5 Jahre länger! Arbeiten bis zur Rente

5 Jahre länger! Arbeiten bis zur Rente
ThaiPBS

BANGKOK, THAILAND Die thailändische Regierung hat eine mögliche Anhebung des Pensionsalters für Beamte von 60 auf 65 Jahre in Aussicht gestellt. Ziel ist es, dem wachsenden Arbeitskräftemangel infolge der sinkenden Geburtenrate zu begegnen. Doch das Vorhaben sorgt für intensive Debatten im Land.

Regierung prüft fünf Jahre längeres Arbeiten

Nach Angaben von Vizepremierminister Borwornsak Uwanno läuft derzeit eine umfassende Studie der Civil Service Commission in Zusammenarbeit mit dem Comptroller-General’s Department und dem National Economic and Social Development Council. „Der Premierminister möchte das Thema noch während der Amtszeit dieser Regierung entscheiden,“ erklärte Borwornsak.

Die Untersuchung müsse daher in den kommenden Monaten abgeschlossen werden, denn Premierminister Anutin Charnvirakul hatte angekündigt, das Parlament spätestens bis Ende Januar aufzulösen. Sollte die Regelung kommen, beträfe sie Hunderttausende Beamte im gesamten Land – ausgenommen wäre die Polizei.

Einige Behörden erlauben heute schon verlängerte Dienstzeiten. So dürfen Richter und Staatsanwälte bis zum 70. Lebensjahr im Amt bleiben, Universitätsdozenten bis 65.

Argumente zwischen Haushaltsdisziplin und Generationengerechtigkeit

Befürworter der Reform verweisen auf die zunehmende Lebenserwartung und auf die Belastung der Staatsfinanzen. „Eine höhere Altersgrenze würde die Pensionsausgaben senken,“ sagte Borwornsak. Derzeit erhalten Pensionäre eine monatliche Zahlung von bis zu 70 % ihres letzten Gehalts oder wahlweise eine einmalige Abfindung.

Noch vor wenigen Jahrzehnten lag die durchschnittliche Rentenbezugszeit bei rund zehn Jahren, heute sind es etwa zwanzig – dank besserer medizinischer Versorgung.

Kritiker warnen dagegen, dass längeres Arbeiten die Gehaltskosten im öffentlichen Dienst eher steigen lasse und der jüngeren Generation Aufstiegschancen nehme. Zudem zweifeln einige Fachleute daran, dass ältere Beschäftigte die Effizienz des Staates verbessern könnten.

Forscher mahnen zur Vorsicht

Das Thailand Development Research Institute (TDRI) rät zu einer sorgfältigen Abwägung. Senior Fellow Nonarit Bisonyabut erklärte, „Eine Anhebung könnte das Gleichgewicht des Arbeitsmarkts stören.“

In Thailand werde in vier großen Sektoren gearbeitet: Landwirtschaft, öffentlicher Dienst, formeller Privatsektor und informeller Sektor. Während Privatunternehmen auf Frühverrentung setzten, arbeiteten Menschen in der Landwirtschaft oder im informellen Bereich meist weit über das 60. Lebensjahr hinaus – bis die körperliche Kraft erschöpft sei.

Viele Beamte dagegen hätten keine Motivation, nach 60 noch weiterzuarbeiten. Lehrer etwa erhielten bereits ab diesem Alter Pensionen von 45 000 bis 50 000 Baht monatlich – ein Einkommen, das ihnen einen komfortablen Ruhestand ermögliche.

Nonarit betonte: „Wenn die Altersgrenze steigt, könnte der Arbeitsmarkt bald von älteren Beschäftigten dominiert werden, während Jüngere kaum nachrücken können.“

Gesellschaft im Umbruch

Thailand gilt seit 2023 offiziell als alternde Gesellschaft – mehr als ein Fünftel der Bevölkerung ist über 60 Jahre alt. Prognosen zufolge wird bereits im nächsten Jahrzehnt jeder Dritte zur Seniorengruppe gehören.

Der Rückgang der Erwerbsbevölkerung löst zunehmende Sorge über die langfristige Stabilität des Sozial- und Gesundheitssystems aus.

Blick ins Ausland

Ein internationaler Vergleich zeigt unterschiedliche Ansätze: Schweden und die Niederlande haben das Rentenalter auf 67 Jahre angehoben, Großbritannien plant bis 2046 eine Erhöhung auf 68, Slowakei liegt bereits bei 69, und Italien sowie Estland prüfen eine Grenze von 71 Jahren.

Finnland verknüpft das Pensionsalter flexibel mit der Lebenserwartung.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Pungpond Rukumnuaykit von der Chulalongkorn University betonte jedoch, dass kein Entwicklungsland bislang das Rentenalter im öffentlichen Dienst angehoben habe. „Thailand muss nicht automatisch dem Trend wohlhabender Nationen folgen,“ erklärte sie.

Sie wies darauf hin, dass die hohe Nachfrage nach Beamtenstellen eine angebliche Arbeitskräfteknappheit ohnehin widerlege. Das Argument geringerer Staatsausgaben halte sie für irreführend, da längere Beschäftigungszeiten automatisch höhere Löhne bedeuteten. Zudem nehme die Produktivität ab dem 50. Lebensjahr meist ab. „Wenn Beamte bis 65 oder 70 arbeiten, bleibt Thailand dann noch wettbewerbsfähig?“ fragte sie.

„Unvermeidlich – aber mit Planung“

Auch Kevalin Wangpichayasuk, stellvertretende Geschäftsführerin der Kasikorn Research (KResearch), rät zu langfristiger Vorbereitung. „Wir müssen uns darauf einstellen. Die Anhebung sollte schrittweise erfolgen und nur mit gründlicher Planung,“ sagte sie.

Die Expertin sieht die Maßnahme als unumgänglich, fordert aber parallele Reformen:

• Investitionen in Bildung und Humankapital

• stärkere Prävention im Gesundheitswesen

• eine effizientere öffentliche Verwaltung

Laut Weltbank stagniert die Effizienz der thailändischen Behörden seit rund 30 Jahren und liegt weiterhin nur im 60. Perzentil aller bewerteten Staaten – mehr als 40 % der Regierungen weltweit arbeiten effektiver.

Die Debatte über das Rentenalter dürfte daher nicht nur eine technische Reformfrage bleiben, sondern zur Nagelprobe für den Umgang Thailands mit einem tiefgreifenden demografischen Wandel werden.

💬 WAS MEINST DU DAZU?

👴📉 Arbeiten bis 65 – sinnvoll oder unfair?
Die Regierung sagt: Thailand altert, also müssen Beamte länger arbeiten. Kritiker warnen dagegen vor weniger Chancen für junge Menschen – und höheren Staatskosten.

🤔💬 Was glaubst du: notwendige Reform oder politischer Blindflug? Schreib’s in die Kommentare!

Newsletter abonnieren

Newsletter auswählen:
Abonnieren Sie den täglichen Newsletter des Wochenblitz und erhalten Sie jeden Tag aktuelle Nachrichten und exklusive Inhalte direkt in Ihr Postfach.

Wir schützen Ihre Daten gemäß DSGVO. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.
Quelle: ThaiPBS

2 Kommentare zu „5 Jahre länger! Arbeiten bis zur Rente

  1. die Begründungen gegen eine längere Lebensarbeitszeit mutet schon etwas seltsam an. Wenn die Produktivität bei Beamten schon ab 50 nachlässt, da stimmt doch irgend etwas im Arbeitsumfeld nicht! Gerade die Beamten können doch locker weit über das 60. Lebensjahr hinaus arbeiten, da sie keinen besonderen körperlichen oder gesundheitsschädigenden Belastungen ausgesetzt sind. Klar gibts Zulauf für die Beamten Planstellen , das ist wohl einer der bequemsten Jobs überhaupt und die Pension ist prima. Aber, insgesamt gesehen wird die Demographie dafür sorgen, das wenn es immer weniger junge Arbeitnehmer gibt die Älteren zwangsläufig stufenweise etwas länger arbeiten müssen. Der Staat wird sich freuen, wenn er Pensionen nicht 20 Jahre sondern nur 15,16, 17 Jahre lang bezahlen muß! Bei den Berufen in der Landwirtschaft , im Bau usw. geht es doch auch, wohl weil da keine Pension zu erwarten ist. Da macht sich jeder selbst Druck, so lange es geht für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Ich denke, das sich Thailand nicht von dem Zwang länger zu arbeiten abkoppeln kann, da sorgt schon die Demographie und die erhöhte Lebenserwartung dafür.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert