Korruptionsbeben: Polizei im Zentrum

Korruptionsbeben: Polizei im Zentrum
Bangkok Post

Ein Ex-Vizepolizeichef, ein Opfer-Schützer – und Enthüllungen, die das Land erschüttern. Doch führt die große Aufräum-Aktion wirklich zu Reformen? Oder kracht alles wieder zusammen wie so oft?

Ein Insider, der alles weiß

Die Enthüllungen von Pol Gen Surachate Hakparn und Atchariya Ruangratanapong schlagen ein wie eine Bombe. Surachate gilt als Mann aus dem Innersten der Macht, einer, der Strukturen kennt, die Außenstehende nie zu Gesicht bekommen.

Seine Warnung ist klar: Die Probleme sitzen tiefer, als die Öffentlichkeit ahnt. Seit Jahren gebe es Hinweise auf Schutzgelder, illegales Glücksspiel, Untergrund-Casinos und ausländische Banden, in die Polizisten aller Ränge verwickelt sein sollen. Doch ist das jetzige Säuberungsfeuer wirklich mehr als Show?

Die Frage bleibt offen: Werden die Ermittlungen diesmal tatsächlich Wurzeln schlagen? Oder endet alles wie so oft – mit lautem Getöse, bevor alles versandet?

„Big Names“ im Zentrum der Korruption

Für Mana Nimitmongkol, Chef der Anti-Corruption Organisation of Thailand, steht fest: Das System ist von oben her korrumpiert. Er spricht von einem „Korruptions-Pyramiden-System“, an deren Spitze Politiker, Minister, hohe Beamte und ehemalige Polizeichefs stehen sollen. „Das Schockierendste“, sagt er, „ist die Zahl der Beteiligten: über 200 Beamte, darunter Minister, Abgeordnete, Ex-Polizeichefs.“

Er erinnert an große Skandale: den Fall Tu Hao, den Linjing Club, das Netzwerk um Yu Xinxi, das rund 7.000 Chinesen Visa verschafft haben soll, und den berüchtigten Inspector Sua, der ein gigantisches Online-Glücksspiel-Imperium betrieben haben soll. Mana stellt die harte Frage: Wie konnten solche Operationen existieren, ohne mächtige Unterstützer?

Seiner Meinung nach hat Thailand eine „100-Milliarden-Baht-Scam-Industrie“, die Jahr für Jahr Bürger ausnimmt – und Beamte schützt.


Strukturen, die Reformen verhindern

Auch strukturell steckt das System fest. Mana spricht von einer überzentralisierten Polizei, in der jede Entscheidung in Bangkok landet. Diese Machtballung mache die Behörde anfällig für Einflussnahme, Patronage und politische Deals. Beförderungen würden oft über Beziehungen oder Geld geregelt – nicht über Leistung. Zitat: „Gute Beamte arbeiten unter schlechten Bedingungen und werden dennoch beschimpft.“

Seiner Ansicht nach brauche es eine dezentralisierte Polizei, mehr Macht auf Provinzebene und einen Kulturwechsel. Doch gegen die Reformen stemmten sich genau jene, die vom System profitieren. „Wir müssen ein breites Bündnis schaffen“, sagt Mana, „und den gesellschaftlichen Blick auf Polizei und Korruption verändern.“


Ohne Geld keine Reform – aber wer zahlt?

Pol Gen Winai Thongsong, ehemaliger Vizepolizeichef, bestätigt: Die berüchtigten „Off-the-books payments“ seien ein Kernproblem. Positionen seien früher regelrecht gekauft und verkauft worden – wer Geld investierte, wollte es später durch illegale Einnahmen zurückholen. Winai fordert: Nur durch höhere Budgets, faire Besetzungen und bessere Bezahlung könne man den Teufelskreis brechen.

Doch genau das scheitert seit Jahren am politischen Druck. Mehrere Premierminister hätten sich von den Budgetdebatten ferngehalten. Winai: „Wenn wir Qualität wollen, müssen wir investieren – nichts Gutes ist billig.“

Gleichzeitig beklagt er, dass Influencer mit ehemaligen korrupten Beamten kooperierten, um Stimmung gegen die Polizei zu machen – oder selbst Beamte zu erpressen. Die Polizei wolle nun härter gegen solche Akteure vorgehen.


Kontrolle, Ausbildung, Vertrauen – ein System am Limit

Der Kriminologe Pol Lt Col Krisanaphong Poothakool erklärt: Die zentrale Machtfülle des nationalen Polizeichefs sei schlicht nicht mehr zeitgemäß. Ein Mann mit Hunderttausenden Untergebenen – das öffne Tür und Tor für politische Einflussnahme. Dazu komme ein schwaches Kontrollsystem: Beschwerden müssten schneller, fairer und transparenter behandelt werden.

Er lobt die neue Police Complaints Committee, die sogar gegen einen ehemaligen Polizeichef ermittelt – ein wichtiges Signal an die Öffentlichkeit.

Besonders alarmierend: Viele Beamte erhalten kaum Fortbildung, weder taktisch noch ethisch. Dabei wäre gerade die Schulung in Werten entscheidend, um Vertrauen aufzubauen. Krisanaphong sieht die Lösung klar: Mehr öffentliche Kontrolle, mehr Training, mehr Transparenz.


Die Bevölkerung ist frustriert – und skeptisch

Geschäftsmann Kuldit Lertkittivorakul bringt es auf den Punkt: „Die Polizei ist eine der unbeliebtesten Institutionen. Nur Politiker stehen noch schlechter da.“ Das liege daran, dass Bürger ständig mit Beamten zu tun hätten – oft in unangenehmen Situationen. Niedrige Gehälter, sagt er, trieben viele zu „Kleinkorruption“ – von Drogennutzern bis betrunkenen Fahrern. Die hohen Ränge hingegen kassierten bei Glücksspiel, Lotterien und Online-Betrug.

Seine Forderung: „Reformen müssen oben beginnen – und Politiker dürfen nicht zu viel Macht über die Polizei haben.“

🗣 Wem gehört die Wahrheit – und wem das System?

Eine Polizei voller eigener Schatten, Politiker an der Spitze der Pyramide, Milliardenbetrug im Untergrund: Das klingt nicht nach Einzelfällen, sondern nach einem Staat im Würgegriff der Interessen.

Glaubt ihr an echten Wandel – oder geht alles wieder unter, sobald die Schlagzeilen verblassen?
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Quelle: Bangkok Post

Ein Kommentar zu „Korruptionsbeben: Polizei im Zentrum

  1. da ist guter rat zur behebung dieses problems sicher schwer zu finden wenn sogar die obersten ebenen daran beteiligt sind.
    mein vorschlag: radikal durchgreifen. wer sich nachweislich etwas zu schulden kommen läßt in bezug auf korruption sofort aus dem staatsdienst entlassen und sofortige streichung weiterer bezüge.
    es gibt sicherlich genügend denunzianten auch innerhalb der polizeitruppe die sich übergangen fühlen bei irgendeiner beförderung. denn der thai staat selber setzt ja auch auf denunziantentum in ganz thailand.

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