Thailand will Land für 99 Jahre verpachten – Investoren im Visier!

wb-sk-20250723-220211
The Nation

Regierung plant 99-jährige Landpacht zur Ankurbelung der Wirtschaft

Die thailändische Regierung will das sogenannte Leasehold Asset Act grundlegend reformieren. Der zentrale Punkt: Statt wie bisher 30 Jahre sollen künftig bis zu 99 Jahre Landpacht möglich sein – ein Schritt, der gezielt auf internationale Investoren und hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zielt. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in der öffentlichen Konsultation und soll bis 2025 durch das Parlament verabschiedet werden.

Neuer Anlauf unter Führung der Pheu-Thai-Partei

Obwohl die Idee bereits unter dem früheren Premierminister Srettha Thavisin diskutiert wurde, erfährt das Vorhaben nun neue Dynamik unter der Führung von Premierministerin Paetongtarn Shinawatra. Durch die Übernahme des Innenministeriums durch die Pheu-Thai-Partei nach der jüngsten Kabinettsumbildung wurden die Weichen neu gestellt.

Das Innenministerium koordiniert die Gesetzesinitiative, während das Finanzministerium deren wirtschaftliche Auswirkungen prüft. Ziel ist, durch verlängerte Pachtverträge Investitionsanreize zu schaffen – insbesondere für Ausländer, die langfristig in Thailand leben und investieren möchten.

Zeitplan: Bis Ende 2025 soll das Gesetz stehen

Laut der stellvertretenden Verkehrsministerin Manaporn Charoensri strebt die Regierung an, das Gesetz innerhalb der nächsten Monate dem Parlament vorzulegen. Der rechtliche Fahrplan sieht ein zügiges Verfahren vor:

– Vorlage im Parlament innerhalb von 14 Tagen nach Kabinettsbeschluss
– Erste Lesung in 1 bis 3 Tagen
– Prüfung durch ein Sonderkomitee in 30 bis 60 Tagen
– Zweite und dritte Lesung je 1 Tag
– Prüfung durch den Senat: maximal 60 Tage
– Vorlage zur königlichen Zustimmung innerhalb von 20 Tagen
– Veröffentlichung im Royal Gazette innerhalb von 30 Tagen

Damit könnte das Gesetz noch 2025 in Kraft treten – je nach Verlauf möglicherweise bereits innerhalb von drei bis vier Monaten nach parlamentarischer Behandlung.

Thaksins Vision: 99 Jahre als Wachstumsimpuls

Die Idee der verlängerten Pacht wurde zuletzt von Thaksin Shinawatra selbst bei einer Vorlesung öffentlich unterstützt. Der frühere Premier betonte die Notwendigkeit, gesetzliche Hürden abzubauen, um neue Investitionen und wirtschaftliche Impulse zu ermöglichen. Besonders Infrastrukturprojekte wie Landgewinnung zum Hochwasserschutz oder Solarfarmen auf staatlichem Agrarland könnten davon profitieren.

Ein Beispiel: 140.000 Rai Land könnten rund 40.000 Megawatt Strom erzeugen – gespeist durch ein 24-Stunden-Speichersystem. Im Verbund mit Stromtrassen bis nach Bangkok könnten so Energiepreise von drei Baht pro Einheit realisierbar werden. Für energieintensive Branchen wie Rechenzentren wäre dies ein erheblicher Standortvorteil.

Schutzmechanismen gegen Ausverkauf

Ziel des Gesetzes sei es ausdrücklich nicht, thailändisches Land an Ausländer zu verkaufen, betont die Regierung. Im Gegenteil: Es seien strikte Rückführungsmechanismen vorgesehen. Nach Ablauf der 99 Jahre fallen alle gepachteten Liegenschaften automatisch an den Staat zurück – inklusive Gebäude, Infrastruktur und Nutzungsvorteilen.

So sollen auch problematische Konstruktionen über Strohmänner oder Gesetzeslücken unterbunden werden. Bisher konnten sich Ausländer über Sondergesetze wie das BOI, das EEC-Gesetz oder das Industrial Estate Act Zugang zu Land verschaffen. Das neue Gesetz soll für Rechtsklarheit und Transparenz sorgen und zugleich illegale Praktiken eindämmen.

Immobilien, Bildung, Tourismus: Wer profitieren könnte

Die Erweiterung auf 99 Jahre würde nicht nur Luxusimmobilien oder Hotelprojekte begünstigen, sondern auch in Bereichen wie Bildung neue Optionen eröffnen. Beispielsweise könnten Eigentümer internationaler Schulen bei einem Betreiberwechsel einfacher Investoren aus dem Ausland ins Boot holen, wenn diese sich auf langfristige Rahmenbedingungen verlassen können.

Auch Projekte wie das „Housing for Thais“-Programm, das zentrale Wohnlagen für Geringverdiener erschwinglich machen will, setzen auf langfristige Investitionssicherheit. Die Regierung verfolgt damit auch ein wohnungspolitisches Ziel: BTS-Fahrpreise von maximal 20 Baht pro Linie und zentrales Wohnen für Menschen mit einem Einkommen ab 20.000 Baht monatlich.

Srettha: „Kein Ausverkauf des Landes“

Ex-Premier Srettha Thavisin verteidigte die Initiative gegenüber der Zeitung Krungthep Turakij. In vielen Ländern seien 99-jährige Pachtverträge üblich – in Großbritannien sogar bis zu 999 Jahre. Auch in Thailand bleibe der Besitz staatlich: Private Unternehmen müssten Liegenschaften zunächst an das Finanzministerium übertragen. Erst dann würden sie ins Pachtprogramm aufgenommen.

„Wer behauptet, hier würde Land verkauft, liegt falsch“, so Srettha. Ohne Übertragung ans Finanzministerium bleibt es beim 30-Jahres-Modell – und eine direkte Eigentumsübertragung an Ausländer ist ausgeschlossen. „Nach Ablauf der 99 Jahre gehen die Immobilien automatisch zurück an den Staat“, so seine Erklärung. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich um Wohnhäuser, Einkaufszentren oder Bürogebäude handele.

Kein Zugriff auf Agrarflächen

Landwirtschaftsflächen bleiben vom Gesetzesentwurf ausdrücklich ausgeschlossen. Zudem ist vorgesehen, dass bestimmte Flächenarten nicht in das Pachtprogramm aufgenommen werden dürfen – Details hierzu sind allerdings noch nicht finalisiert.

Auch Thais sollen vom Gesetz profitieren können, nicht nur internationale Investoren. Der Fokus liegt dennoch klar auf großvolumigen Entwicklungsprojekten, für die 30 Jahre schlicht zu kurz sind, um wirtschaftlich attraktiv zu sein.

Bevölkerungsrückgang als strategisches Risiko

Ein zentraler Beweggrund hinter der Gesetzesinitiative ist auch die demografische Entwicklung. Laut Srettha wird Thailands Bevölkerung in den kommenden 50 Jahren auf nur noch 37 Millionen Menschen schrumpfen. Schon jetzt weist das Land die zweitniedrigste Geburtenrate weltweit auf.

Um dem entgegenzuwirken, müsse Thailand attraktiver für internationale Fachkräfte und Investoren werden. „Nur mit einem sicheren, langfristigen Rechtsrahmen – etwa über 99 Jahre – werden hochqualifizierte Menschen bereit sein, in Thailand zu leben und zu arbeiten“, so Srettha.

Das Ziel sei daher nicht kurzfristiger Profit, sondern eine strukturelle Absicherung des Wirtschaftsstandorts. Die langfristige Verpachtung sei dabei ein Schlüssel, der staatliches Eigentum nicht schwäche, sondern im Gegenteil zur nationalen Vermögensbildung beiträgt.

Newsletter abonnieren

Newsletter auswählen:
Abonnieren Sie den täglichen Newsletter des Wochenblitz und erhalten Sie jeden Tag aktuelle Nachrichten und exklusive Inhalte direkt in Ihr Postfach.

Wir schützen Ihre Daten gemäß DSGVO. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.