Das steckt hinter dem weltweiten Hype um die Labubu-Figuren
Die Sammelfiguren des chinesischen Unternehmens Pop Mart verkaufen sich weltweit millionenfach. Vor allem die sogenannte Labubu-Serie ist zum Verkaufsschlager geworden. Hinter dem Erfolg steckt ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell – doch Experten warnen bereits vor dem Ende des Booms.
Sammlerfiguren aus China erobern die Welt
Die Figuren von Pop Mart wirken auf den ersten Blick wie Spielzeug: kleine Wesen mit großen Augen, spitzen Ohren und einer Mischung aus kindlichem und gruseligem Aussehen. Doch es handelt sich dabei längst nicht mehr nur um Artikel für Kinder. Labubu-Figuren werden heute von Erwachsenen gesammelt – und teilweise für mehrere Hundert Euro weiterverkauft.
Der Ursprung liegt in der chinesischen Jugendkultur. Dort haben sich Marken wie Pop Mart in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Anders als früher versuchen viele dieser Unternehmen nicht mehr, westliche Produkte zu kopieren, sondern setzen auf einen eigenen, selbstbewussten Stil. In China nennt man das „Guochao“ – ein Trend, bei dem chinesische Marken auf ihre kulturellen Wurzeln setzen.
Warum das Konzept so gut funktioniert
Pop Mart verkauft seine Figuren nicht offen im Ladenregal – sondern in sogenannten „Blindboxen“. Das bedeutet: Der Käufer weiß vorher nicht, welche Figur sich in der Schachtel befindet. Nur eine grobe Übersicht auf der Rückseite zeigt, welche Modelle möglich sind. Wer eine bestimmte Figur möchte, muss oft mehrere Boxen kaufen – mit Glück ist irgendwann das gewünschte Exemplar dabei.
Das hat zwei Folgen: Zum einen entsteht ein gewisser Spielreiz, vergleichbar mit einem Lotterielos. Zum anderen entsteht ein Sammeldruck – viele möchten ihre Sammlung vervollständigen, gerade wenn es sich um limitierte Figuren handelt. Dieses Prinzip sorgt dafür, dass viele Kunden mehr kaufen, als sie ursprünglich geplant hatten.
Vertrieb ohne Zwischenhändler – direkt an den Kunden
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Pop Mart verkauft seine Produkte direkt – entweder über eigene Geschäfte oder über den firmeneigenen Online-Shop. Es gibt keine Zwischenhändler. So spart das Unternehmen Kosten und erzielt deutlich höhere Gewinne pro verkaufter Figur.
In Zahlen ausgedrückt: Eine Blindbox kostet in China rund 14 US-Dollar, in Europa liegt der Preis zwischen 15 und 40 Euro – je nach Modell und Seltenheitsgrad. Besonders seltene Labubus wechseln auf Plattformen wie eBay sogar für mehrere Hundert Euro den Besitzer.
Laut der Investmentbank Morgan Stanley gehört Pop Mart inzwischen zu den am schnellsten wachsenden Marken weltweit. Der Börsenwert liegt inzwischen bei über 36 Milliarden Euro – vergleichbar mit traditionsreichen Konzernen wie Adidas.
Social Media als Werbemotor
Statt klassischer Werbung in Fernsehen oder Zeitungen setzt Pop Mart auf soziale Netzwerke. Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube sind zentrale Kanäle für die Verbreitung der Marke. Besonders wirksam: das sogenannte „Unboxing“ – dabei filmen Menschen, wie sie die Blindbox öffnen und zeigen, welche Figur enthalten ist.
Die Reichweite dieser Clips ist enorm. Als zum Beispiel die bekannte thailändische Sängerin Lisa von BLACKPINK ihre eigene Sammlung zeigte, stieg das Interesse rasant. Später zogen auch internationale Stars wie Rihanna und Dua Lipa nach – und machten Labubu endgültig zum weltweiten Trend.
Warum Menschen gerne Geld für Figuren ausgeben
Trotz steigender Preise, Inflation und unsicherer Wirtschaftslage geben viele Menschen Geld für Sammlerfiguren aus. Warum? Der Markensoziologe Oliver Errichiello erklärt: „Der Mensch ist kein rein vernünftiger Konsument. Gerade in unsicheren Zeiten möchten sich viele etwas gönnen – ein kleines, kontrolliertes Stück Luxus.“ Wer sich also eine 30- oder 40-Euro-Figur kauft, signalisiert sich selbst: Ich kann mir das leisten, und ich will mir das auch gönnen.
Sammeln ist dabei kein modernes Phänomen – es liegt in der Natur des Menschen. Gerade Männer im mittleren oder höheren Alter kennen dieses Gefühl gut: sei es bei Briefmarken, Modellautos oder Münzen. Das Bedürfnis nach Ordnung, Vollständigkeit und Besitz bleibt – auch wenn sich das Sammelobjekt verändert.
Risiken eines kurzlebigen Trends
Trotz des aktuellen Erfolgs gibt es warnende Stimmen. Denn Social-Media-Trends sind schnelllebig. Was heute „in“ ist, kann morgen schon vergessen sein. Plattformen wie TikTok leben davon, dass immer neue Inhalte erscheinen – das ist kaum mit langfristiger Markenbindung vereinbar.
Ein weiterer Punkt: Labubu-Figuren haben keine Hintergrundgeschichte. Es gibt keine Filme, Serien oder Comics dazu – wie etwa bei Disney oder Marvel. Die emotionale Bindung an die Figur entsteht also nur durch das Sammeln selbst – nicht durch eine Geschichte, die über Generationen weitergegeben wird.
Beeindruckende Zahlen, aber ungewisse Zukunft
Trotz dieser Einwände ist das Wachstum weiterhin enorm: Im ersten Quartal 2025 ist der Umsatz von Pop Mart in den USA um 900 Prozent gestiegen – in Europa immerhin um 600 Prozent. Laut Prognosen soll der Gesamtumsatz des Unternehmens bis 2027 auf sechs Milliarden US-Dollar anwachsen – das wäre ein Anstieg von 500 Prozent im Vergleich zu 2023.
Die Bruttomarge (also der Gewinn vor Steuern und Ausgaben) liegt laut Bloomberg bei rund 67 Prozent – ein extrem hoher Wert. Zum Vergleich: Der Spielzeughersteller Miniso liegt bei etwa 45 Prozent, der E-Auto-Produzent BYD bei 20 Prozent. In den USA sind laut Experten sogar Margen von bis zu 75 Prozent möglich.
Ein cleveres Geschäft – mit Ablaufdatum?
Pop Mart hat mit den Labubu-Figuren ein erstaunliches Phänomen geschaffen: ein hochprofitables Produkt, das über soziale Netzwerke und emotionales Konsumverhalten funktioniert. Doch wie lange der Trend noch anhält, ist unklar.
Für ältere Leser, die sich für moderne Geschäftsmodelle, asiatische Marken und neue Konsumtrends interessieren, ist das Beispiel Labubu ein faszinierender Einblick in die heutige Jugend- und Internetkultur – und ein eindrucksvolles Beispiel, wie Emotionen und Marketing zusammen enorme Gewinne erzeugen können.