Ich bin 68 Jahre alt, gebürtig aus Nürnberg, pensionierter Berufsschullehrer und lebe seit elf Jahren in einem kleinen Ort zwischen Chiang Mai und Lampang in Thailand. Die Reisfelder vor meiner Tür und die Ruhe des Morgens geben mir Zeit zum Nachdenken, besonders über Themen wie einen Artikel über den Frankfurter, der sich in eine junge Frau aus Buriram verliebt hat und nun vor der Entscheidung steht, ihre Freiheit zu erkaufen. Dieser Fall hat mich tief berührt, denn er wirft Fragen auf, die das Herz und den Verstand gleichermaßen fordern. Ist es Liebe? Ein Geschäft? Oder ein moralisches Dilemma, das tiefer geht?
Der Frankfurter, so lese ich, ist ein Mann in den besten Jahren, der in einer Bar in Thailand einer 26-jährigen Frau begegnet ist. Ihr Lächeln, ihre Geschichte und vielleicht ihre Jugend haben ihn gefesselt. Nun steht er vor einer Situation, die für viele Ausländer hier vertraut klingt, die junge Frau ist an eine Bar gebunden, mit Schulden in Höhe von 1,5 Millionen Baht, und ein sogenannter Freikauf von 50.000 Baht könnte sie aus dieser Abhängigkeit lösen. Dazu kommt ein Kind, das bei Verwandten lebt, während die Mutter in der Bar arbeitet, um zu überleben. Diese Details lassen mich nicht los, denn sie zeichnen ein Bild von Hoffnung, Verzweiflung und der Suche nach einem Ausweg, für beide Seiten.
Was mich an diesem Fall besonders beschäftigt, ist die Frage, was den Frankfurter antreibt. Ist es die romantische Vorstellung, eine junge Frau zu retten? Die Sehnsucht nach Nähe und Zuneigung, die in einer Bar so leicht versprochen wird? Oder ist es das Mitgefühl für eine Mutter, die für ihr Kind kämpft? Ich verstehe diese Gefühle. Viele Männer, die nach Thailand kommen, suchen nicht nur Liebe, sondern auch Sinn, die Chance jemandem zu helfen, etwas zu verändern. Doch der Fall des Frankfurters zeigt, wie schnell solche Gefühle in ein Netz aus Abhängigkeit und Illusionen führen können.
Die Summe von 50.000 Baht klingt überschaubar, aber sie ist nur der Anfang. 1,5 Millionen Baht Schulden sind eine Bürde, die nicht allein durch Liebe getilgt wird. Die Bar, die diese Schulden auferlegt, ist Teil eines Systems, das Frauen wie Leibeigene hält und Männer wie den Frankfurter in eine Rolle drängt, die sie oft nicht durchschauen. Ist der Freikauf wirklich eine Befreiung? Oder bindet er die Frau nur an einen neuen Retter, der nun erwartet, dass sie ihm dankbar ist, vielleicht sogar mit Liebe? Diese Dynamik ist tückisch, denn sie vermischt echte Gefühle mit unausgesprochenen Erwartungen.
Ich erinnere mich an eine ähnliche Geschichte aus Pattaya. Ein Bekannter, ein älterer Schwede verliebte sich in eine Bardame, zahlte ihre Schulden und eröffnete ihr ein kleines Café. Er glaubte, ihr ein neues Leben zu schenken. Drei Monate später war sie verschwunden, mit seinem Geld. Ich habe nicht das Geld verloren sagte er, sondern die Illusion. Der Frankfurter steht vor einem ähnlichen Risiko. Nicht, weil alle Thai-Frauen betrügen das wäre ein ungerechtes Klischee. Sondern weil die Barszene ein Geschäft ist, in dem Gefühle oft nur Mittel zum Zweck sind. Die junge Frau mag ehrlich sein, ihre Not ist sicher real. Aber ihre Abhängigkeit von der Bar und vielleicht bald vom Frankfurter macht echte Gleichberechtigung in einer Beziehung schwer.
Besonders bewegt mich das Kind in dieser Geschichte. Eine Mutter, die ihr Kind zurücklässt, um in einer Bar zu arbeiten, trägt eine Last, die schwer zu ermessen ist. Wenn der Frankfurter ihr helfen möchte, damit sie zu ihrem Kind zurückkehren kann, verdient er Respekt. Doch echte Hilfe bedeutet, Unabhängigkeit zu schaffen, nicht eine neue Abhängigkeit zu schaffen, in der die Frau ihm schuldet. Hier liegt die moralische Herausforderung. Kann er helfen, ohne zu erwarten, dass sie ihm gehört? Kann er akzeptieren, dass sie vielleicht nicht die Liebe empfindet, die er sich erhofft?
Meine eigene Geschichte ist anders. Meine Frau, mit der ich seit acht Jahren verheiratet bin, kommt aus einfachen Verhältnissen, aber wir lernten uns nicht in einer Bar kennen. Unsere Beziehung wuchs aus Zeit, Vertrauen und gegenseitigem Respekt, nicht aus Geld oder Deals. Doch ich kenne Männer wie den Frankfurter, die in Bars nach Liebe suchen. Manche finden sie. Viele bezahlen dafür mit Geld, mit Enttäuschung, manchmal mit beidem.
Mein Rat an den Frankfurter wäre, sei vorsichtig. Prüfe deine Motive. Willst du helfen, oder willst du geliebt werden? Wenn du hilfst, tue es ohne Erwartungen. Sprich offen mit der Frau über ihre Schulden, ihre Pläne, ihr Kind. Und vor allem, lerne das Land und seine Realitäten kennen. Thailand ist voller Schönheit, aber auch voller Geschichten, in denen nicht alles, was lächelt, ehrlich ist und nicht alles, was ehrlich ist, lächelt.
Ich wünsche dem Frankfurter, dass er einen Weg findet, für sich, für die junge Frau und vor allem für ihr Kind. Doch er sollte wissen, in diesem Land wie überall, ist Liebe kein Kaufvertrag. Und Hilfe ist nur dann echt, wenn sie frei macht.
Mit freundlichen Grüßen,
Herrmann M.
(Chiang Mai, Thailand – seit 2014 im Ruhestand, verheiratet, drei Stiefenkel)
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Schon wieder so eine kruselige Geschichte.
Wenn er einem Kind helfen will, sollte er in eines der vielen Waisenhäuser gehen und dort sein Geld investieren. Dort wird Hilfe fast immer benötigt. Für den Anfang 500 kg Reis, 30 Liter Öl, Zucker, Fisch- und Austernsosse, kleine Geschenke für die Kinder. Dort wird ihm von den Kindern unverhohlene Freude entgegengebracht, und Dankbarkeit von den Betreurinnen.
Das hat ein Freund von mir gemacht und hat dort seine jetzige Frau kennengelernt.
Das würde dem Frankfurter bestimmt eine ruhigere Zukunft bringen als ein Barmädchen.