Ausländerkonten: Thailands harte Linie

Ausländerkonten: Thailands harte Linie
Illustration via OpenAI (2025).

Klaus M. aus Wien sitzt fassungslos vor dem Geldautomaten in Pattaya. Seine Karte wird abgelehnt, das Online-Banking funktioniert nicht mehr. Der 67-jährige Rentner lebt seit drei Jahren in Thailand und hat sein gesamtes Erspartes auf seinem Konto bei der Bangkok Bank. Nach mehreren verzweifelten Anrufen erfährt er: Sein Konto wurde eingefroren, weil seine Handynummer nicht auf seinen Namen registriert ist. Eine Geschichte, die sich 2025 tausendfach in Thailand wiederholt.

Die Situation für ausländische Kontoinhaber in Thailand hat sich dramatisch verschärft. Was als Maßnahme gegen Geldwäsche begann, entwickelt sich zu einem Albtraum für Touristen, Expats und Rentner. Gleichzeitig droht ein weiteres Damoklesschwert: Ein Gesetz über ruhende Bankkonten, das seit Jahren diskutiert wird und Milliardenbeträge betrifft.

Die große Kontenwelle trifft Tausende

Seit Mai 2025 erleben Ausländer in Thailand eine beispiellose Banking-Krise. Die Bangkok Bank, Thailands größtes Finanzinstitut, hat begonnen, systematisch Konten von Ausländern ohne langfristiges Visum zu schließen oder einzufrieren. Besonders hart trifft es russische Staatsbürger, von denen geschätzt 40.000 bis 50.000 in Thailand leben.

Die Maßnahmen sind drastisch: Über Nacht verlieren Betroffene den Zugang zu ihren Karten und zum Online-Banking. Der Grund liegt in neuen Sicherheitsvorschriften, die die thailändische Regierung Anfang 2025 eingeführt hat. Jedes Bankkonto muss nun mit einer auf den Kontoinhaber registrierten SIM-Karte verknüpft sein.

Der Pattaya-Skandal als Auslöser

Am 21. Mai 2025 verhaftete die Polizei in Pattaya vier Bankmitarbeiter. Der Vorwurf: Sie hatten 15 Konten für Ausländer mit Touristenvisa eröffnet. Diese Konten wurden für Telefonbetrug missbraucht, über 100 Millionen Baht, umgerechnet etwa 2,7 Millionen Euro, flossen durch diese Konten. Die geschätzten Gesamtschäden belaufen sich auf 2,2 Milliarden Baht, rund 59 Millionen Euro.

Dieser Skandal löste eine Kettenreaktion aus. Die Banken verschärften ihre Kontrollen massiv, aus Angst vor weiteren kriminellen Machenschaften und möglichen Sanktionen. Doch die neuen Regeln treffen nicht nur Kriminelle, sondern auch unzählige rechtschaffene Ausländer.

Wer darf überhaupt noch ein Konto haben?

Die Anforderungen für ausländische Kontoinhaber sind 2025 drastisch gestiegen. Nur noch Personen mit bestimmten langfristigen Visa können Konten führen oder neu eröffnen. Dazu gehören Non-Immigrant-Visa der Kategorien B (Arbeit), O (Ruhestand, Ehe oder Angehörige), ED (Bildung), O-A und O-X (Ruhestand) sowie Elite-Visa.

Touristen, Inhaber des Destination Thailand Visa und Personen mit visafreien Einreisen sind komplett ausgeschlossen. Seit Januar 2025 vergibt die Bangkok Bank keine neuen Konten mehr an Touristen. Andere große Banken folgten diesem Beispiel schrittweise.

Die SIM-Karten-Falle

Die neuen Vorschriften verlangen, dass die beim Bankkonto registrierte Telefonnummer auf denselben Namen läuft wie das Konto selbst. Klingt simpel, ist aber für viele Ausländer ein Problem. Wer seine thailändische SIM-Karte auf einen Freund, Partner oder über einen Service registriert hat, steht plötzlich vor verschlossenen Türen.

Banken sperren ohne Vorwarnung den App-Zugang und Geldautomaten. Die Betroffenen müssen persönlich zur Bank, ihre SIM-Karte neu registrieren lassen und hoffen, dass das Konto reaktiviert wird. Eine Garantie gibt es nicht.

Russische Staatsbürger besonders betroffen

Russische Residenten in Thailand berichten von massenhaften Kontosperrungen. Die Gründe sind vielschichtig: Internationale Sanktionen gegen Russland erschweren Geldtransfers, und thailändische Banken fürchten Compliance-Probleme. Zudem wurden viele russische Konten in der Vergangenheit von Kriminellen missbraucht.

In Touristenhochburgen wie Phuket herrscht unter russischen Besuchern und Langzeitresidenten Panik. Einige berichten, dass ihre Konten trotz korrekter Dokumentation gesperrt wurden. Die russische Botschaft in Bangkok kann wenig ausrichten, da es sich um interne Bankrichtlinien handelt.

Das Phantom-Gesetz der ruhenden Konten

Parallel zur aktuellen Kontokrise schwebt seit Jahren ein anderes Damoklesschwert über ausländischen und thailändischen Kontoinhabern: das Gesetz über ruhende Bankkonten. Seit 2017 diskutiert Thailand über eine Regelung, die Konten betrifft, auf denen seit mindestens zehn Jahren keine Transaktionen stattfanden.

Der Plan sieht vor, dass solche Konten geschlossen und die Gelder an das Finanzministerium übertragen werden. Schätzungen gehen von etwa 10 Milliarden Baht, umgerechnet rund 270 Millionen Euro, aus, die in solchen schlafenden Konten liegen. Das Gesetz sollte ursprünglich 2018 in Kraft treten, wurde aber wiederholt verschoben.

Was passiert mit vergessenem Geld?

Nach dem Gesetzentwurf müssen Banken zum Jahresende prüfen, welche Konten seit zehn Jahren inaktiv sind. Kontaktversuche mit den Inhabern oder deren Erben folgen. Reagiert niemand, wird das Konto geschlossen und das Geld an die Hauptbuchhaltung des Finanzministeriums überwiesen.

Theoretisch können Kontoinhaber oder Erben das Geld jederzeit zurückfordern. Doch Kritiker bezweifeln, dass dieser Prozess in der Praxis reibungslos funktioniert. Besonders für Ausländer, die Thailand längst verlassen haben, könnte die Rückforderung kompliziert werden.

Welche Konten sind betroffen?

Das geplante Gesetz gilt nur für Spar- und Girokonten in thailändischen Baht. Ausgenommen sind Festgeldkonten, Konten zur Sicherung von Krediten, gerichtlich eingefrorene Konten und weitere vom Finanzminister definierte Kategorien. Für Konten mit weniger als 2.000 Baht, etwa 54 Euro, dürfen Banken bereits nach einem Jahr Inaktivität monatliche Gebühren von 50 Baht abziehen, bis das Guthaben aufgebraucht ist.

Die Regelung soll sowohl für Thailänder als auch für im In- und Ausland lebende Ausländer gelten. Besonders betroffen könnten Expats sein, die Thailand verlassen haben und vergessen haben, ihre Konten aufzulösen.

Kritik an der Doppelbelastung

Rechtsexperten und Auslandsverbände kritisieren die Kombination aus verschärften Kontoanforderungen und dem drohenden Gesetz über ruhende Konten. Wer sein Konto nicht regelmäßig nutzt, etwa weil er nur saisonal in Thailand lebt, könnte gleich doppelt bestraft werden: Erst droht die Kontosperrung wegen vermeintlich unzureichender Dokumentation, dann die Überführung in ein Staatskonto wegen Inaktivität.

Ausländische Immobilienbesitzer, die Konten für Immobilienverwaltung führen, aber nicht dauerhaft in Thailand leben, sehen sich besonders gefährdet. Auch Rentner, die zwischen Heimat und Thailand pendeln, könnten in die Falle tappen.

Know Your Customer als Vorwand?

Die thailändische Regierung rechtfertigt die Maßnahmen mit internationalen Know-Your-Customer-Standards und dem Kampf gegen Geldwäsche. Tatsächlich hat Thailand ein massives Problem mit sogenannten Mule-Accounts, Strohmannkonten für kriminelle Aktivitäten. Allein im letzten Jahr wurden über 1,8 Millionen solcher Konten geschlossen.

Doch Kritiker werfen den Behörden vor, mit der Gießkanne statt dem Skalpell zu arbeiten. Statt gezielt Kriminelle ins Visier zu nehmen, träfen die Maßnahmen Zehntausende unbescholtene Ausländer. Die fehlende Differenzierung und die abrupte Umsetzung ohne Übergangsfrist sorgen für erhebliche Härten.

Was können Betroffene tun?

Wer derzeit in Thailand ein Bankkonto hat oder eröffnen möchte, sollte mehrere Punkte beachten. Erstens: Die Handynummer muss zwingend auf den eigenen Namen registriert sein. Die Registrierung kann bei jedem Telekommunikationsanbieter mit Pass und Visum erfolgen.

Zweitens: Regelmäßige Transaktionen sind wichtig. Wer sein Konto längere Zeit nicht nutzt, riskiert, dass es als inaktiv eingestuft wird. Mindestens eine Transaktion pro Jahr sollte erfolgen, besser häufiger.

Alternative Lösungen für Betroffene

Wer sein Konto verloren hat oder keines eröffnen kann, hat begrenzte Alternativen. Internationale Transferdienste wie Wise unterliegen ebenfalls Einschränkungen in Thailand, seit Mai 2025 dürfen nur noch fünf bis sechs Banken Wise-Überweisungen empfangen, und das Limit liegt bei 500.000 Baht, etwa 13.500 Euro.

Multi-Währungs-Konten von internationalen Fintech-Unternehmen können eine Notlösung sein, sind aber für dauerhafte Lebenshaltungskosten wenig praktikabel. Manche Ausländer weichen auf Konten bei kleineren thailändischen Banken aus, doch auch diese verschärfen zunehmend ihre Richtlinien.

Die Rolle der thailändischen Regierung

Das Ministerium für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft treibt die Verschärfungen aktiv voran. Am 1. Juni 2024 traten neue Vorschriften in Kraft, die alle Banken zu rigoroser Kundenprüfung verpflichten. Die Customer Due Diligence verlangt detaillierte Nachweise über Verwendungszweck und Herkunft der Gelder.

Die Bank of Thailand, die Zentralbank des Landes, unterstützt die Maßnahmen. Sie argumentiert, dass Thailand internationale Standards erfüllen muss, um nicht auf graue Listen der Geldwäsche-Bekämpfung zu geraten. Die Kooperation mit dem Anti-Money Laundering Office und der Securities and Exchange Commission ist eng.

Auswirkungen auf den Tourismus

Die Tourismusbranche beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Thailand ist das beliebteste Reiseziel Südostasiens und lebt von langfristigen Besuchern und Rentnern. Wenn diese keine Bankkonten mehr eröffnen können, sinkt die Attraktivität für längere Aufenthalte.

Immobilienmakler berichten von verunsicherten Käufern. Wer eine Eigentumswohnung in Thailand erwerben will, benötigt normalerweise ein lokales Konto für Nebenkosten und Verwaltungsgebühren. Ohne diese Möglichkeit wird der Kauf deutlich komplizierter.

Rechtliche Grauzone und Willkür

Ein großes Problem ist die fehlende Transparenz und Vorhersehbarkeit. Die Banken entscheiden nach eigenem Ermessen, wessen Konto gesperrt wird und wessen nicht. Zwei Ausländer mit identischer Situation können unterschiedlich behandelt werden, je nach Filiale oder Sachbearbeiter.

Rechtsanwälte in Thailand berichten von einer Flut an Mandanten, die gegen Kontosperrungen vorgehen wollen. Die Erfolgsaussichten sind gering, da Banken als private Unternehmen weitgehend frei in ihrer Geschäftspolitik sind. Diskriminierungsklagen scheitern meist, weil die Banken auf Sicherheitsbedenken verweisen können.

Internationale Vergleiche zeigen Unterschiede

Viele Länder haben Regelungen für ruhende Konten, doch meist mit längeren Fristen und besseren Schutzmaßnahmen. In Deutschland etwa greift das Bürgerliche Gesetzbuch mit Verjährungsfristen, aber es gibt keine automatische Überführung an den Staat.

Die USA kennen sogenannte Escheat-Laws, bei denen herrenlose Vermögen an den Staat fallen. Doch die Fristen sind meist länger, und die Rückforderungsverfahren transparenter. Thailands Ansatz erscheint im internationalen Vergleich rigide.

Wie geht es weiter?

Das Gesetz über ruhende Konten hängt seit Jahren in der Schwebe. Politische Instabilität und wechselnde Regierungen haben die Verabschiedung verzögert. Doch die aktuellen Verschärfungen bei Ausländerkonten zeigen, dass die Behörden entschlossen sind, das Finanzsystem zu straffen.

Experten erwarten, dass die Regelungen 2026 eher verschärft als gelockert werden. Die Regierung unter Premierminister Anutin hat angekündigt, hart gegen illegale Geschäfte und Geldwäsche vorzugehen. Ausländer geraten dabei zunehmend unter Generalverdacht.

Empfehlungen für Kontoinhaber

Wer ein Konto in Thailand hat, sollte sofort die Registrierung der Handynummer prüfen. Bei der Bank sollte die aktuelle Adresse und Visumsstatus hinterlegt sein. Jährliche Know-Your-Customer-Prüfungen sind inzwischen Standard, fehlende Unterlagen führen zur Sperrung.

Regelmäßige Transaktionen, auch kleine Beträge, halten das Konto aktiv. Wer Thailand für längere Zeit verlässt, sollte entweder regelmäßig online auf das Konto zugreifen oder jemanden bevollmächtigen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Vollmachten können ebenfalls zu Komplikationen führen.

Die Zukunft des Banking in Thailand

Thailand steht an einem Scheideweg. Einerseits will das Land gegen Kriminalität vorgehen und internationale Standards erfüllen. Andererseits riskiert es, ausländische Investoren und Langzeitbesucher zu verprellen. Die Balance ist schwer zu finden.

Technologische Lösungen wie biometrische Authentifizierung werden ab April 2025 Pflicht. Jedes Konto wird an ein registriertes Gerät gebunden. Das soll Sicherheit erhöhen, macht das System aber auch anfälliger für technische Probleme und weniger flexibel.

Unsicherheit als neue Normalität

Die Situation für ausländische Kontoinhaber in Thailand ist angespannt wie nie. Die Kombination aus aktiven Kontenschließungen und dem drohenden Gesetz über ruhende Konten schafft ein Klima der Unsicherheit. Viele Ausländer fühlen sich nicht mehr willkommen.

Klaus M. aus der Eingangsgeschichte hat sein Konto nach drei Wochen Kampf mit der Bürokratie zurückbekommen. Er musste seine SIM-Karte neu registrieren, zur Bank pilgern und dutzende Dokumente vorlegen. Sein Vertrauen in das thailändische Bankensystem ist erschüttert. Er überlegt nun, einen Teil seines Geldes nach Österreich zurückzuüberweisen – eine Geschichte, die sich in Thailand tausendfach wiederholt und weitreichende wirtschaftliche Folgen haben könnte.

Anmerkung der Redaktion:

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5 Kommentare zu „Ausländerkonten: Thailands harte Linie

  1. Egal wie schön die Fremdwörter klingen („Customer Due Diligence“), es geht zunächst niemand was an woher Gelder stammen und wofür sie verwendet werden.
    Erst wenn der Verdacht auf Straftaten im Raum steht sollte/ muss nachgefragt werden.
    Jeden einfach mal zu verdächtigen ist irgendwie krank, entspricht aber der in Thailand üblichen übergriffigen Überregulierung.

  2. Wer jetzt seine sim karte noch nicht auf den eigenen Namen registriert hat und sich wundert , dass sein konto geschlossen wurde ,
    Ist spät dran. Ich dachte diese Konten wären schon seit Juni zu.

    1. Dies ist das typische Thai denken. Das Geld ist in Thailand, also gehört es auch Thailand und nicht mehr dem Farang. Nun werden Vorwände kreiert (Geldwäsche, Maultierkonten, etc.) um erst Konten einzufrieren und dann das Geld sich komplett einzuverleiben.

      Was bin ich froh, dass ich Thailand verlassen habe. Ich lebe in Laos und Vietnam, in beiden Ländern fühle ich mich willkommen, niemand legt mir Steine in den Weg, alles gut.

  3. Thailand hat schon seit ewigen Zeiten einen Narrenbonus. Egal wie die Touristen schikaniert oder rasiert werden, sie kommen immer wieder.

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