Handel per Einschreiben – Trump kündigt Zoll-Offensive gegen zwölf Staaten an
Washington/New York – Der Ton wird rauer, die Geduld knapper, und der Präsident greift zum Briefpapier: Donald Trump hat nach eigenen Angaben ein Dutzend Briefe unterzeichnet, in denen den Empfängerländern die künftigen US-Zölle auf ihre Exporte mitgeteilt werden – „take it or leave it“, wie es in Washington heißt. Die Briefe sollen am Montag verschickt werden. Welche Länder konkret betroffen sind, wollte der Präsident zunächst nicht sagen. Klar ist jedoch: Die USA setzen auf Eskalation statt Verhandlung.
Dass ausgerechnet ein Feiertag die ursprünglich für Freitag geplante Aktion verzögert hat, passt ins Bild einer Administration, die Handelsdiplomatie zunehmend als Inszenierung versteht – und als Machtinstrument.
Trump hatte bereits im April eine generelle Basiszollrate von zehn Prozent angekündigt, verbunden mit der Drohung deutlich höherer Sätze für einzelne Länder – von bis zu 50 Prozent war damals die Rede. Seither war die Lage etwas zur Ruhe gekommen: Die US-Regierung hatte sämtliche Sonderzölle für 90 Tage ausgesetzt, um Raum für Verhandlungen zu schaffen. Diese Frist endet am 9. Juli.
Doch statt verhandelter Kompromisse wird nun offenbar das Diktat des Weißen Hauses per Post verschickt. Die Details der Briefe bleiben vorerst geheim. Präsident Trump sagte lediglich, es handele sich um „unterschiedliche Summen, unterschiedliche Zollsätze“ – und zwölf betroffene Staaten.
Ob auch Thailand darunter ist, das laut US-Dokumenten mit einem Zollsatz von 36 Prozent rechnen muss, ist derzeit unklar. Die thailändische Delegation unter der Leitung von Vizepremier Pichai Chunhavajira ist am Freitag ohne Ergebnis aus Washington zurückgekehrt. Man habe, so Pichai, zwar „wertvolle Einsichten“ gewonnen – doch ein konkreter Durchbruch blieb aus. Auch ein mögliches neues Treffen sei derzeit nicht terminiert. Eine Fristverlängerung für Thailand steht in den Sternen.
Das Ende des multilateralen Handelsmodells
Ursprünglich hatte Washington angekündigt, breite Verhandlungen mit Dutzenden Ländern aufzunehmen, um die Zollsätze neu zu regeln. Doch der Präsident hat offenbar die Lust an multilateralen Lösungen verloren. Gegenüber Reportern erklärte Trump, dass die Briefe „besser“ seien als Gespräche – und „viel einfacher“.
In den USA ist der Ton damit gesetzt: Statt komplexer Abkommen und langwieriger Verhandlungen geht es nun um Klartext – und um Fristen. Doch ob das Vorgehen Früchte trägt, ist ungewiss. Die bisherigen Verhandlungserfolge sind überschaubar.
Einzige konkrete Ergebnisse sind ein Teilabkommen mit Großbritannien, das im Mai erzielt wurde. London konnte die Basiszollrate von zehn Prozent halten und sich für Schlüsselindustrien wie die Automobilbranche und Flugzeugtriebwerke Sonderkonditionen sichern. Zudem gibt es ein Übereinkommen mit Vietnam, bei dem die USA ihre Zollforderung von 46 auf 20 Prozent reduzierten – im Gegenzug darf eine Vielzahl amerikanischer Produkte künftig zollfrei nach Vietnam exportiert werden.
Ein erwartetes Abkommen mit Indien hingegen ist geplatzt. Und auch die Gespräche mit der Europäischen Union sind ins Stocken geraten. Diplomaten in Brüssel deuteten an, man wolle nun wenigstens den Status quo retten – ein Durchbruch sei nicht mehr zu erwarten.
70 Prozent Zoll als Drohkulisse
Trump deutete am Freitag an, dass die Zölle sogar noch weiter steigen könnten – bis auf 70 Prozent. Die neuen Tarife sollen spätestens am 1. August in Kraft treten. Es handelt sich dabei um eine deutliche Abkehr von jahrzehntelanger US-Handelspolitik, die auf gegenseitigen Marktzugang und multilaterale Übereinkommen setzte. Doch diese Ära scheint – zumindest unter Trump – vorerst vorbei.
Beobachter warnen vor den globalen Auswirkungen dieser Strategie. Die Unsicherheit an den Märkten wächst, Investitionen werden zurückgehalten, Lieferketten geraten unter Druck. Vor allem aber für kleinere Exportnationen wie Thailand wird die Lage unübersichtlich. Ohne Sonderabkommen oder Fristverlängerung drohen empfindliche Einschnitte im Außenhandel – und mit ihnen möglicherweise auch innenpolitische Turbulenzen.
Der Präsident der Vereinigten Staaten setzt derweil auf ein anderes Prinzip: Ultimatum statt Konsens, Brief statt Vertrag. Wie lange sich diese Strategie durchhalten lässt – und zu welchen Preis – wird sich zeigen. Die Post geht am Montag jedenfalls raus.