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Thailands Doppelpreise: Revolution oder Ruin?

Thailands Doppelpreise: Revolution oder Ruin?
KI-generierte Illustration, erstellt von Google Gemini

Die Stadt der zwei Preise

Der deutsche Unternehmer Michael S. steigt wie jeden Morgen am Sukhumvit in den BTS-Skytrain und bezahlt für die Fahrt zu seinem Büro aktuell 42 Baht (ca. 1,10 €). Seit dem 1. Oktober 2025 ist eine staatliche Tarifregelung in Kraft getreten, bei der thailändische Staatsbürger einen Einheitstarif von 20 Baht pro Zugfahrt auf den meisten elektrischen Bahnlinien in Bangkok erhalten, nachdem sie sich über eine staatliche App registriert haben. Ausländer können diesen reduzierten Einheitstarif nicht nutzen und zahlen weiter die regulären, distanzabhängigen Fahrpreise.

Diese Regelung ist kein Missverständnis, sondern offizielle Regierungspolitik, und sie hat in Thailand und international eine Debatte über Fairness, Tourismus und Wirtschaftsfolgen ausgelöst.

Einheitstarif für Thailänder, Standardtarife für alle anderen

Die thailändische Regierung argumentiert, die Maßnahme diene der Entlastung der Lebenshaltungskosten für thailändische Pendler. Thailändische Staatsbürger, die sich über die „Tang Rath“-App anmelden und ihre Nationalität nachweisen, profitieren dann von einem pauschalen 20-Baht-Tarif auf den meisten elektrischen Bahnlinien in Bangkok – unabhängig von der Strecke.

Für nicht registrierte Fahrgäste bzw. Ausländer bleiben die bisherigen distanzabhängigen Tarife der Betreiber bestehen. Auf dem BTS Skytrain und der MRT bedeutet das je nach Strecke aktuell in der Regel Preise, die über 20 Baht liegen und bei längeren Fahrten deutlich darüber liegen können.

Was ändert sich wirklich?

Seit 1. Oktober 2025:
• Die 20-Baht-Einheitstarifregelung gilt nur für thailändische Staatsbürger mit Registrierung.
• Ausländer zahlen weiterhin die üblichen, nach Distanz gestaffelten Tarife (z. B. etwa 17–45 Baht oder mehr, je nach Strecke).

Weiterentwicklung der Tarifpolitik:
Die ursprüngliche 20-Baht-Flatrate für alle (auch Nicht-Thais) via „Tang Rath“-Registrierung sollte eigentlich Innenstadt-Bahnlinien vereinheitlichen; neuere Pläne der Regierung und Vorschläge von Verkehrsministerien zielen darauf ab, die Tarifstruktur weiterzuentwickeln, einschließlich möglicher Tagesflatrates (z. B. 40 Baht pro Tag auf einigen Linien), doch diese sind teilweise noch im Diskussions- bzw. Gesetzgebungsprozess.

Mehr als nur Metro-Tickets

Das Bahnsystem ist nur die Spitze des Eisbergs. Thailand praktiziert seit Jahrzehnten eine Politik differenzierter Preisgestaltung. Wer als Europäer einen Nationalpark besucht, zahlt oft das Zehnfache dessen, was Thai-Bürger entrichten müssen. Ein Beispiel ist der Eintritt in populäre Naturschutzgebiete mit 200 Baht für Ausländer gegenüber 40 Baht für Einheimische.

Auch Museen, Tempelanlagen und kulturelle Sehenswürdigkeiten folgen diesem Muster. Der Grand Palace in Bangkok verlangt von internationalen Besuchern 500 Baht Eintritt, während Thai-Staatsbürger kostenlosen Zugang erhalten. Hotels und Freizeitparks setzen zunehmend auf ähnliche Strategien. Die Preisdifferenz wird häufig durch die Verwendung thailändischer Ziffern verschleiert, die für Nicht-Muttersprachler schwer zu entziffern sind.

Die Argumente der Befürworter

Die thailändische Regierung rechtfertigt das System mit mehreren Argumenten. Erstens zahlen thailändische Bürger Steuern, die den Unterhalt öffentlicher Einrichtungen finanzieren. Ausländische Touristen und Langzeitbewohner tragen nicht im gleichen Maße zum Staatshaushalt bei, so die offizielle Lesart.

Zweitens bestehe ein erhebliches Einkommensgefälle. Das durchschnittliche Monatsgehalt in Thailand liegt bei umgerechnet etwa 600 US-Dollar. Westliche Touristen und Expatriates verfügen in der Regel über deutlich höhere finanzielle Mittel. Ein gestaffeltes Preissystem ermögliche es einkommensschwachen thailändischen Familien, Zugang zu kulturellem Erbe und Bildungseinrichtungen zu erhalten, ohne sich verschulden zu müssen.

Die wachsende Kritik

Doch die Gegenstimmen werden lauter. Ein deutscher Tourist berichtet online von seiner Erfahrung in einem Nationalpark. Seine thailändische Partnerin zahlte 40 Baht Eintritt, er selbst wurde mit 200 Baht zur Kasse gebeten. Seine Schlussfolgerung lautet schlicht Diskriminierung aufgrund der Nationalität.

Besonders brisant wird das System bei ausländischen Arbeitnehmern, die in Thailand leben und Steuern zahlen. Sie fallen nicht unter die Vergünstigungen für Thai-Bürger, obwohl sie zum Steueraufkommen beitragen. Noch paradoxer wird es bei Wanderarbeitern aus Kambodscha oder Myanmar. Diese verdienen oft weniger als der thailändische Durchschnitt, werden aber trotzdem mit höheren Preisen konfrontiert.

Internationale Perspektiven

In anderen Ländern existieren vergleichbare Systeme, allerdings meist dezenter. US-amerikanische Nationalparks gewähren Anwohnern Rabatte. Britische Museen bieten vergünstigte Jahreskarten für Einheimische an. Der Unterschied liegt in der Transparenz und der Begründung. Meist handelt es sich um Wohnsitz-basierte Vergünstigungen, nicht um nationalitätsgebundene Tarife.

Die Universität von Kasetsart beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Phänomen. Professor Rachawit Photiyarach erklärt, dass zwei Arten von Doppelpreisen existieren. Die institutionelle Variante wird offiziell von staatlichen Stellen praktiziert. Die interpersonelle Form findet im Handel zwischen Verkäufer und Käufer statt, oft ohne schriftliche Preislisten.

Tourismus unter Druck

Die thailändische Tourismusbranche erlebt schwierige Zeiten. Im Jahr 2019 besuchten fast 40 Millionen internationale Gäste das Königreich. Nach der Pandemie kämpft das Land um die Rückkehr zu alten Zahlen. Steigende Hotelpreise, teure Flugverbindungen und nun die öffentliche Debatte um Doppelpreise belasten das Image als erschwingliches Reiseziel.

Auf Social Media häufen sich kritische Stimmen. Nachbarländer wie Vietnam oder die Philippinen werden als preiswertere und gastfreundlichere Alternativen genannt. Ein australischer Reisender schreibt, er fühle sich bei jedem Kauf über den Tisch gezogen. Die Frage nach fairen Preisen für alle stelle sich mittlerweile bei jeder Transaktion.

Politische Reaktionen

Im April 2025 reagierte das Tourismusministerium auf die wachsende Kritik. Minister Sorawong Thienthong kündigte an, das Doppelpreissystem langfristig abzuschaffen. Alle touristischen Attraktionen sollen künftig einheitliche Tarife für Thai-Bürger und Ausländer anbieten. Ein konkreter Zeitplan wurde allerdings nicht genannt.

Die Ankündigung kam nach heftiger Kritik in internationalen Medien und sozialen Netzwerken. Ein viraler Beitrag mit dem Titel „Wo sind die ausländischen Touristen geblieben?“ hatte die Debatte neu entfacht. Darin wurden systematisch die Beschwerden internationaler Besucher dokumentiert.

Die Wirtschaftliche Dimension

Ökonomen warnen vor den langfristigen Folgen. Thailand ist stark vom Tourismus abhängig. Die Branche trägt erheblich zum Bruttoinlandsprodukt bei. Verärgerte Besucher könnten das Land beim nächsten Mal meiden. Negative Online-Bewertungen und Mundpropaganda schaden dem Ruf nachhaltig.

Die Regierung kalkuliert mit jährlichen Einsparungen von umgerechnet 310 Millionen US-Dollar durch die vergünstigten Nahverkehrstarife für Thai-Bürger. Gleichzeitig muss sie den Verkehrsbetrieben 250 Millionen Dollar Ausgleichszahlungen leisten. Nach einem Jahr soll die Politik evaluiert werden.

Rechtliche Grauzone

Ein bemerkenswerter Fall landete 2021 vor dem Verwaltungsgericht in Phetchaburi. Ein ausländischer Krebspatient klagte gegen das Gesundheitsministerium. Er musste für seine Behandlung deutlich höhere Gebühren zahlen als thailändische Patienten mit identischer Diagnose.

Das Gericht entschied zugunsten der Regierung. Die Begründung lautete, die Preisgestaltung basiere auf dem sozioökonomischen Status und komme dem Land zugute. Daher sei keine Diskriminierung gegeben. Der Kläger kündigte Berufung an. Seiner Meinung nach akzeptierte das Gericht die Argumente des Ministeriums ohne gründliche Prüfung.

Strategien für Betroffene

Expatriates haben im Laufe der Jahre Taktiken entwickelt, um günstigere Preise zu erzielen. Das Vorzeigen eines thailändischen Führerscheins, einer Steuerkarte oder eines Bankausweises funktioniert manchmal. Grundkenntnisse der thailändischen Sprache erhöhen die Erfolgschancen deutlich.

Ein langjähriger ausländischer Lehrer berichtet, dass höfliches Nachfragen in Kombination mit einem Nachweis der Steuerzahlung oft zum Erfolg führt. Wichtig sei ein freundliches Auftreten und ein Lächeln. Arroganz oder Forderungen führten meist zum Gegenteil.

Das kulturelle Element

Thailand wird traditionell als Land des Lächelns bezeichnet. Gastfreundschaft gilt als Kernwert der Gesellschaft. Das Doppelpreissystem steht im Widerspruch zu diesem Selbstbild. Viele junge Thailänder schämen sich für die Praxis, wie Online-Kommentare zeigen.

Ein thailändischer Nutzer schreibt auf einem Reiseforum, er sei peinlich berührt, wenn ausländische Besucher an Nationalparks das Zehnfache zahlen müssten. Ein anderer merkt an, selbst als Thai könne er sich viele inländische Reiseziele nicht mehr leisten. Die Hotelpreise seien auch für Einheimische zu hoch geworden.

Vergleich mit Nachbarländern

Vietnam entwickelt sich zunehmend zur Konkurrenz. Das Land bietet ähnliche Strände, historische Stätten und authentische Küche. Die Lebenshaltungskosten liegen unter denen Thailands. Vor allem aber praktiziert Vietnam keine systematische Doppelpreispolitik im gleichen Ausmaß.

Die technische Umsetzung

Die neue Regelung im Bangkoker Nahverkehr wirft praktische Fragen auf. Ausländer müssen weiterhin separate Tickets an Automaten kaufen. Thai-Bürger nutzen ihre registrierte App. An den Drehkreuzen könnte es zu Verzögerungen kommen, wenn das System zwischen beiden Gruppen unterscheiden muss.

Langfristig plant die Regierung ein einheitliches digitales Bezahlsystem. Bis Ende 2026 sollen Smartphones als Fahrscheine nutzbar sein. Die physischen Karten der verschiedenen Betreiber würden damit überflüssig. Ob das System dann auch zwischen Nationalitäten differenziert, bleibt offen.

Ausblick und offene Fragen

Die Einführung nationalitätsbasierter Tarife im öffentlichen Nahverkehr markiert einen Wendepunkt. Noch nie hat eine Weltmetropole diesen Schritt gewagt. Die Reaktionen aus dem Ausland werden entscheidend sein für Thailands Tourismusbranche.

Kritiker befürchten einen Dominoeffekt. Weitere Städte könnten dem Beispiel folgen, wenn das Modell wirtschaftlich erfolgreich ist. Befürworter hoffen auf mehr soziale Gerechtigkeit und besseren Zugang für einkommensschwache thailändische Familien. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.

Die Debatte offenbart grundsätzliche Fragen. Wie definiert eine globalisierte Gesellschaft Fairness? Ist Gleichbehandlung wichtiger als soziale Ausgewogenheit? Darf ein Land seine Bürger bevorzugen, wenn dadurch Außenstehende benachteiligt werden? Thailand wird in den kommenden Monaten Antworten liefern müssen.

Das Dilemma der Moderne

Thailand steht vor einem klassischen Dilemma. Einerseits möchte das Land seine kulturellen Schätze und natürlichen Ressourcen für alle zugänglich machen. Andererseits soll die eigene Bevölkerung nicht durch Touristenströme von ihrem Erbe ausgeschlossen werden. Die Lösung eines differenzierten Preissystems erscheint pragmatisch, stößt aber auf erhebliche ethische Bedenken.

Das Grundproblem bleibt ungelöst. Solange massive Einkommensunterschiede zwischen entwickelten und aufstrebenden Nationen existieren, werden solche Spannungen fortbestehen. Thailand versucht einen eigenen Weg zu gehen, riskiert dabei aber seine Reputation als weltoffenes Reiseziel.

Anmerkung der Redaktion:

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22 Kommentare zu „Thailands Doppelpreise: Revolution oder Ruin?

  1. Von allen Urlaubern auf der ganzen Welt, sind die Deutschen die größten meckerer.
    Immer an nörgeln und schimpfen.
    Die meisten Tempel sind doch frei zugänglich. Die hier meckern, wie offt mußtet ihr in den letzten Urlauben den bezahlen und die Thais nicht. Ich musste nur einmal was bezahlen und ich habe es als Spende für den Tempel gesehen.
    Also viel gemecker um nichts. Dann bleibt doch alle weg. Den meisten Urlauber interessiert das doch garnicht das sie was bezahlen müssen. Die genießen die schöne Zeit und das schöne Essen und das tolle Wetter und fliegen zu frieden wieder nach hause. Ohne zu meckern und zu nörgeln.

  2. Ich sehe mir Sehenswürdigkeiten mit Doppelpreissystem grundsätzlich nicht an. So simpel ist das. Man darf das System nicht unterstützen oder kritisieren. Einfach lächeln und abdrehen. Manchmal dauert es ein bißchen bis die Synapsen der Verantwortlichen die richtigen Schlüsse ziehen. Dann ändert sich etwas. Und solange sehe ich mir den Doi Suthep halt nicht an.

    1. Ja das mache ich gleich wenn ich’s übertrieben sehe. Vielleicht hilft manchmal die rosafarbene Thailändische ID für Farangs die hier einen festen Wohnsitz haben.

  3. Das Doppelpreissytem macht für mich Sinn. Die meisten This verdienen zwischen 10 und 20 Prozent von dem was eine normal arbeitender Mensch in Deutschlnd oder Österreich verdient. Sollten die Thais die gleichen hohen Preise bezahlen wären sie von vielen Attrationen ausgeschlossen weil sie sich das nicht leisten können. Und ehrlich, welcher Tourist würde eine Attraktion die er gerne besuchen möchte wegen des Preises verzichten, einige wenige ja. Also Mai Pen Rai.

  4. Ich bin früher oft mit der Familie in Sattahip an den Strand gefahren. Dann etwas da warten, im Schatten liegen, an den Buden Essen bestellen und gemeinsam einnehmen. Früher mal THB 20 Eintritt für Falangs..ok, 2023 war es schon THB 50. Da freut sich das Militär.

    Ich fragte mich für was, um da essen zu dürfen? Irgendjemand hat da über wohl die Wertigkeiten interessante Annahmen.

    Eine Bekannte betreibt da einen Imbiss, das ich wegen den THB 50 – oder sind es mittlerweile mehr? – Eintritt nicht mehr komme, weiß sie. Auch wenn sie es als Thai nicht ganz versteht. Sonst waren wir da gerne 3 mal die Woche für 2 Stunden, nun gibt es andere Ziele. Ob das für den Strand immer noch ein Plus Geschäft ist? Der Falang hatte früher normal für die Familie und Kinder da mit bezahlt.

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