Rechtliche Einblicke zur Sexindustrie

people gathering in Time Square, New York
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Die Sexindustrie Thailands, insbesondere in Touristenregionen wie Go-Go-Bars, ist von einem komplexen rechtlichen und sozialen Rahmen geprägt. Dieser Artikel bietet eine umfassende, gesetzeskonforme Übersicht zur Lage (Stand August 2025), die sich auf die gesetzlichen Regelungen, wirtschaftlichen Aspekte und Unterstützungssysteme für Sexarbeiter konzentriert.

Rechtlicher Rahmen der Sexarbeit

Wichtige Gesetze

Thailands Rechtssystem regelt die Sexarbeit streng, wobei die Durchsetzung von gesellschaftlichen Realitäten beeinflusst wird:

  • Gesetz zur Verhinderung und Unterdrückung von Prostitution (1996): Verbot öffentlicher Anpreisung und des Betriebs von Prostitutionsstätten. Verstöße können mit Geldstrafen oder Haft geahndet werden.
  • Strafgesetzbuch, §286: Das Leben von den Einnahmen einer Sexarbeiterin kann mit 7–20 Jahren Haft und Geldstrafen von 14.000–40.000 Baht bestraft werden, in schweren Fällen droht lebenslange Haft.
  • Gesetz über Unterhaltungsstätten (1966): Betreiber von Lokalen mit prostitutionstypischen Aktivitäten sind verantwortlich und können bestraft werden. Rehabilitationsmaßnahmen sind möglich.
  • Gesetz gegen Menschenhandel: Strenge Strafen für Menschenhandel, insbesondere bei Minderjährigen oder Zwang.

Aktuelle Entwicklungen

In Thailand liegt ein Gesetzentwurf aus 2023 („Sex Workers Protection Bill“) vor, zum Schutz von Sexarbeiterinnen vor, der Sexarbeit entkriminalisieren und regulieren soll. Ziel ist es, rechtlichen Schutz zu gewährleisten und Ausbeutung zu reduzieren. Sollte der Gesetzentwurf verabschiedet werden, müssten Unternehmen, die Sexdienstleistungen anbieten, Lizenzen erwerben, was die Sicherheit der Arbeitnehmer und die Arbeitsbedingungen verbessern könnte.

Durchsetzung und Realität

Obwohl Sexarbeit technisch illegal ist, wird die Durchsetzung in Touristenregionen wie Bangkok und Pattaya oft nachsichtig gehandhabt. Sexarbeiter*innen haben bei Übergriffen oder Ausbeutung jedoch nur eingeschränkten Zugang zum Rechtssystem.

Go-Go-Bars: Funktionsweise und Wirtschaft

Bar-Fine-System

In Go-Go-Bars zahlen Kund*innen eine „Bar-Fine“ (ca. 500–1.000 Baht, in gehobenen Etablissements mehr), um eine Sexarbeiterin für private Zeit freizustellen. Diese Gebühr kompensiert das Lokal für die Abwesenheit der Arbeitskraft.

Lady Drinks

Sexarbeiterinnen müssen oft eine bestimmte Anzahl an „Lady Drinks“ verkaufen, wobei die Bars einen Teil der Einnahmen einbehalten. Dieses System fördert die Interaktion mit Kundinnen und trägt wesentlich zu den Einnahmen der Bars bei.

Arbeitsbedingungen

Viele Sexarbeiter*innen arbeiten auf Kurzzeitverträgen (z. B. 10-Tage-Verträge). Bei Nichterscheinen drohen Geldstrafen, die teilweise mit Trinkgutschriften verrechnet werden können.

Einkommensschätzungen

  • Durchschnittseinkommen: Ca. 30.000 Baht/Monat (~790 EURO).
  • Spitzenverdienste: Bis zu 100.000 Baht/Monat (~2.600 EURO) in exklusiven Lokalen.
  • Pro Dienstleistung: Kurzzeitdienste bringen meist 1.500–4.000 Baht, abhängig von verschiedenen Faktoren.

Umfang und wirtschaftliche Bedeutung

Größe der Branche

Schätzungen zufolge gibt es landesweit 100.000–300.000 Sexarbeiter*innen, davon etwa 27.000 in Pattayas Walking Street.

Wirtschaftlicher Beitrag

Die Sexindustrie ist ein bedeutender, wenn auch informeller Wirtschaftsfaktor:

  • Jährlicher Umsatz: Geschätzte 6,4 Milliarden USD.
  • Anteil am BIP: Studien schätzen 10–14 %.

Gesundheits- und Sicherheitsrisiken

  • HIV-Prävalenz: Ca. 3 % bei weiblichen und 12 % bei männlichen Sexarbeiter*innen.
  • Gewalt und Diskriminierung: Etwa 50 % berichten von Gewalterfahrungen, 70 % von Diskriminierung im Gesundheitswesen.
  • Sichere Praktiken: Rund 90 % der Sexarbeiter geben an, regelmäßig Kondome zu verwenden, unterstützt durch Gesundheitsprogramme.

Unterstützung und Interessenvertretung

EMPOWER Foundation

Die seit 1984 aktive Organisation EMPOWER bietet Bildungs-, Gesundheits- und Rechtsprogramme für Sexarbeiter*innen. Ihr Projekt „Can Do Bar“ schafft ein vorbildliches Arbeitsumfeld.

Gesundheitsinitiativen

Organisationen wie SWING bieten spezielle Gesundheitsdienste, insbesondere für LGBTQ+ Sexarbeiter, in Städten wie Bangkok und Pattaya.

Die Sexindustrie Thailands bewegt sich in einem rechtlich komplexen Umfeld, geprägt von strengen Gesetzen und selektiver Durchsetzung. Sexarbeiter stehen vor wirtschaftlichen Chancen, aber auch erheblichen Risiken, darunter gesundheitliche Gefahren und eingeschränkte rechtliche Absicherung. Organisationen wie EMPOWER setzen sich für bessere Arbeitsbedingungen und Entkriminalisierung ein, während Gesetzesreformen wie der Sex Workers Protection Bill weiterhin diskutiert werden. Dieser Sektor zeigt die Notwendigkeit ausgewogener Regelungen, die die Sicherheit und Rechte der Betroffenen in den Vordergrund stellen.

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