BANGKOK, THAILAND – Ein Delisting, ein Urteil in Abwesenheit und ein Kapitalmarkt im Vertrauensstress: Der Fall JKN Global Group markierte am Donnerstag einen neuen Tiefpunkt für die Börse in Bangkok.
Urteil gegen JKN-Gründerin und Delisting
Am 26. Dezember 2025 wurden die Aktien der JKN Global Group letztmals an der Stock Exchange of Thailand (SET) gehandelt, bevor sie endgültig vom Kurszettel verschwanden. Genau an diesem Tag sprach ein Gericht in Bangkok im Betrugsverfahren gegen Firmengründerin Anne Jakkaphong Jakrajutatip sein Urteil.
Die frühere Miteigentümerin der Miss Universe Organisation erhielt eine zweijährige Haftstrafe ohne Bewährung. Das Urteil wurde zu einem symbolträchtigen Moment – und in einem leeren Gerichtssaal, da die Unternehmerin Medienberichten zufolge bereits Wochen zuvor nach Mexiko geflohen war.
Die JKN-Pleite steht für ein Jahr, in dem eine Reihe prominenter Unternehmensskandale das Vertrauen von Anlegern erschüttert und strukturelle Schwächen in Corporate Governance und Aufsicht offengelegt haben.
Vom Glamour zur Zahlungsunfähigkeit
JKN war im November 2017 am Market for Alternative Investment (mai) gestartet. Die prominente Trans-Unternehmerin hatte sich einen Ruf als Medienmogulin mit globalen Ambitionen aufgebaut. Der Erwerb der Miss Universe Organisation im Oktober 2022 für 800 Millionen Baht galt damals als Höhepunkt dieser Expansionsstrategie.
Weniger als ein Jahr später brach das Konstrukt zusammen. Am 1. September 2023 geriet JKN mit der Anleihe JKN239A in Zahlungsverzug, was Cross-Defaults bei weiteren sechs Anleihen auslöste. Insgesamt standen damit rund 3,2 Milliarden Baht aus, tausende Privatanleger gerieten in finanzielle Not.
Im Juni 2025 reichte die Securities and Exchange Commission (SEC) Strafanzeige ein. Der Vorwurf: manipulierte Jahresbilanz 2023 und Quartalszahlen 2024, erfundene Forderungen und Verbindlichkeiten, um Einnahmen und Schulden künstlich aufzublähen – während das Unternehmen bereits unter dem Schutz des Insolvenzrechts nach einem Sanierungsweg suchte.
Das Gericht in Phra Khanong Tai verurteilte Anne Jakkaphong wegen Betrugs über 30 Millionen Baht. Berichten zufolge besitzt sie inzwischen die mexikanische Staatsbürgerschaft und lebt im Ausland, während Anleger und Gläubiger zurückbleiben.
STARK-Skandal als Blaupause
Der Fall JKN folgte einem Muster, das der Markt bereits kannte: Der Skandal um die STARK Corporation, der Ende 2022 öffentlich wurde, diente vielen Beobachtern als Blaupause für großangelegten Bilanzbetrug.
STARK war 2019 über ein Backdoor Listing an den Markt gekommen – durch die Übernahme der börsennotierten Medienfirma Siam Inter Multimedia, bevor das Geschäftsmodell auf Kabel- und Drahtproduktion umgestellt und der Name geändert wurde. Auf dem Höhepunkt erreichte STARK eine Marktkapitalisierung von 60 Milliarden Baht und rückte in den SET100-Index auf.
Der Absturz setzte ein, nachdem ein geplanter Kapitalanstieg über 5 Milliarden Baht für den Kauf der deutschen Leoni Kabel kurzfristig abgesagt wurde und das Unternehmen seine Abschlüsse nicht fristgerecht einreichte. Die SET setzte den Handel aus, eine Sonderprüfung legte massive Abweichungen offen: Aus einem zuvor ausgewiesenen Netto-Gewinn von 2,8 Milliarden Baht für 2021 wurde ein Verlust von 5,99 Milliarden Baht. Zusammen mit einem Verlust von 6,65 Milliarden Baht im Jahr 2022 summierte sich ein Defizit von 12,6 Milliarden Baht in zwei Jahren.
Absetzung ins Ausland
Schlüsselmanager Chanin Yensudchai setzte sich ins Ausland ab und transferierte etwa 8 Milliarden Baht in das Vereinigte Königreich. Behörden froren später 220 Millionen Baht auf einem Konto bei Credit Suisse ein, der Großteil des Geldes blieb jedoch unauffindbar.
Im Dezember 2024 genehmigte das Southern Bangkok Civil Court die erste Sammelklage des Landes im Zusammenhang mit gewöhnlichen Aktien. Sie umfasst Investoren, die zwischen Mai 2021 und Juni 2023 STARK-Papiere kauften oder verkauften. Gläubiger forderten insgesamt 131,48 Milliarden Baht von Großaktionär Vonnarat Tangkaravakoon, Erbe des TOA-Paint-Konzerns und Architekt des Börsengangs.
Kritiker prangern verspätete Aufsicht an
Analysten werfen den Aufsehern vor, zu spät und zu zögerlich zu reagieren. Das Kernproblem: Durchsetzungslücken, die es Managern erlauben, große Schäden anzurichten und sich anschließend dem Zugriff zu entziehen.
Wijit Arayapisit von Liberator Securities erklärte, „Korruption und Unregelmäßigkeiten sind ein Schlüsselfaktor, der das Image und die Glaubwürdigkeit des thailändischen Kapitalmarktes schädigt.“ Viele Marktteilnehmer sprechen von einer „kritischen Lücke“ in der Aufsicht, die Fehlverhalten geradezu ermutige.
Aktienmarkt in einer Vertrauenskrise?
Suwat Sinsadok von Globlex Securities sieht den Aktienmarkt in einer „Vertrauenskrise“, weil Prüf- und Sanktionsmechanismen zu langsam seien im Vergleich zur Geschwindigkeit, mit der Unternehmen Schaden anrichten können. In zahlreichen Fällen hätten Privatanleger die größten Verluste erlitten, während Warnsignale und Untersuchungen sich über Jahre hinzogen.
Beim JKN-Fall zeigten sich erste Probleme nach Angaben von Marktbeobachtern bereits ab 2021, doch entschlossene Maßnahmen der SEC erfolgten erst im Juni 2025 – zu einem Zeitpunkt, als tausende Anleihegläubiger bereits hohe Verluste verzeichneten und die finanzielle Lage der Firma kaum noch zu retten war.
Historischer Einbruch bei Index und Volumen
Die Skandale haben nicht nur einzelne Unternehmen, sondern den gesamten Markt belastet. Der SET-Index fiel von einem Höchststand von 1.852,51 Punkten im Jahr 2018 auf 1.053,79 Punkte am 23. Juni 2025 – ein Rückgang um fast 800 Punkte über sieben Jahre.
Das reale Handelsvolumen ist laut Marktbeobachtern auf Niveaus gesunken, die zuletzt vor rund 20 Jahren verzeichnet wurden. Dies signalisiert einen tiefen Einbruch des Anlegervertrauens.
Ausländische Investoren reagierten mit Kapitalabzug
Trotz zwei aufeinanderfolgender Monate mit Kursgewinnen verzeichnete die SET für die ersten zehn Monate 2025 einen Nettoverkauf von mehr als 100 Milliarden Baht durch ausländische Marktteilnehmer. Dahinter stehen Zweifel an Governance-Standards, Effektivität der Aufsicht und der Fähigkeit börsennotierter Gesellschaften, transparente Strukturen aufrechtzuerhalten.
Weitere Problemfälle wie MORE, IFEC und EARTH verstärken den Eindruck eines systemischen Risikos, das vor allem Kleinanleger trifft, die sich auf Regulierung und veröffentlichte Unternehmensdaten verlassen.
Reformpläne von SET und SEC
Als Reaktion auf die Kritik präsentierten SET und SEC eine Reihe von Reformvorschlägen. Ziel ist es, Missbrauch frühzeitiger zu erkennen und problematische Emittenten schneller vom Markt zu entfernen.
Zu den Maßnahmen gehören:
• Strengere Listing-Anforderungen mit höheren Gewinn- und Eigenkapitalhürden für Neuemittenten an SET und mai
• Einführung eines „C“-Warnzeichens (Caution) für Unternehmen mit anhaltenden Verlusten oder Kreditausfällen, um Anleger frühzeitig zu sensibilisieren
• Verschärfte Delisting-Regeln, damit Firmen, die Mängel nicht fristgerecht beheben, rascher gestrichen werden
• Angleichung der Kriterien für Backdoor Listings an jene für klassische Börsengänge (IPOs), um Schlupflöcher wie im STARK-Fall zu schließen
Ob diese Reformen ausreichen, bleibt offen. Entscheidend ist ihre konsequente Umsetzung und Durchsetzung – gerade dort, wo der Markt in der Vergangenheit Schwächen gezeigt hat.
Konsequenzen für Anleger und Lehren aus den Fällen
Fachleute betonen, dass Anleger sich nicht mehr allein auf Unternehmensberichte und Regulierungsaufsicht verlassen können. Der STARK-Skandal zeigte, dass Gewinn- und Verlustrechnungen kein vollständiges Bild liefern.
Empfohlen wird eine vertiefte Analyse von:
• Cashflow-Statements
• Prüfervermerken und Fußnoten in den Abschlüssen
• Kreditverträgen und Covenants, die auf finanzielle Spannungen hinweisen können
Besonders bei Firmen mit umfangreichen Auslandsaktivitäten wird unabhängige Verifikation von Vermögenswerten und Umsätzen als unerlässlich angesehen. Ein weiterer Prüfstein ist der Branchenvergleich: Weicht die Profitabilität deutlich von direkten Wettbewerbern ab, sollten umgehend kritische Fragen gestellt werden.
Ausblick: Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel
Die massiven Verfehlungen bei JKN Global Group und STARK Corporation haben Schwächen in Unternehmensführung, Managerhaftung und regulatorischer Durchsetzung schonungslos offengelegt. Das Ergebnis ist eine Vertrauenskrise, sichtbar in niedrigen Handelsvolumina und anhaltenden Kapitalabflüssen aus dem Ausland.
Die angekündigten Reformen sind ein wichtiger Schritt, doch die künftige Glaubwürdigkeit des Marktes hängt davon ab, ob Fehlverhalten schnell und spürbar sanktioniert wird – bevor Manager Vermögen ins Ausland verlagern und sich dem Zugriff entziehen können.
Mit dem letzten Handelstag der JKN-Aktie und dem in Abwesenheit verkündeten Urteil gegen Anne Jakkaphong wurde deutlich, welchen Preis verspätete Durchsetzung hat: Er lässt sich in Milliardenbeträgen messen – und in dem Vertrauen, auf dem funktionierende Kapitalmärkte basieren.
🗣 Was ist eine Börse ohne Vertrauen wert?
Gefälschte Bilanzen, geflohene Manager, Milliardenverluste – und eine Aufsicht, die immer erst reagiert, wenn alles vorbei ist.
Die Fälle JKN und STARK sind keine Ausnahmen mehr, sondern Teil eines Musters.
Reformen sind angekündigt, Warnsysteme geplant – doch reichen neue Regeln, wenn alte Probleme bleiben? Oder ist das eigentliche Problem nicht das Gesetz, sondern dessen Durchsetzung?
Was meinst du: echter Neuanfang – oder nur Kosmetik nach dem Kollaps?




Ich kann mich immer wieder nur wundern. Da werden Millionen und Milliarden von Baht verschoben und keiner merkt es. Aber jeden kleinen Rentner und/oder Ausländer mit zig völlig irrwitzigen Auflagen und Einschränkungen überziehen. Da hilft wirklich nur noch die Einstellung, dass man nicht immer alles verstehen muss. Ein völlig gelassenes mai pen rai, wie üblich.