Immigration: Neuer Pass, plötzlich illegal?

Immigration: Neuer Pass, plötzlich illegal?
Illustration via OpenAI (2025).

Der Moment, in dem das System „Nein“ sagt

Thomas S. (54) steht vor dem Schalter der Immigration in Jomtien. In seiner Hand hält er seinen brandneuen, weinroten deutschen Reisepass. Er riecht noch nach frischem Druck und Sicherheit. Doch der Beamte hinter der Glasscheibe runzelt die Stirn. Er tippt etwas in den Computer, schüttelt den Kopf und schiebt den Pass zurück. „No update. System error.

Thomas versteht die Welt nicht mehr. Seit fünf Jahren lebt er in Thailand, pünktlich wie ein Uhrwerk hat er seine 90-Tage-Meldungen (TM.47) gemacht – in den letzten zwei Jahren sogar bequem online vom Sofa aus. Doch heute, beim ersten Versuch mit dem neuen Pass, blinkte auf seinem Bildschirm nur eine Fehlermeldung. Jetzt steht er hier, die Warteschlange im Nacken, und fragt sich: Habe ich meinen Aufenthaltsstatus verloren? Muss ich ausreisen?

Diese Szene spielt sich täglich in den Einwanderungsbehörden des Königreichs ab. Tausende Expats erneuern jedes Jahr ihre Pässe. Doch was viele nicht wissen: Mit dem neuen Dokument wird die Verbindung zur digitalen Datenbank der Immigration oft gekappt. Wer jetzt blindlings auf die Routine vertraut, tappt in eine Falle, die teuer werden kann.

Hintergrund: Das Damoklesschwert der 90-Tage-Meldung

Um das Problem zu verstehen, muss man die Logik der thailändischen Bürokratie begreifen. Die 90-Tage-Meldung ist kein Visumantrag und keine Verlängerung. Sie ist schlicht eine reine Adressbestätigung. Der thailändische Staat möchte wissen: Wo schläft der Ausländer?

Rechtlich verankert im Immigration Act, Paragraf 37, verpflichtet sie jeden Ausländer, der länger als 90 Tage am Stück im Land bleibt, seinen Wohnsitz zu melden. Das Zeitfenster ist strikt: Frühestens 15 Tage vor Ablauf der Frist und spätestens 7 Tage danach muss die Meldung erfolgen.

Verpasst man diesen Zeitraum, wird eine Geldstrafe von 2.000 Thai Baht fällig. Nach aktuellem Wechselkurs (Stand November 2025) sind das etwa 54 Euro. Das klingt verschmerzbar, doch bei wiederholten Verstößen oder einer Kontrolle durch die Polizei ohne gültigen Beleg droht im schlimmsten Fall die Festnahme und Abschiebung. Die 90-Tage-Meldung ist also weit mehr als lästiger Papierkram – sie ist der Anker für den legalen Aufenthalt.

Warum der neue Pass das System crasht

Das Kernproblem, das auch in Foren heiß diskutiert wird, ist technischer Natur. Die Datenbank der thailändischen Immigration verknüpft Ihre Historie – also Ihr aktuelles Visum, Ihre letzte Einreise und Ihre Adresse – primär mit Ihrer Passnummer.

Wenn Sie nun von Ihrer Botschaft einen neuen Reisepass erhalten, ändert sich diese Nummer. Für das Computersystem der Immigration sind Sie plötzlich ein Geist. Oder schlimmer: Eine neue Person ohne Einreisestempel.

Die Illusion des „automatischen Updates“

Viele Expats unterliegen dem Irrtum, dass die Botschaft die Daten an die thailändischen Behörden weiterleitet. Das ist falsch. Die deutsche, österreichische oder schweizerische Botschaft stellt lediglich das Dokument aus. Die Verbindung zur thailändischen Immigration existiert nicht.

Wenn Sie versuchen, die 90-Tage-Meldung online durchzuführen, gleicht das System Ihre Eingaben ab. Sie geben die neue Passnummer ein. Das System sucht in der Datenbank. Es findet: Nichts. Keine Einreise mit dieser Nummer. Kein Visum. Ergebnis: Contact Immigration Branch.

Der Mythos vom Stempel-Transfer

Ein weiterer Punkt sorgt oft für Verwirrung: Muss das Visum in den neuen Pass übertragen werden? Die Antwort ist ein klares „Ja, aber“.

Früher wurden alte Visa-Stempel mühsam in den neuen Pass kopiert. Heute geschieht dies meist in Form eines Vermerks (Annotation). Die Immigration stempelt in den neuen Pass einen Verweis auf das alte Visum und die letzte Einreise. Ohne diesen physischen Schritt weiß das Computersystem nicht, dass der Inhaber des neuen Passes (Nummer B) identisch ist mit dem Inhaber des Visums im alten Pass (Nummer A).

Die Prozedur: Schritt für Schritt durch die Bürokratie (Stand 2025)

Um die Situation zu lösen und die erste 90-Tage-Meldung mit dem neuen Pass erfolgreich zu absolvieren, führt im Jahr 2025 (noch) kein Weg an einem persönlichen Besuch vorbei. Das Online-System ist schlicht noch nicht intelligent genug, um den Passwechsel eigenständig zu verifizieren.

Schritt 1: Der Gang zur Immigration

Sie müssen beide Pässe dabei haben: den alten (entwerteten) mit dem gültigen Visum und den neuen. Gehen Sie zu der Immigration, die für Ihren Wohnort zuständig ist. Ein Besuch in einer anderen Provinz ist meist zwecklos, da die Akten oft noch lokal geführt werden.

Schritt 2: Der Stempel-Transfer & die Meldung

Hier passiert der entscheidende Verwaltungsakt. Der Beamte überträgt die Informationen des laufenden Visums in den neuen Pass. Erst nachdem diese Daten im System aktualisiert wurden, kann die 90-Tage-Meldung entgegengenommen werden.

Wichtig: Oft wird behauptet, der 90-Tage-Zähler würde durch den neuen Pass zurückgesetzt. Das ist falsch. Die Zählung läuft weiter ab dem Tag der letzten Einreise oder der letzten Meldung. Der neue Pass unterbricht die Frist nicht!

Die Kostenfalle und Währungsumrechnung

Lassen Sie uns über Geld sprechen. Der reine Vorgang der 90-Tage-Meldung ist kostenlos. Es fallen keine staatlichen Gebühren an. Dennoch berichten Betroffene oft von Kosten. Woher kommen diese?

  1. Strafgebühren (Overstay der Meldung): Wer darauf wartet, dass das Online-System funktioniert und dabei das 7-Tage-Zeitfenster überschreitet, zahlt 2.000 THB (ca. 54 EUR).
  2. Service-Agenturen: Viele Expats nutzen Visa-Agenturen. Diese nehmen für den Gang zur Behörde zwischen 500 und 1.000 THB (ca. 13,50 bis 27 EUR). Bei einem Passwechsel verlangen manche Agenturen jedoch deutlich mehr (bis zu 3.000 THB / ca. 80 EUR), um den „Transfer“ der Stempel zu erledigen.
  3. Kopierkosten: Rechnen Sie mit 20 bis 40 THB für Kopien. Die Immigration verlangt oft Kopien von jeder gestempelten Seite des alten Passes sowie der Datenseite und des Visums.

Das Online-Dilemma: Warum es 2025 immer noch hakt

Thailand treibt seine „Digital Thailand“-Initiative voran. Dennoch bleibt das Online-Reporting (Webseite und App) das Sorgenkind der Expat-Community.

Die Technik basiert auf exakten Übereinstimmungen („Exact Match“). Ein Tippfehler, ein Leerzeichen zu viel oder eben eine neue Passnummer, die noch nicht manuell mit dem Datensatz verknüpft wurde, führt zum Absturz.

Die gute Nachricht: Sobald Sie die erste Meldung mit dem neuen Pass persönlich vor Ort erledigt haben und der Beamte die Daten aktualisiert hat, funktioniert das Online-System für die nächste Meldung in der Regel wieder einwandfrei. Der persönliche Besuch ist also eine einmalige „Initialisierung“ des neuen Dokuments im System.

Was bringt die Zukunft?

Der Blick auf 2026 zeigt Hoffnung, aber auch mehr Überwachung. Die Einführung biometrischer Erfassung an allen Grenzübergängen ist weitgehend abgeschlossen. Langfristig plant Thailand die Zusammenführung der Datenbanken von Einreise, Visum und Meldewesen.

Experten vermuten, dass die separate 90-Tage-Meldung irgendwann durch automatische Trackingsysteme (via App oder TM.30 Wohnsitzmeldungen der Vermieter) ersetzt werden könnte. Bis dahin bleibt das persönliche Erscheinen nach einem Passwechsel jedoch unumgänglich.

Auch das geplante ETA-System (Electronic Travel Authorisation), das für Touristen kommen soll, wird langfristig Auswirkungen auf Langzeiturlauber haben, dürfte aber die 90-Tage-Pflicht für Non-Immigrant-Visa-Inhaber vorerst nicht ersetzen.

Ein typisches Szenario aus der Praxis

Nehmen wir das Beispiel aus dem Forum, das den Anstoß zu diesem Artikel gab. Ein User fragte: „Kann ich meine erste Meldung nach dem Passwechsel online machen?“

Die Community und die Faktenlage geben eine klare Antwort: Nein.

Der Versuch ist zwar nicht strafbar, aber er wird mit fast 100-prozentiger Sicherheit scheitern. Das Risiko dabei ist, wertvolle Zeit zu verlieren. Wer am 89. Tag versucht, online zu melden, scheitert und dann am Wochenende vor geschlossenen Behördentüren steht, rutscht unweigerlich in die „Overdue“-Phase. Dann wird am Montag darauf die Strafe fällig – Gnade kennen die Beamten hier selten, da das System die Strafe automatisch generiert.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Ein neuer Pass ist ein Grund zur Freude, aber in Thailand auch ein Weckruf, die eigenen Dokumente zu ordnen. Die wichtigste Lehre für jeden Expat lautet: Verlassen Sie sich bei einem Dokumentenwechsel niemals auf automatisierte Systeme.

Die 90-Tage-Meldung bleibt eine Holschuld. Sie müssen aktiv werden. Der neue Pass unterbricht weder Ihren Aufenthaltstitel noch die Zählweise der 90 Tage. Er macht Sie lediglich für eine kurze Zeit unsichtbar für das Online-System.

Unsere Empfehlung:

Planen Sie nach Erhalt des neuen Passes sofort einen Vormittag bei der Immigration ein. Nehmen Sie beide Pässe, das Bestätigungsschreiben der Botschaft, ein ausgefülltes TM.47-Formular und (falls vorhanden) die Quittung der letzten 90-Tage-Meldung mit. Lassen Sie die Daten synchronisieren. Dann können Sie die nächsten drei Monate wieder ruhig schlafen – und die übernächste Meldung bequem vom Sofa aus erledigen.

Denken Sie immer daran: In Thailand ist nicht derjenige im Recht, der logisch denkt, sondern derjenige, der den korrekten Stempel im korrekten Heft hat.

Anmerkung der Redaktion

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9 Kommentare zu „Immigration: Neuer Pass, plötzlich illegal?

  1. Mein neuer Reisepass ist demnächst fällig. Das mit dem „Letter of Request …….“ war mir nicht bekannt. Danke für die Info.

    PS. Am besten an dem Artikel finde ich den letzten Satz!

  2. ….Wer am 89. Tag versucht, online zu melden, scheitert und dann am Wochenende vor geschlossenen Behördentüren steht, rutscht unweigerlich in die „Overdue“-Phase. Dann wird am Montag darauf die Strafe fällig ….

    warum strafe? man kann doch diese 90 tages meldung zwischen 14 tage vorher und 7 tage nachher noch ganz legal machen.

    wie ihr vom wochenblitz schreibt entwertet die deutsche botschaft den alten paß wenn sie den neuen ausstellt/übergibt. ich hatte vor 2 jahren in D einen neuen paß bestellt und als ich ihn abholte erklärt ich der dame auf dem amt, daß sie meinen alten paß noch nicht „unbrauchbar“ machen darf, da dort mein retirement eingestempelt ist und dieses ungültig würde, wenn der paß als „ungültig“ gekennzeichnet würde. so mußte ich auf dem amt unterschreiben daß wenn ich ca. 10 monate später wieder in D bin den paß vorbei zu bringen damit er ungültig gestempelt werden kann. ich bin dann mit dem alten paß mit dem reentry stempel in thailand eingereist und habe den arrival stempel in den alten paß bekommen. den neuen hatte ich gar nicht vorgezeigt. rund 2 monate später bin ich dann zur immigration mit beiden pässen zum stempel umtragen lassen. da der alte noch gültig war absolut gar kein problem. mußte nicht einmal etwas bezahlen dafür, lediglich erst am nächsten tag abholen. das war in jomtien. wie es bei anderen immigration aussieht kann ich natürlich nicht sagen. und dann wiederum 1 monat später beantragte ich wieder ein neues retirement was ich problemlos erhielt. und dann wiederum etwas später ein reentry vor meiner ausreise im mai 25 und jetzt im november wieder einen neuen arrival stempel.

    wichtig ist für thailändische SIM karten benutzer daß sie zumindest eine kopie des alten passes benötigen wenn sie diese karte verlängern wollen. denn diese SIM karten sind nicht auf den namen registriert sondern auf die paßnummer. viele wissen das nicht

  3. Es ist ja nicht nur die Immigration. Nein, bei den Banken muss ein neuer Reisepass auch gemeldet werden. Und sogar beim Serviceprovider der SIM-Karte. Passen die Angaben nämlich nicht überein könnte ganz schnell die Bank APP gesperrt sein.

      1. Ups, das habe ich nicht gewusst, weil bei mir die Nummer aus dem Gelben Hausbuch und dem schweinchenrosa Ausweis hinterlegt ist. Hat man das nicht wird’s wohl die Reisepassnummer sein.

  4. Bei meiner letzen Ausreise im Januar 2025 gab es keinen Ausreisestempel mehr, wir sind mit dem Pass durch die elektronische Kontrolle. Was ist wenn man einen Tag vor Ablauf der 90 Tage ausreist und zwei Monate später wieder einreist und dann nach 90 Tagen seine Meldung macht. Woher weiss die Immigration das man noch „rechtzeitig“ vor der 90 Tage-Meldung ausgereist ist. Wird das elektronisch weitergegeben oder sollte man lieber sein Flugticket ausdrucken?

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