Neuer Banken-Ärger für Expats in Thailand?

Neuer Banken-Ärger für Expats in Thailand?
KI-generierte Illustration, erstellt von Google Gemini.

Der Vorfall: Wenn das eigene Geld zur Geisel wird

Es sollte ein ganz normaler Bankgeschäftsvorfall werden, wie er täglich tausendfach in Thailand passiert. Ein ausländischer Kunde, der in einem englischen Forum unter dem Pseudonym BEngBKK schreibt, betrat Ende November 2025 eine Filiale der Bank of Ayudhya (Krungsri) in Bangkok. Sein Ziel war simpel: Er benötigte 100.000 Thai Baht (umgerechnet ca. 2.690 Euro) in bar, um einen Anbau an seinem Haus zu finanzieren. Doch was folgte, war alles andere als Routine.

Der Bankangestellte am Schalter verweigerte die Auszahlung der Summe – es sei denn, der Kunde würde ein spezifisches Dokument unterzeichnen. Die Forderung der Bank hatte es in sich: Das Papier sollte bestätigen, dass die Krungsri Bank „nicht für das Geld auf dem Konto verantwortlich“ sei. Eine Formulierung, die bei jedem sicherheitsbewussten Kontoinhaber sofort die Alarmglocken schrillen lässt. Warum sollte eine Bank, deren Kerngeschäft die sichere Verwahrung von Vermögenswerten ist, plötzlich die Verantwortung für ebenjene Einlagen ablehnen, nur weil der Kunde über sein Guthaben verfügen möchte?

Der Kunde stand vor einer Zwickmühle

Auf der einen Seite das dringende Bedürfnis nach Liquidität für seine Bauarbeiten, auf der anderen Seite ein dubioses Formular, das seine Rechte als Bankkunde scheinbar untergräbt. „Ist das jetzt normal?“, fragte er später die Community. In der Hitze des Gefechts und unter dem Druck der anstehenden Zahlungen entschied er sich für den pragmatischen Weg: Er unterschrieb.

Doch die Geschichte endet hier nicht. Kaum hatte BEngBKK das Bargeld in Händen, zog er die Konsequenzen aus dem Vertrauensbruch. Noch in der Filiale, nur zehn Minuten nach dem Vorfall, transferierte er sein gesamtes restliches Guthaben via Mobile Banking zur Konkurrenz, der Krungthai Bank (KTB). Auf dem Krungsri-Konto verblieben lediglich 76 Baht (ca. 2 Euro). Ein stiller Protest gegen eine Bankpolitik, die selbst langjährige Expats in Thailand zunehmend ratlos zurücklässt.

Hintergrund: Das thailändische Bankwesen im Wandel (2025/2026)

Um diesen Vorfall einzuordnen, muss man den aktuellen Zustand des thailändischen Finanzsektors verstehen. Im Jahr 2025 haben sich die Regeln für Ausländer (Expats) in Thailand drastisch verschärft. Getrieben durch den globalen Kampf gegen Geldwäsche (AML) und neue „Know Your Customer“ (KYC)-Richtlinien der Bank of Thailand (BoT), stehen Banken unter enormem Druck.

Früher reichte oft ein freundliches Lächeln und der Reisepass, um Geld abzuheben. Heute sind biometrische Daten das neue Gold. Viele Banken, darunter die Kasikornbank (K-Bank) und die Siam Commercial Bank (SCB), haben Gesichtsscans für Transaktionen eingeführt, die bestimmte Limits überschreiten oder als „ungewöhnlich“ eingestuft werden. Für Ausländer stellt dies jedoch oft eine technische Hürde dar: Die Gesichtserkennungssysteme sind primär auf thailändische ID-Karten (Pink ID oder Thai ID) optimiert und scheitern oft an den Datenbanken für Reisepässe.

Wenn die Technik versagt, greifen Bankfilialen auf analoge Absicherungen zurück – und hier kommen Formulare wie das von BEngBKK beschriebene ins Spiel. Banken wollen sich rechtlich gegen jede Eventualität absichern. Ein häufiges Szenario ist die Abweichung der Unterschrift. Unterschriften verändern sich im Laufe der Jahre, und thailändische Bankangestellte sind dafür bekannt, Signaturen mit der Lupe zu prüfen. Weicht der aktuelle Schnörkel auch nur minimal von der zehn Jahre alten Unterschriftenprobe im System ab, wird die Transaktion blockiert.

Analyse: Was stand wirklich auf dem Papier?

Die Community im Forum spekulierte wild über den Inhalt des ominösen Dokuments. War es wirklich ein totaler Haftungsausschluss? Juristisch betrachtet ist es wahrscheinlicher, dass es sich um eine sogenannte „Indemnity Form“ (Schadloshaltungserklärung) handelte. Diese kommt in zwei Hauptszenarien zum Einsatz:

  1. Unterschriften-Diskrepanz: Wenn die Unterschrift auf dem Auszahlungsbeleg nicht exakt mit der im System hinterlegten Probe übereinstimmt, die Bank den Kunden aber zweifelsfrei identifiziert hat (z.B. durch Pass und PIN), lässt sie sich bestätigen: „Ich bin wirklich der Kontoinhaber, und ich stelle die Bank von Forderungen frei, falls sich später herausstellt, dass diese Unterschrift gefälscht war.“
  2. Betrugsprävention bei Senioren: Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion aufkam, ist das Alter des Kunden. Thailändische Banken haben 2024/2025 ihre Schutzmechanismen für Kunden über 70 Jahre massiv verschärft. Da Senioren oft Ziel von „Romance Scams“ oder Callcenter-Betrug werden, verlangen Banken bei hohen Barauszahlungen (100.000 Baht sind eine signifikante Summe) oft zusätzliche Bestätigungen. Der Kunde muss unterschreiben, dass er das Geld auf eigenes Risiko abhebt und die Bank nicht haftbar macht, falls er das Geld anschließend Betrügern übergibt.

Die Formulierung „Bank is not responsible for my money“ war also vermutlich die vereinfachte Wahrnehmung eines komplexen juristischen Textes, der besagt: „Die Bank haftet nicht für den Verlust dieses Bargeldes, nachdem es gegen ihren Rat oder trotz Sicherheitsbedenken ausgezahlt wurde.

Finanzielle Einordnung: Der Preis der Sicherheit

100.000 Baht mögen für einen Hausanbau wenig klingen, sind aber im thailändischen Alltag viel Geld. Beim aktuellen Wechselkurs von ca. 37,18 THB für 1 Euro (Stand Dezember 2025) entspricht dies rund 2.690 Euro. Für eine thailändische Bankfiliale, die sich zunehmend digitalisiert und Bargeldhaltung reduziert, ist eine solche spontane Abhebung ein Risiko.

Der radikale Schritt des Kunden, das Konto fast vollständig zu leeren, birgt jedoch eigene finanzielle Risiken.

  • Die 76-Baht-Falle: Auf dem Konto verblieben nur 76 Baht. Die meisten thailändischen Banken, einschließlich Krungsri, erheben Gebühren für inaktive Konten mit geringem Guthaben (Maintenance Fee).
  • Die Regel: Fällt das Guthaben unter 2.000 Baht (ca. 54 Euro) und findet 12 Monate lang keine Bewegung statt, zieht die Bank automatisch monatlich ca. 50 bis 100 Baht Gebühr ein, bis das Konto auf Null steht und automatisch geschlossen wird.
  • Der Ausweg: BEngBKK hat das Geld zwar schnell transferiert, sollte das Konto aber nun aktiv schließen lassen, um negative Einträge oder unnötige Bürokratie in der Zukunft zu vermeiden.

Der „Fremd-Filialen“-Faktor

Ein Detail, das oft übersehen wird: War BEngBKK in seiner Heimatfiliale (Home Branch)? In Thailand sind Konten stark an die Filiale gebunden, in der sie eröffnet wurden.

Möchte ein Kunde in einer anderen Filiale (selbst innerhalb Bangkoks) eine hohe Summe abheben, fehlen der dortigen Bank oft die physischen Unterschriftenkarten zum Vergleich. Das digitale System zeigt zwar einen Scan, aber die Unsicherheit bleibt.

In den Jahren 2025/2026 versuchen Banken, Kunden für solche Transaktionen auf Apps oder Geldautomaten (ATMs) zu lenken. Das Tageslimit an vielen ATMs wurde erhöht, doch 100.000 Baht erfordern oft mehrere Ziehungen oder eine Anpassung des Limits in der App – etwas, das ältere Kunden oder solche ohne Online-Banking oft vermeiden wollen.

Reaktionen aus der Expat-Community

Der Fall löste eine Welle der Solidarität und Besorgnis aus. Andere Nutzer berichteten von ähnlichen Erlebnissen bei der Bangkok Bank und der CIMB.

  • „Ich habe meine Konten bei zwei Banken geschlossen, weil der Sicherheitsaufwand absurd wurde“, schreibt User CallumWK.
  • Ein anderer Nutzer, HappyExpat57, berichtete hingegen, dass er problemlos 300.000 Baht bei der SCB abheben konnte – nur mit Reisepass.

Dies zeigt die Inkonsistenz im thailändischen Bankwesen: Die Anwendung der Regeln hängt stark von der Tagesform des Filialleiters, der Laune des Angestellten und der technischen Ausstattung der jeweiligen Zweigstelle ab. Was in der Filiale in Sukhumvit ein Drama auslöst, wird in Chiang Mai vielleicht mit einem Lächeln erledigt.

Was Sie als Bankkunde in Thailand tun können

Der Vorfall bei der Krungsri Bank ist ein Warnsignal. Das „alte“ Thailand, in dem Bankgeschäfte unbürokratisch und persönlich waren, verschwindet zugunsten automatisierter Compliance-Prozesse.

Für Expats und Langzeittouristen ergeben sich daraus folgende Handlungsempfehlungen für 2026:

  1. Vermeiden Sie den Schalter: Nutzen Sie für Bargeldabhebungen bis 30.000 oder 50.000 Baht den ATM. Passen Sie Ihr Tageslimit in der App an, um auch 100.000 Baht am Automaten ziehen zu können (in mehreren Tranchen).
  2. Unterschrift aktuell halten: Gehen Sie alle paar Jahre zu Ihrer Heimatfiliale und aktualisieren Sie Ihre Unterschriftenprobe und Ihre Passdaten. Ein abgelaufener Pass im System ist der häufigste Grund für gesperrte Transaktionen.
  3. Haben Sie einen Plan B: Verlassen Sie sich nie auf eine einzige Bank. Der schnelle Transfer von BEngBKK zur Krungthai Bank rettete ihn vor weiterer Abhängigkeit. Ein Zweitkonto bei einer anderen Bankengruppe (z.B. Kasikorn oder Bangkok Bank) ist essenziell.
  4. Keine Angst vor Formularen, aber Vorsicht: Wenn Sie aufgefordert werden, einen Haftungsausschluss zu unterschreiben, fragen Sie nach einer englischen Version oder nutzen Sie eine Übersetzungs-App (wie Google Lens) auf Ihrem Smartphone, bevor Sie den Stift ansetzen. Handelt es sich nur um eine Bestätigung der Transaktion, ist es sicher. Handelt es sich um einen Verzicht auf Rechte, sollten Sie den Manager verlangen.

Das Vertrauen ist die härteste Währung

Der Fall des BEngBKK zeigt exemplarisch, wie fragil das Verhältnis zwischen Kunde und Bank sein kann. Dass er sein Geld abziehen und zur Konkurrenz wechseln konnte, beweist immerhin, dass das digitale Banking in Thailand (PromptPay-System) hervorragend funktioniert – oft besser als der menschliche Service am Schalter.

Die Krungsri Bank hat in diesem Fall vielleicht rechtlich korrekt gehandelt, um sich abzusichern, aber sie hat dabei etwas Wertvolleres verloren als 100.000 Baht: das Vertrauen eines Kunden. In einer Zeit, in der Fintechs und reine Online-Banken auf dem Vormarsch sind, könnten solche bürokratischen Hürden für traditionelle Banken zum Bumerang werden.

Für den betroffenen Expat hat die Geschichte ein Ende mit Schrecken, aber ohne finanziellen Verlust gefunden. Sein Hausanbau kann weitergehen – finanziert mit Bargeld, das nun sicher in seiner Tasche und nicht mehr in den Tresoren der Krungsri liegt.

Anmerkung der Redaktion:

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12 Kommentare zu „Neuer Banken-Ärger für Expats in Thailand?

  1. Wieso hat er nicht 3x 30.000 Baht und 1x 10.000 Baht am ATM gezogen?

    Konto danach in der Filliale kündigen, das ist klar das hätte ich direkt danach gemacht und zwar medienwirksam.

  2. Es hat schon einen Grund, warum ich auf Teufel-Komm-Raus nie in die Situation kommen möchte, ein Bankkonto in Thailand haben zu müssen. Ständig sich ändernde Regelungen, dann noch je nach Bank unterschiedliche Interpretation der gesetzlichen Vorgaben und zum Schluss noch die Laune des Bankmitarbeiters. Nein danke.
    Ich reise zum Glück nur mit dem Touristenvisum ein und bleibe nicht zu lange, auch wenn ich doch mehr oder wenig regelmäßig in meinem geliebten Thailand bin und ein lokales Konto daher praktisch wäre.
    Die möglichen Vorteile eines lokalen Bankkontos wie PromptPay wiegen die möglichen Nachteile einfach nicht auf. Da nehme ich die Nachteile wie mehr Bargeld oder zusätzliche Gebühren am ATM doch gerne in kauf. Bei einem Aufenthalt von zwei bis drei Monaten kann ich an anderer Stelle mehr Geld sparen.

  3. Habe heute bei der krungsri bank
    400.000 für einen Autokauf am Schalter abgehoben.
    Ohne Probleme, nur mit Reisepass und ohne Gesichtsscan.

      1. Ich lebe hier mit einer Thai Frau nicht in der City
        Wie sollen wir von A nach B kommen.
        Wenn ich ins Krankenhaus muss oder sie geht manchmal arbeiten.
        Dann dürfte ich ja auch kein Taxi nehmen um die Wirtschaft nicht zu unterstützen

  4. Meine Erfahrung mit der SCB: auch wenn kein Guthaben mehr auf dem Konto ist, wird es nur stillgelegt, aber nicht geschlossen und aufgelöst. Auch nach vielen Jahren ruht es immer noch, ohne je aufgelöst worden zu sein.

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