation (z. B. Bankunterlagen) beschleunigen den Prozess.

Schritt 4: Gläubiger und Steuern berücksichtigen

In Thailand haben Gläubiger Vorrang vor Erben. Offene Schulden müssen beglichen werden, bevor das Vermögen verteilt wird. Erbschaftssteuern fallen in der Regel nur bei Nachlässen über 100 Millionen Baht an (ca. 2,6 Mio. EUR, Stand 2025). Lassen Sie sich von einem Anwalt oder Steuerberater beraten, um alle Verpflichtungen zu klären.

Schritt 5: Beratung durch Experten

Ein Anwalt für Erbrecht oder ein Nachlassplaner kann helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden. Dies ist besonders wichtig, wenn Immobilien oder internationale Vermögenswerte involviert sind. Viele Banken in Thailand bieten auch Beratungsdienste zur Nachlassplanung an.

Häufige Missverständnisse

  • Mythos: Ein Mitunterzeichner kann das Konto ohne Einschränkungen nutzen, auch ohne die Bank zu informieren. Fakt: Die Bank muss über den Tod informiert werden, da die Nutzung des Kontos ohne Meldung rechtliche Konsequenzen haben kann.
  • Mythos: Ein Nachlassverfahren ist immer langwierig und teuer. Fakt: Mit einem Testament und klaren Regelungen kann der Prozess effizient gestaltet werden.

Fazit

Eine durchdachte Nachlassplanung schützt Ihre Familie vor finanziellen und rechtlichen Herausforderungen. Ein Testament, die Nutzung von Gemeinschaftskonten und die rechtzeitige Information der Bank sind entscheidende Schritte. Konsultieren Sie einen Experten, um sicherzustellen, dass Ihre Regelungen den thailändischen Gesetzen entsprechen und Ihre Angehörigen im Ernstfall abgesichert sind.

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