Kein Klassenzimmer ist mehr sicher

Kein Klassenzimmer ist mehr sicher
UNICEF Thailand/2025/ Arnun Chonmahatrakool

BANGKOK, THAILAND – Neue Überschwemmungen und eine aktuelle Studie haben das Ausmaß der Klimarisiken für Thailands Schulsystem offengelegt. Viele Einrichtungen waren von extremen Wetterereignissen betroffen – oft ohne ausreichende Unterstützung oder Vorbereitung.

Flut-Schäden an Schulen in mehreren Provinzen

In zahlreichen Bezirken der Provinz Ayutthaya und weiteren Teilen Thailands hatten anhaltende Regenfälle und schwere Überschwemmungen den Unterricht gestört und Schulgebäude beschädigt. Betroffen waren dabei auch Infrastruktur und grundlegende Dienstleistungen vor Ort.

Die jüngsten Ereignisse reihten sich in eine Serie von Extremwetterlagen der vergangenen Jahre ein. Schon 2024 hatte der durch Taifun Yagi ausgelöste Starkregen den Unterricht für mehr als 19.000 Schülerinnen und Schüler an 555 Schulen im Norden Thailands unterbrochen, Lehrkräfte mussten auf Online-Unterricht und Lernpakete für zu Hause ausweichen.

UNICEF-NIDA-Umfrage zeigt landesweite Betroffenheit

Zwischen Juli und August 2025 führte das National Institute of Development Administration (NIDA) mit Unterstützung von UNICEF eine umfassende Umfrage unter 329 öffentlichen Schulen durch, darunter 14 Schulen für Kinder mit Behinderungen. Erfasst wurden Einrichtungen in 14 Provinzen, die in den vergangenen drei Jahren besonders stark von Extremwetter betroffen waren, darunter Chiang Rai, Chiang Mai, Nakhon Ratchasima, Yala und Narathiwat.

Das zentrale Ergebnis: Jede der befragten Schulen meldete in den letzten drei Jahren mindestens ein extremes Wetterereignis. Als schwerwiegendste Gefahren nannten die Leitungen starken Regen, Stürme und Überschwemmungen.

Versorgungsengpässe, Gesundheitsrisiken und Schäden

Die Auswirkungen reichten weit über kurzfristige Unterrichtsausfälle hinaus. Rund drei von vier Schulen berichteten von Störungen bei grundlegenden Versorgungsleistungen wie:

Sicheres Trinkwasser

Toiletten und sanitäre Anlagen

Sauberes Essen in der Schulkantine

Transportmöglichkeiten zur Schule

Mehr als die Hälfte (55 Prozent) meldete Gesundheitsprobleme bei Schülerinnen und Schülern, darunter hitzebedingte Erkrankungen, von Mücken übertragene Krankheiten wie Dengue-Fieber, wasserbedingte Krankheiten wie Durchfall, Atemwegserkrankungen, Mangelernährung und psychische Belastungen.

Nahezu die Hälfte (46 Prozent) der Schulen verzeichnete Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Gleichzeitig gab etwa jede zweite Schule an, nach Extremwetterereignissen nie Unterstützung erhalten zu haben.

Unterstützung oft nur als Warnmeldung

Unter den Schulen, die Hilfe erhielten, beschränkte sich diese häufig auf begrenzte Maßnahmen. Laut Umfrage wurden vor allem angeboten:

Frühwarnmeldungen vor drohendem Unwetter (41 Prozent)

Katastrophenschutz-Trainings (35 Prozent)

Akute Nothilfe wie Hilfsgüter (34 Prozent)

Von umfassender, langfristiger Anpassung konnte nach Einschätzung der Befragten vielerorts keine Rede sein. Die Einrichtungen sahen sich daher weiter erheblichen Risiken ausgesetzt.

„Recht auf Bildung zunehmend bedroht“

Severine Leonardi, stellvertretende Leiterin von UNICEF Thailand, bewertete die Zahlen mit deutlichen Worten. „Die Daten zeichnen ein klares Bild und zeigen, dass das Recht jedes Kindes auf Bildung durch die Klimakrise zunehmend bedroht ist“, sagte sie.

Sie mahnte ein schnelleres Handeln an: „Die Klimakrise wartet nicht, wir müssen mit Dringlichkeit handeln. Schulen brauchen Wissen, Infrastruktur und Ressourcen, damit Kinder auch bei Überschwemmungen oder Hitzewellen sicher lernen können. Die Kosten des Nichtstuns werden in verlorener Bildung und verlorenen Chancen gemessen.“

Kein Klassenzimmer ist mehr sicher
UNICEF Thailand/2025/ Arnun Chonmahatrakool

Schulen erwarten mehr Überschwemmungen und Hitzewellen

Die Befragung zeigte, dass die Verantwortlichen sich der wachsenden Risiken bewusst waren. Zwei Drittel der Schulen rechneten in den kommenden Jahren mit heftigeren Regenfällen und mehr Überschwemmungen, über die Hälfte (54 Prozent) erwartete stärkere Hitzewellen.

Als größte Sorge nannten die Schulen die Gesundheit der Kinder – von Erkrankungen und Verletzungen bis hin zu möglichen Todesfällen infolge extremer Wetterlagen.

Vorbereitetheit nur „mittelmäßig“ – großer Trainingsbedarf

Beim eigenen Stand der Vorbereitung stellten sich die Schulen ein eher ernüchterndes Zeugnis aus: 53 Prozent bewerteten ihre Katastrophen- und Klimavorsorge lediglich als „mittel“.

Als dringendste Bedarfe wurden benannt:

Trainings und Lernangebote für Schülerinnen und Schüler zu Klimawandel und Anpassung

Fortbildungen für Lehrkräfte zu Klimaresilienz und Notfallmanagement

Zuverlässige und zeitnahe Frühwarninformationen bei Extremwetter

Zwar hatten fast alle Schulen Themen des Klimawandels in den Unterricht integriert, doch über 80 Prozent der Lehrkräfte gaben an, nie eine formelle Ausbildung in Klimabildung oder im Umgang mit Extremwetter erhalten zu haben. Viele griffen auf Selbststudium zurück. Das Wissen der Kinder über den Klimawandel wurde insgesamt als niedrig bis mittel eingeschätzt.

Zusätzliche Hürden für Kinder mit Behinderungen

Besonders hoch war der Unterstützungsbedarf bei Schulen für Kinder mit Behinderungen. Diese Einrichtungen meldeten verstärkten Bedarf an:

• Speziellen Lehrkräfte-Trainings

Modernen Lernmaterialien und technischer Ausstattung

• Ausreichender Finanzierung für klima- und sicherheitsrelevante Bildungsangebote

Damit waren gerade jene Kinder besonders gefährdet, die ohnehin auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sind.

Thailand zählt zu den am stärksten betroffenen Ländern

Die Studie ordnete die Situation im globalen Kontext ein. Laut Global Climate Risk Index 2025 liegt Thailand auf Rang 30 der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder.

Eine weltweite Analyse von UNICEF aus dem Jahr 2021 sah Thailand auf Platz 50 von 163 Ländern, in denen Kinder besonders stark von Klimafolgen bedroht sind. Der Bericht „Over the Tipping Point“ von 2023 schätzte zudem, dass 10,8 Millionen Kinder in Thailand einem hohen Risiko durch Überschwemmungen und Wasserknappheit ausgesetzt sind.

UNICEF fordert Investitionen in klimaresiliente Bildung

Leonardi betonte, Schulen stünden im Zentrum der Klimafolgen. „Schulen stehen an vorderster Front der Klimakrise“, sagte sie. „Wir müssen jetzt in den Ausbau ihrer Anpassungsfähigkeit investieren und sicherstellen, dass jedes Kind – auch in überschwemmungsgefährdeten und abgelegenen Gebieten – sicher weiterlernen kann. Die Vorbereitung der Schulen und des gesamten Bildungssystems auf das sich wandelnde Klima ist keine Option, sie ist unerlässlich für die Zukunft jedes Kindes.“

Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet UNICEF mit dem Bildungsministerium, dem Department of Climate Change and Environment und weiteren Partnern an der Umsetzung von „Climate Smart Education“. Schulen im ganzen Land sollen dadurch sicherer, widerstandsfähiger und inklusiver werden.

Fotos: UNICEF Thailand/2025/ Arnun Chonmahatrakool

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Quelle: The Pattaya News