BANGKOK – Die Familie Shinawatra steht erneut im Zentrum einer politischen und juristischen Kontroverse: Nach ihrem Bruder Thaksin muss nun auch die ehemalige thailändische Premierministerin Yingluck Shinawatra eine milliardenschwere Entschädigung zahlen. Am 22. Mai 2025 bestätigte das Oberste Verwaltungsgericht ein Urteil, das Yingluck zur Zahlung von 10,028 Milliarden Baht (ca. 253 Millionen Euro) verpflichtet – eine historische Entscheidung mit weitreichenden Folgen.
Das umstrittene Reis-Subventionsprogramm
Der Fall geht auf Yinglucks Amtszeit zurück, als ihre Regierung zwischen 2012 und 2014 ein großangelegtes Reisankaufprogramm durchführte. Ziel war es, thailändischen Bauern höhere Preise zu garantieren. Doch das Projekt geriet außer Kontrolle: Durch Korruption, Fehlplanung und intransparente Exportdeals entstanden dem Staat Verluste in Höhe von über 170 Milliarden Baht.
Das Gericht befand, dass Yingluck zwar nicht direkt für die gesamte Summe haftbar sei, aber grob fahrlässig handelte, als sie die G2G-Reisexporte (Staatsgeschäfte) nicht ausreichend überwachte. Die Richter sahen in diesen Deals einen Schaden von 20 Milliarden Baht – davon muss sie nun 50% tragen.
Was passiert, wenn Yingluck nicht zahlt?
Das Urteil ist endgültig. Das Finanzministerium wird Yingluck offiziell auffordern, die Summe zu begleichen. Falls sie nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert, kann der Staat ihre Vermögenswerte beschlagnahmen – ein Schicksal, das bereits ihren Bruder Thaksin traf.
Thailands Geschichte der beschlagnahmten Vermögen
Yingluck ist erst die vierte Premierministerin in der thailändischen Geschichte, deren Vermögen vom Staat eingezogen wird:
- Feldmarschall Sarit Thanarat (1963) – Sein Vermögen wurde posthum wegen unerklärter Reichtümer beschlagnahmt.
- Feldmarschall Thanom Kittikachorn (1974) – Nach einem Militärputsch wurden 434 Millionen Baht eingezogen.
- Thaksin Shinawatra (2010) – Der Supreme Court ordnete die Beschlagnahme von 46,37 Milliarden Baht an, da er seine Macht als Premier genutzt hatte, um seine Firma Shin Corp zu bereichern.
Thaksins milliardenschwerer Fall: Der Shin-Corp-Skandal
Thaksins Fall war noch spektakulärer: Das Gericht befand, dass er und seine damalige Ehefrau Potjaman durch undurchsichtige Finanzkonstrukte über 76 Milliarden Baht unrechtmäßig angehäuft hatten.
- Promissory Notes (Schuldscheine) ohne Zinsen: Familienmitglieder wie Yingluck, Thaksins Kinder und sein Schwager kauften Shin-Corp-Aktien mit wertlosen Schuldscheinen – die später durch Dividenden „beglichen“ wurden.
- Briefkastenfirmen: Thaksin nutzte die Ample Rich Investments (Britisches Jungferninseln), um Aktien zu verschleiern.
- Verkauf an Singapurs Temasek: 2006 wurde Shin Corp für 73 Milliarden Baht an den singapurischen Staatsfonds verkauft – ein politischer Eklat.
Das Gericht beschlagnahmte schließlich 46,37 Milliarden Baht – die größte je in Thailand eingezogene Summe.
Was unterscheidet Yinglucks Fall von Thaksins Schicksal?
Während Thaksin in einem Strafverfahren wegen Korruption verurteilt wurde, handelt es sich bei Yingluck um eine zivilrechtliche Haftung. Sie muss nicht ins Gefängnis, aber ihr Vermögen ist in Gefahr.
Wird es weitere Beschlagnahmungen geben?
Die Shinawatras bleiben eine der mächtigsten Familien Thailands – doch ihre politischen Gegner warten nur auf weitere Fehler. Die Frage ist: Wer wird als nächster auf der Liste stehen?