Wenn das Menü verschwindet
Es ist ein schwüler Nachmittag in Bangkok, Ende 2025. Man betritt ein modernes Café im Stadtteil Thong Lor, freut sich auf einen kühlen Eiskaffee und wartet auf die Speisekarte. Doch die Bedienung kommt nicht mit einer laminierten Karte an den Tisch. Stattdessen deutet sie wortlos auf einen kleinen Aufkleber, der auf der Tischplatte klebt.
Das Smartphone als Zwang
Ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund: der QR-Code. Wer hier bestellen will, muss sein Smartphone zücken, die Kamera-App öffnen und den Code scannen. Erst dann erscheint das Menü auf dem Display. Was als hygienische Maßnahme während der Pandemie begann, ist zum Standard geworden. Doch für viele Kunden beginnt hier der Ärger.
Die Hürde der Technik
Nicht jeder hat ein aktuelles Smartphone dabei oder genügend Datenvolumen. Wer sein Lesebrille vergessen hat, scheitert oft schon an der winzigen Schrift auf dem Handy-Display. Die gemütliche Atmosphäre weicht dem frustrierten Tippen auf dem Bildschirm. Die soziale Interaktion mit dem Kellner entfällt fast vollständig.
Ein Land verändert sich
Thailand hat sich in den letzten Jahren rasant gewandelt. Was früher als eine reine Bargeld-Gesellschaft galt, ist heute einer der Vorreiter im digitalen Zahlungsverkehr. Die Infrastruktur hat sich massiv verbessert, doch die Geschwindigkeit der Veränderung überfordert manche Bevölkerungsgruppen.
Die Allgegenwart der Codes
Es betrifft nicht nur schicke Cafés. Selbst an einfachen Garküchen am Straßenrand hängen heute QR-Codes. Die Verkäuferin von Klebreis und Mango erwartet oft, dass man den Betrag von 50 Baht (etwa 1,35 Euro) digital überweist. Das Kramen nach Münzen wird zunehmend mit ungeduldigen Blicken quittiert.
Das System PromptPay
Hinter diesem Wandel steht das staatlich geförderte System „PromptPay“. Es verknüpft die Telefonnummer oder die Bürger-ID direkt mit dem Bankkonto. Überweisungen sind in Echtzeit möglich und meist gebührenfrei. Für Thailänder ist das System ein Segen, da es das Mitführen von Bargeld unnötig macht.
Bargeld wird zur Last
Für Händler hat das digitale Geld enorme Vorteile. Sie müssen kein Wechselgeld mehr bereithalten. Das Risiko von Diebstählen sinkt, da keine Kasse mehr gefüllt ist. Zudem entfällt der Weg zur Bank, um die Tageseinnahmen einzuzahlen. Alles landet direkt auf dem Konto.
Die Kehrseite der Medaille
Doch die Diskussion im Netz und auf den Straßen wird lauter. Der Forenbeitrag, der die „QR-Code-Verrücktheit“ thematisiert, spricht vielen aus der Seele. Es geht um die Frage, ob die Technologie dem Menschen dient oder umgekehrt.
Wenn die Technik versagt
Ein häufiges Szenario in der Mittagspause: Die Bank-Apps sind überlastet. Wenn Millionen von Thailändern gleichzeitig versuchen, ihr Mittagessen zu bezahlen, brechen die Server gelegentlich zusammen, aber in den letzten Monaten nur noch extrem selten vorkam.
Die Ausgrenzung der Alten
Ältere Menschen, die nicht mit Smartphones aufgewachsen sind, fühlen sich zunehmend ausgegrenzt. Sie sind es gewohnt, Scheine und Münzen zu zählen. Das Hantieren mit Apps, Passwörtern und Gesichtserkennung verunsichert sie. Sie sind auf die Hilfe jüngerer Verwandter angewiesen, was ihre Selbstständigkeit einschränkt.
Datenschutz als Fremdwort?
Ein weiterer kritischer Punkt ist der Datenschutz. Wer jeden Kaffee und jede Busfahrt digital bezahlt, hinterlässt eine lückenlose Spur. Banken und Behörden können theoretisch genau nachvollziehen, wer wann wo war und wofür Geld ausgegeben hat. In Thailand wird dieses Thema jedoch weniger kritisch diskutiert als in Europa.
Die Touristen-Falle
Besonders hart trifft die Entwicklung Urlauber. Wer frisch am Flughafen Suvarnabhumi landet, hat oft noch kein thailändisches Bankkonto. Zwar akzeptieren große Kaufhäuser Kreditkarten, aber der kleine Marktstand oder das Taxi verlangen oft den Scan via PromptPay.
Keine App, kein Essen?
Ausländische Bank-Apps können die thailändischen QR-Codes in der Regel nicht lesen. Es gibt zwar Kooperationen mit einigen asiatischen Ländern wie Singapur oder Malaysia, aber europäische Touristen schauen oft in die Röhre. Sie müssen Bargeld abheben, was wiederum teure Gebühren kostet.
Die Gebührenfalle am Automaten
Wer Bargeld am Automaten zieht, zahlt pro Abhebung 220 Baht (knapp 6 Euro) Gebühren an die thailändische Bank, plus eventuelle Gebühren der heimischen Bank. Da wirkt der bargeldlose Zahlungsverkehr der Einheimischen noch verlockender, bleibt aber für Kurzzeiturlauber meist unerreichbar.
Lösung für Urlauber?
Es gibt mittlerweile Lösungsansätze. Bestimmte Apps erlauben es Touristen, Guthaben aufzuladen und dann per QR-Code zu bezahlen. Doch die Anmeldung erfordert oft eine Verifizierung mit Reisepass und Gesichtsscan, was vielen Besuchern zu kompliziert oder zu unsicher erscheint für einen zweiwöchigen Urlaub.
Das Menü-Problem im Detail
Zurück zum Restaurant: Das reine Scannen der Speisekarte birgt noch ein weiteres Problem. Oft sind diese digitalen Menüs schlecht programmiert. Bilder laden langsam, die Navigation hakt. Manchmal ist das gesamte Menü nur auf Thai verfügbar, während die gedruckte Karte früher englische Übersetzungen hatte.
Der Verlust der Esskultur
Kritiker bemängeln, dass durch das digitale Bestellen das Erlebnis des Essengehens leidet. Man starrt auf sein Handy, statt sich mit dem Partner zu unterhalten. Die Beratung durch den Kellner – „Was können Sie heute empfehlen?“ – entfällt. Das Essen wird zur reinen Transaktion degradiert.
Sicherheit und Betrug
Wo viel Geld digital fließt, sind Betrüger nicht weit. Eine neue Masche ist das Überkleben von QR-Codes. Kriminelle kleben ihren eigenen Code über den des Händlers. Der Kunde scannt, das Geld landet beim Betrüger, und der Händler sieht keinen Zahlungseingang.
Der Streit an der Kasse
Dies führt oft zu unangenehmen Szenen. Der Kunde behauptet, er habe bezahlt und zeigt die Bestätigung auf dem Handy. Der Händler hat aber nichts erhalten. Wer hat nun Recht? In solchen Fällen ist meist der Kunde der Dumme und muss oft noch einmal zahlen, diesmal in bar.
Die Rolle der Banken
Die thailändischen Banken treiben diese Entwicklung aggressiv voran. Jede Transaktion liefert Daten. Zudem sparen die Banken massiv Kosten ein, wenn weniger Bargeldlogistik betrieben werden muss. Geldautomaten werden abgebaut, Filialen geschlossen. Der Kunde wird zum Selbstbediener erzogen.
Der rechtliche Rahmen
Rein rechtlich ist Bargeld in Thailand weiterhin das gesetzliche Zahlungsmittel. Die Währung Baht muss theoretisch überall akzeptiert werden. In der Praxis nutzen private Geschäfte jedoch ihr Hausrecht. Ein Schild mit der Aufschrift „Cashless Society“ oder „No Cash Accepted“ reicht oft aus, um Bargeldzahler abzuweisen.
Gesetzeslage 2025
Es gibt bisher kein Gesetz, das Händler zwingt, Bargeld anzunehmen, solange sie vor dem Kauf deutlich auf die Einschränkung hinweisen. Der Verbraucherschutz in Thailand hat hierzu zwar Diskussionen angestoßen, aber die Regierung unterstützt die Vision einer „Digital Economy“ (Thailand 4.0) voll und ganz.
Der Zwang zur Anpassung
Für Langzeit-Expats und Auswanderer führt kaum ein Weg an einem thailändischen Bankkonto vorbei. Ohne die App auf dem Handy wird das tägliche Leben zunehmend mühsam. Rechnungen für Strom und Wasser, die Miete oder der Einkauf im 7-Eleven – alles läuft über den Scan.
Hürden für Expats
Doch auch hier gibt es Hürden. Die Banken verlangen immer mehr Dokumente für eine Kontoeröffnung. Ein einfacher Touristenstempel im Pass reicht oft nicht mehr aus. Man benötigt langfristige Visa oder eine Arbeitsgenehmigung. Das schließt viele „Snowbirds“, die nur im Winter kommen, vom System aus.
Die soziale Dynamik
Es entsteht eine Zweiklassengesellschaft im Zahlungsverkehr. Auf der einen Seite die digital vernetzten Einheimischen und Expats, auf der anderen Seite Touristen und traditionelle Bargeldnutzer. Letztere werden zunehmend als Bremsklötze im hektischen Alltag wahrgenommen.
Die Situation im Nahverkehr
Besonders deutlich wird dies im öffentlichen Nahverkehr von Bangkok. Ob BTS (Skytrain) oder MRT (U-Bahn): Wer noch Münzen in Automaten werfen muss, steht in langen Schlangen. Wer per App oder Karte zahlt, geht einfach durch die Schranke. Zeit ist Geld, und digitale Zahlung spart Zeit.
Zukunftsmusik Biometrie
Der Blick in die Zukunft zeigt, dass der QR-Code vielleicht nur eine Übergangstechnologie ist. Erste Projekte testen bereits das Bezahlen per Gesichtserkennung („Face Pay“). Dann bräuchte man nicht einmal mehr das Smartphone. Man lächelt in eine Kamera, und der Betrag wird abgebucht.
Die Angst vor dem Gläsernen Bürger
Diese Entwicklung treibt Datenschützern Schweißperlen auf die Stirn. Die Verknüpfung von biometrischen Daten mit Finanzdaten schafft ein nie dagewesenes Überwachungspotenzial. Doch in Thailand überwiegt derzeit noch die Begeisterung für den Komfort gegenüber den Bedenken.
Was bleibt vom Bargeld?
Wird das Bargeld also komplett verschwinden? Wahrscheinlich nicht sofort. Auf ländlichen Märkten im Isaan oder in den Bergen des Nordens regiert immer noch der Schein. Auch für sehr kleine Beträge oder Trinkgelder bleibt Bargeld beliebt. Doch die Akzeptanz schwindet in den urbanen Zentren.
Trinkgeld in Gefahr
Ein interessanter Nebeneffekt ist das Verschwinden des Trinkgeldes. Wenn der Betrag exakt digital abgebucht wird, entfällt das Aufrunden. Viele Servicekräfte klagen bereits über sinkende Einnahmen, da die Apps oft keine einfache Trinkgeld-Funktion bieten oder Kunden es schlicht vergessen.
Die steuerliche Kontrolle
Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, ist die Steuer. Der Staat hat durch die digitalen Zahlungen einen viel besseren Einblick in die Umsätze der Händler. Die Zeiten, in denen Einnahmen am Fiskus vorbei in die Tasche wanderten, gehen zu Ende. Das könnte langfristig die Preise treiben.
Inflation durch Transparenz?
Wenn Händler nun tatsächlich Steuern auf alle Einnahmen zahlen müssen, werden sie diese Kosten auf die Kunden umlegen. Das günstige Streetfood für 50 Baht (1,35 Euro) könnte bald der Vergangenheit angehören. Die Digitalisierung hat also auch einen direkten Einfluss auf die Lebenshaltungskosten.
Der psychologische Effekt
Psychologen warnen zudem vor dem Verlust des Bezugs zum Geld. Wer nur noch scannt, spürt den „Schmerz“ des Bezahlens weniger als jemand, der Scheine aus der Hand gibt. Das kann besonders bei jungen Menschen zu einer höheren Verschuldung führen, da die Ausgaben abstrakter werden.
Bildung ist der Schlüssel
Die Regierung versucht, mit Kampagnen die digitale Finanzkompetenz zu stärken. Doch diese Programme erreichen oft nicht diejenigen, die sie am nötigsten bräuchten. Die Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich spiegelt sich auch in der Nutzung digitaler Zahlungen wider.
Ratschläge für Reisende
Was bedeutet das nun konkret für den nächsten Thailand-Urlaub? Man sollte sich nicht allein auf Bargeld verlassen, aber auch nicht ganz ohne reisen. Eine gesunde Mischung ist ratsam. Kreditkarten für Hotels und Malls, Bargeld für Märkte und Taxis – und Geduld für die Momente, in denen Technik versagt.
Apps vor der Reise prüfen
Es lohnt sich, vor der Reise zu prüfen, ob die eigene Hausbank oder Kreditkartenfirma Partnerschaften in Asien hat. Manche Fintech-Unternehmen bieten mittlerweile gute Wechselkurse und digitale Zahlungsmöglichkeiten, die auch in Thailand funktionieren. Vorbereitung ist 2025 wichtiger denn je.
Respekt vor der Kultur
Auch wenn man genervt ist, dass man eine Speisekarte scannen muss: Ein Lächeln hilft in Thailand immer weiter. Die Angestellten führen nur Anweisungen aus. Wutausbrüche führen nur zu Gesichtsverlust auf beiden Seiten. Mai Pen Rai – es macht nichts – ist immer noch die beste Philosophie.
Die Macht des Verbrauchers
Letztendlich entscheidet der Verbraucher. Wenn genug Kunden Restaurants meiden, die nur QR-Codes anbieten, werden die Betreiber reagieren. Es gibt bereits erste Gegenbewegungen von Lokalen, die bewusst mit „Digital Detox“ werben und wieder physische Karten und Bargeld bevorzugen.
Nische für Nostalgiker
Vielleicht wird das bargeldlose Zahlen bald so normal sein, dass das Hantieren mit Münzen zu einem nostalgischen Erlebnis wird, für das man extra bezahlt. Retrotourismus in eine analoge Welt. Bis dahin bleibt der QR-Code das dominierende Symbol im thailändischen Alltag.
Analyse der Situation
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der „QR-Code-Wahn“ ist real. Er ist ein Zeichen für Thailands Ehrgeiz, eine moderne Wirtschaftsmacht zu werden. Die Vorteile an Effizienz und Sicherheit sind unbestreitbar. Doch die Geschwindigkeit der Umstellung lässt soziale und menschliche Aspekte oft auf der Strecke.
Das menschliche Element
Technologie sollte das Leben einfacher machen, nicht komplizierter. Wenn ein Abendessen damit beginnt, dass man sich über eine langsame Internetverbindung ärgert, um das Menü zu sehen, läuft etwas schief. Die Balance zwischen digitalem Fortschritt und analoger Gastfreundschaft muss neu gefunden werden.
Ausblick auf 2026
Im kommenden Jahr wird erwartet, dass die Integration weiter voranschreitet. Wahrscheinlich werden Systeme für Touristen zugänglicher werden, um die Deviseneinnahmen nicht zu gefährden. Der Druck auf die Politik wächst, inklusive Lösungen zu schaffen, die niemanden zurücklassen.
Fazit zur Lage
Die Ära des Bargelds neigt sich dem Ende zu, aber sie ist noch nicht vorbei. Wer Thailand besucht, erlebt ein Land im Umbruch. Der QR-Code ist dabei mehr als nur ein Werkzeug; er ist das Symbol für den Konflikt zwischen Tradition und Moderne. Man kann ihn hassen oder lieben, aber man kommt nicht mehr an ihm vorbei.
Aufklärung des Sachverhalts
Um die Eingangsfrage zu beantworten: Ja, die Nutzung von QR-Codes hat teilweise absurde Züge angenommen, insbesondere bei Speisekarten. Aber: Bargeld ist in Thailand nach wie vor legal und weit verbreitet. Die totale Abschaffung ist (noch) eine Illusion. In den meisten Fällen wird Bargeld akzeptiert, wenn man freundlich aber bestimmt darauf besteht oder passend zahlt. Der „Wahn“ ist oft eher ein gesellschaftlicher Druck als ein gesetzlicher Zwang. Wer Bargeld hat, bekommt in der Regel auch 2026 noch seine Nudelsuppe – vielleicht nur mit einem etwas verwunderten Blick der Verkäuferin.
Anmerkung der Redaktion:
Dieser Artikel spiegelt den Stand der Dinge zum Jahreswechsel 2025/2026 wider. Wechselkurse (1 Euro ≈ 37 THB) können schwanken. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für digitale Zahlungen in Thailand unterliegen stetigen Anpassungen durch die Bank of Thailand. Bitte informieren Sie sich vor einer Reise über die aktuellsten Einreise- und Finanzbestimmungen.




Selbst wenn es für Touristen möglich wäre (!), ein Bankkonto zu bekommen, welcher Tourist würde das wirklich für zwei oder drei Wochen Urlaub machen? Auch für Langzeiturlauber ist es äußerst schwer bis unmöglich, ein Bankkonto zu erhalten mit dem Risiko, dass es ganz spontan doch nicht mehr nutzbar ist. Wer tut sich das in der Praxis denn wirklich an?
Für Touristen wäre hier eine App mit einem Guthaben per Aufladung eine praktische Lösung und zwar ohne Registrierung. Wenn das maximale Guthaben auf wenige hundert Euro begrenzt ist, dann kann man damit auch wirklich Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten unterbinden. Auch für Thai wäre das ein Fortschritt im Thema Datenschutz.
Und zu den Speisekarten per QR-Code: Sowas nutze ich schon aus Prinzip nicht. Das Risiko, auf Webseiten mit Viren zu gelangen, besteht immer und auf einem kleinen Handy macht auch ohne Brille das lesen einer Speisekarte keinen Spaß.