Thailand unter Premier Anutin: Was wurde aus dem BRICS‑Beitrittsantrag von EX-PM Srettha Thavisin?
Einleitung: Thailands außenpolitisches Dilemma 2025
Thailand steht Ende 2025 an einem geopolitischen Scheideweg. Während sich die Welt immer klarer in politische und wirtschaftliche Machtblöcke aufteilt, ringt Bangkok um Neutralität — und um Einfluss. Der BRICS‑Beitrittsantrag des früheren Premierministers Srettha Thavisin aus dem Jahr 2024 hängt wie ein Schatten über der neuen Regierung. Unter Premierminister Anutin Charnvirakul soll nun entschieden werden, ob Thailand seinen Kurs fortsetzt oder korrigiert.
Rückblick: Der BRICS‑Antrag von Srettha Thavisin
Im Juni 2024 hatte Premierminister Srettha die politische Öffentlichkeit überrascht: Thailand werde eine Mitgliedschaft in der BRICS‑Allianz beantragen. Ziel war es, die wirtschaftliche Position des Landes zu stärken, den Handel zu diversifizieren und weniger abhängig von westlichen Märkten zu werden. Der Antrag fiel in eine Phase, in der sich BRICS selbst neu aufstellte und eine erweiterte Rolle im globalen Süden beanspruchte.
Der Regierungswechsel: Vom Reformkurs zur pragmatischen Realpolitik
Nach den wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Spätsommer 2024 — stagnierendes Wachstum, Kritik an Sretthas Steuerpolitik und Korruptionsvorwürfe — kam es zum Bruch in der Regierungskoalition. Im Oktober 2024 trat Anutin Charnvirakul vom Bündnis Bhumjaithai als Premierminister an. Mit ihm zog Pragmatismus ins Regierungshaus ein: weniger progressive Wirtschaftsreformen, mehr sicherheits‑ und stabilitätsorientierte Außenpolitik.
Anutin Charnvirakul und seine neue außenpolitische Linie
Anutin betont seit Amtsantritt eine Politik der „aktiven Neutralität“. Er will Thailand als Vermittler in internationalen Konflikten positionieren, statt eindeutig Partei zu ergreifen. Zwar bestätigte sein Außenministerium offiziell, dass der BRICS‑Antrag weiterhin „im Prüfungsverfahren“ sei, doch Bangkok vermeidet seither jede öffentliche Initiative in diese Richtung.
BRICS 2025 – Erweiterung, Dynamik und globale Wahrnehmung
Im Jahr 2025 haben sich die BRICS‑Staaten weiterentwickelt. Neue Mitglieder wie Ägypten, der Iran und Saudi‑Arabien sind beigetreten. Die Allianz versteht sich zunehmend als Gegenpol zu westlich dominierten Institutionen. Doch die heterogene Mitgliederbasis schwächt die Kohärenz. Beobachter sehen das Bündnis eher als wirtschaftliche Plattform mit geopolitischem Unterton – ein Forum, in dem der globale Süden versucht, mehr Gewicht zu gewinnen.
Was wurde aus Thailands Antrag? Offizielle und inoffizielle Signale
Seit Sommer 2025 liegen keine konkreten Fortschritte vor. Diplomatische Quellen berichten, dass Bangkok zwar weiterhin mit den BRICS‑Staaten in Kontakt steht, aber keine aktive Verhandlungsrunde begonnen hat. Russland und China signalisieren Interesse an Thailands Beitritt, während Indien und Brasilien eher vorsichtig reagieren. In Bangkok selbst scheint das Thema auf Eis gelegt – zu sensibel ist die Balance gegenüber Washington und Brüssel.
Die Rolle Russlands: Annäherung trotz andauerndem Krieg in der Ukraine
Russlands Einfluss in Südostasien bleibt begrenzt, doch Moskaus Außenministerium sucht gezielt Partner, um internationale Isolation zu durchbrechen. Thailand gilt als attraktives Ziel: stabile Wirtschaft, geopolitische Lage, langer traditioneller Austausch. Allerdings sorgt der weiterhin andauernde Krieg in der Ukraine für diplomatische Spannung. Eine zu enge Kooperation mit Moskau könnte westliche Sanktionen nach sich ziehen – ein Risiko, das Anutin vermeiden will.
Chinas Einfluss und die wirtschaftliche Sogwirkung der Region
China bleibt Thailands wichtigster Handelspartner. Peking sieht BRICS als strategisches Instrument, um seinen Einfluss im globalen Süden zu festigen. Für Thailand ist die wirtschaftliche Nähe zu China attraktiv: Investitionen in Infrastruktur, Lieferung von Technologie und Tourismus. Doch zu viel Abhängigkeit könnte die politische Autonomie einschränken. Anutin versucht, diese Tendenz durch Diversifizierung der Handelsbeziehungen abzufedern.
Die USA und die Frage der strategischen Balance
Thailand ist seit Jahrzehnten enger Partner der USA, auch militärisch. Washington beobachtet jeden Schritt in Richtung BRICS kritisch. Die US‑Regierung begrüßte Anutins vorsichtsbetonte Haltung, warnte aber vor einer Aushöhlung gemeinsamer militärischer Strukturen innerhalb des Indo‑Pazifik‑Rahmens. Thailand möchte die amerikanische Sicherheitskooperation aufrechterhalten, gleichzeitig aber Zugang zu alternativen Wirtschaftsräumen sichern – eine klassische Balancepolitik der Mitte.
ASEAN zwischen Neutralität und neuer Blockbildung
Im ASEAN‑Rahmen teilt Thailand die Sorge über zunehmende geopolitische Konkurrenz. Während Indonesien und Vietnam ebenfalls mit BRICS‑Formaten experimentieren, lehnen Singapur und die Philippinen eine solche Annäherung ab. ASEAN droht, entlang geopolitischer Interessenlinien zu fragmentieren. Bangkok positioniert sich innerhalb des Verbandes als Brückenbauer – ein Ansatz, der Anutins Glaubwürdigkeit stärkt.
Chancen: Zugang zu Märkten, Energie und Investitionen
Ein BRICS‑Beitritt könnte Thailand neue Wachstumsmöglichkeiten eröffnen. Der Zugang zu alternativen Finanzmechanismen wie der „New Development Bank“ wäre attraktiv, ebenso Investitionen aus China und Indien. Russland bietet Energiekooperationen, Brasilien landwirtschaftlichen Austausch. In einer multipolaren Welt wäre Thailand als BRICS‑Mitglied besser vernetzt mit den aufstrebenden Volkswirtschaften des globalen Südens.
Risiken: Westliche Sanktionen, Reputationsverlust und innenpolitischer Druck
Doch die Risiken sind beträchtlich. Die EU und die USA könnten Handelspräferenzen oder Sicherheitszusammenarbeit überprüfen. Auch innenpolitisch bliebe ein Beitritt umstritten: Thailands Exportwirtschaft hängt stark von westlichen Märkten ab. Zudem fürchten liberale Kräfte einen Imageverlust, sollte Bangkok enger mit autoritär geführten Staaten kooperieren. Anutin weiß, dass jeder außenpolitische Fehltritt wirtschaftliche Konsequenzen haben kann.
Szenarien: Vollmitgliedschaft, Beobachterstatus oder Rückzug
Analysten sehen drei denkbare Szenarien. Erstens: Thailand behält seinen Antrag bei und wartet eine zweite Erweiterungsrunde ab – langfristiger Ansatz. Zweitens: Bangkok begnügt sich mit einem Beobachterstatus, um von Kontakten zu profitieren, ohne Verpflichtungen einzugehen. Drittens: Der Antrag wird stillschweigend zurückgezogen, um Washington und Brüssel zu beschwichtigen. Aktuell scheint Variante zwei – die mittlere Lösung – am wahrscheinlichsten.
Innenpolitische Debatten und Stimmungslage
In der thailändischen Öffentlichkeit spielt das Thema BRICS eine Nebenrolle, dennoch spalten sich die Meinungen. Wirtschaftlich orientierte Kreise fordern eine intensivere Zusammenarbeit mit China und Indien. Pro‑westliche Stimmen warnen vor Verlust von Vertrauen und Kapitalflucht. Anutin sucht den Mittelweg: Thailand solle „offen, aber selektiv“ an allen internationalen Formaten teilnehmen, solange dies dem nationalen Wohl dient.
Thailands Wirtschaft zwischen Stabilität und Erneuerung
Bis Ende 2025 wächst die thailändische Wirtschaft moderat um rund 2,7 Prozent. Der Tourismus hat sich erholt, der Export steht jedoch unter globalem Druck. Ein BRICS‑Beitritt könnte den Zugang zu alternativen Absatzmärkten verbessern, doch ohne innenpolitische Reformen bleibt das Wachstum limitiert. Anutin setzt stärker auf Investitionsanreize und regionale Kooperation statt auf politische Bündnistreue.
Internationale Reaktionen auf Thailands vorsichtige Haltung
In Moskau und Peking sorgt Bangkoks Zurückhaltung für Enttäuschung, während westliche Partner sie als Stabilitätszeichen werten. Einige Beobachter sehen Thailand als „Schwungriegel“ zwischen den Machtblöcken — ein Land, das Bewegungen abfedert, ohne sich selbst festzulegen. Diese Rolle verschafft Bangkok diplomatische Flexibilität und Stabilität, solange es gelingt, keine Seite offen zu provozieren.
Fazit: Thailands Suche nach einem Platz in der multipolaren Welt
Im November 2025 steht fest: Der BRICS‑Antrag lebt weiter, aber auf Pause. Premierminister Anutin nutzt ihn als strategisches Instrument, um Handlungsfreiheit gegenüber allen Seiten zu bewahren. Thailands Außenpolitik bleibt ein Balanceakt zwischen wirtschaftlichem Pragmatismus, diplomatischer Neutralität und sicherheitspolitischem Realismus.
Egal, ob Thailand dem Bündnis letztlich beitritt oder nicht – der Antrag von 2024 markiert einen Wendepunkt: Er hat gezeigt, dass das Land seiner Rolle in einer multipolaren Welt bewusster denn je begegnet.



Rosinenpickerei… sich ja nicht positionieren, überall das Beste heraus holen wollen. Thai Style halt! So ist Thailand für niemand ein verlässlicher Partner!
Wie so oft , möchte Thailand sich die Rosinen aus dem Kuchen picken. Aber Vorsicht, so etwas geht auf Dauer nicht gut aus.
Traditionell wird glaubhafte Neutralität belohnt. Bestes Beispiel dafür ist die Schweiz. Aber ob es Thailand gelingt eine glaubhafte Neutralität über einen langen Zeitraum aufrecht zu erhalten ist fraglich. Selbst die Schweiz wankt da hin und wieder. Aber generell halte ich den Kurs für richtig.