Kommentar: U-Boote ohne Motor – Thailands Rüstungsfiasko made in Berlin

Thailands U-Boot-Fiasko – ein Maschinenraum der geopolitischen Hybris

Es ist eine dieser Nachrichten, die wie ein rostiger Schraubenschlüssel ins Getriebe der internationalen Diplomatie kracht: Deutschland liefert keine MTU-Motoren für Thailands neue U-Boote. Zack. Klare Ansage aus Berlin. Und plötzlich steht Bangkok da wie ein Kapitän ohne Kompass – oder besser: wie ein Admiral mit einem U-Boot ohne Antrieb.

Was wie ein banaler Exportstopp aussieht, ist in Wahrheit ein Paradebeispiel für die groteske Gemengelage aus geopolitischer Naivität, diplomatischem Schlendrian und militärischem Geltungsbedürfnis. Thailand wollte modern aufrüsten – und hat sich dabei im Maschinenraum der Weltpolitik verlaufen.

Denn der Grund für das deutsche Nein liegt nicht in irgendeiner Laune der Bundesregierung, sondern in einem klaren, alten und ziemlich starren Embargo der EU: Seit dem Tiananmen-Massaker von 1989 ist der Export militärischer Ausrüstung nach China verboten. Punkt. Dass Thailand die chinesischen Yuan-Klasse-U-Boote mit deutschen Motoren aufmöbeln wollte, war von Anfang an ein Tanz auf der Rasierklinge – oder eben ein diplomatisches Eigentor.

Ein geopolitisches Wunschkonzert mit Tauchgang

Der ursprüngliche Deal war schon 2017 unter der Militärregierung ausgehandelt worden – und er klang nach Hightech-Triumph: Drei moderne U-Boote mit deutschen MTU-396-Dieselmotoren, designed by China, powered by Germany. Eine symbolträchtige Liaison aus Osten und Westen. Nur hat offenbar niemand vorher gefragt, ob Deutschland da überhaupt mitspielen will.

Spoiler: wollte es nicht.

China hatte einfach die Motoren im Vertrag versprochen, ohne den Hersteller zu konsultieren. Ein bisschen wie jemand, der einem Freund einen Ferrari schenkt – aber vergessen hat, mit Ferrari zu reden. Und jetzt steht der Karren still, beziehungsweise das U-Boot liegt trocken.

Von der Hightech-Marine zur Notlösung aus Fernost

Bangkok steht nun vor der Wahl zwischen „gar kein Motor“ und „ein chinesischer Motor, der noch nie in einem U-Boot getestet wurde“. Das ist, als würde man zwischen einem Flugzeug ohne Triebwerk und einem Prototypen aus dem Bastelkeller wählen. Und trotzdem: Im März 2024 hieß es plötzlich aus dem Verteidigungsministerium, man werde wohl oder übel den chinesischen CHD620-Motor akzeptieren.

Das klingt nicht nach souveräner Militärstrategie, sondern nach improvisierter Schadensbegrenzung im Angesicht eines geopolitischen Realitätscrashs.

Die Opposition riecht das Desaster

Und während die Regierung noch versucht, das Debakel in diplomatische Floskeln zu verpacken, reibt sich die Opposition die Hände. Schon 2022 war der Spott laut: „Schiffe ohne Motoren“, „ungetestet“, „unnötig“. Der Golf von Thailand sei ohnehin zu flach für U-Boote. Man könnte auch sagen: Für die thailändische Marine wurde die Beschaffung von U-Booten zur tragikomischen Pose – ein martialisches Statussymbol mit leerem Tank.

Deutschlands klare Kante

Die Bundesregierung zeigt sich derweil unbeeindruckt von den asiatischen Wogen. Philipp D., einst Bundeswehrattaché in Bangkok, offenbarte den Fauxpas, und Verteidigungsminister Boris Pistorius macht das, was viele deutsche Politiker selten tun: eine klare Linie ziehen und dabei bleiben. Kein Motor, kein Kompromiss, kein Export.

Das ist unbequem, aber konsequent – in einer Zeit, in der geopolitische Prinzipien oft dem Pragmatismus geopfert werden.

Königsdisziplin: Gesicht wahren

Und nun? Während Thailand bei China vorsichtig einen Plan B zusammenlötet, lädt man Deutschland freundlich zur Rüstungsmesse ein und betont die jahrhundertelangen Beziehungen. Das ist Diplomatie auf asiatisch: Gesicht wahren, auch wenn’s weh tut. Oder wie man in der IT sagen würde: ein freundlicher Neustart nach einem fatalen Systemabsturz.

Nur: Vertrauen ist schwer rebootbar. Und die große Frage bleibt, ob Thailand aus dieser Episode gelernt hat. Ob man künftig bei Rüstungsprojekten die geopolitischen AGBs liest. Oder ob der nächste Skandal schon auf der Werft lauert.

Denn eines ist sicher: Wer in internationalen Gewässern spielt, sollte besser wissen, wie tief sie sind – und was in ihnen lauert.

Newsletter abonnieren

Newsletter auswählen:
Abonnieren Sie den täglichen Newsletter des Wochenblitz und erhalten Sie jeden Tag aktuelle Nachrichten und exklusive Inhalte direkt in Ihr Postfach.

Wir schützen Ihre Daten gemäß DSGVO. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.