Pattaya – Traumreiseziel oder Sündenpfuhl

 

Pattaya, oft auch als Sin City („sündige Stadt“) verschrien, liegt etwa zwei Autostunden südlich von Bangkok und ist ein Badeort direkt am Golf von Siam. Bekannt wurde die Stadt in den 1960er-Jahren, als die US-Armee mit ihren Flugzeugträgern und Begleitschiffen hier anlandete und Tausende junge, meist gutaussehende Soldaten ein wenig Ablenkung vom Kriegsgeschehen in Vietnam suchten.

Erinnerungen und Eindrücke eines Zeitzeugen – von Wolfgang Payer

Eine ebenso willkommene Abwechslung für viele junge Thais, die von den Reisfeldern im Isaan nach Pattaya strömten, um hier ihr Glück zu suchen – oder ihren Traumprinzen zu finden.

Als ich diese Stadt zum ersten Mal im Jahr 1986 kennenlernte, war der Krieg in Vietnam längst vorbei, doch diese Zeit, die für viele junge Thais eine Art Goldrausch bedeutete, hatte sichtbare Spuren hinterlassen – gute wie weniger gute.

Für mich war es eine andere Welt. Ich war Mitte 20, beruflich selbstständig und in Deutschland mit meiner Firma erfolgreich, voller Abenteuerlust und auf der Suche nach Sonne, Strand, Party und einer Prise Exotik. Geld spielte keine wesentliche Rolle – es war zum Ausgeben da. Und Pattaya war genau das, wonach ich gesucht hatte: ein Ort, der Freiheit, Abenteuer und jede Menge Spaß versprach.

Was mir dann in Pattaya sofort auffiel, war die Mischung aus entspannter Urlaubsatmosphäre und der allgegenwärtigen Nachtleben-Szene. Unzählige Bierbars – darunter die legendäre Tahitian Queen Bar (die übrigens noch heute an gleicher Stelle existiert) – und einige Diskotheken wie die Marine Disco oder die Disco Duck dominierten das Stadtbild. Für viele Alleinreisende – so auch für mich – war Pattaya ein aufregender Ort ohne viele Tabus und ohne Sperrstunde. Wer 24 Stunden Party machen wollte – kein Problem!

Natürlich spielte die Prostitution eine sichtbare Rolle. Sie war offen, allgegenwärtig und Teil des wirtschaftlichen Motors der Stadt – und das ist auch heute noch so. Man kann das kritisieren, doch man sollte dabei nicht vergessen, dass viele Männer und Frauen in dieser Branche schlicht nach einem besseren Leben für sich und ihre Familien strebten. Und nicht wenige von ihnen sind heute mit einem/r „Farang“ glücklich verheiratet.

Aber Pattaya war nie nur das. Schon in den 80er-Jahren gab es ruhige Strände, freundliche Begegnungen mit Einheimischen, kleine Tempel und – wie auch heute noch – fangfrisches Seafood auf dem alten Naklua-Markt. Ich genoss es die Nacht durchzufeiern und am nächsten Morgen mit dem Boot zur Nachbarinsel Koh Larn zu fahren, um dort im glasklaren Wasser zu baden.

Im Jahr 2004 habe ich mir dann endlich meinen Traum -dort zu leben, wo andere Urlaub machen- erfüllt und bin nach Thailand ausgewandert. Bereits in Deutschland habe ich die Thaisprache gelernt und dann 2008 in Pattaya die Easy ABC Sprachschule gegründet – ein Schritt in die ungewisse Selbstständigkeit, den ich nie bereut habe.

Wenn ich heute, fast 40 Jahre nach meinem ersten Urlaub hier, durch die Straßen Pattayas gehe, fällt mir auf, wie sehr sich die Stadt verändert hat – und das meine ich durchaus im positiven Sinne.

Pattaya hat sich weiterentwickelt. Der Fokus liegt inzwischen verstärkt auf Familienfreundlichkeit, internationalem Tourismus und einer modernen Infrastruktur. Moderne Einkaufszentren, die europäische Standards bieten, große Wasserparks, hochmoderne Kliniken, erstklassige Hotels, Restaurants für jeden Geschmack und Geldbeutel und internationale Schulen prägen heute das Stadtbild. Die Beach Road präsentiert sich sauberer denn je, Strände wurden verbreitert und neue Grünflächen aufgewertet – Pattaya zeigt sich in einem ganz neuen Licht.

Natürlich ist auch hier nicht alles Gold was glänzt. Der rasante Aufstieg der Stadt brachte Umweltprobleme mit sich, und besonders an Wochenenden oder in der Hochsaison kann der Verkehr zur Herausforderung werden. Auch wenn Strand und Meer nicht mit der Postkartenidylle der südlichen Inseln mithalten können, bietet Pattaya dafür die oben erwähnten Vorzüge, die eine Insel so nur schwer leisten kann. Der Kontrast zwischen Arm und Reich ist spürbar geblieben. Wie überall auf der Welt kann Armut zu Kriminalität führen – ganz verschont bleibt auch Pattaya davon nicht. Dennoch: Ich fühle mich hier ausgesprochen sicher. Ich kann mich frei und unbeschwert bewegen, selbst nachts, was längst nicht überall auf der Welt der Fall ist. In manchen Ländern, die ich bereist habe, sieht man schwer bewaffnete Sicherheitskräfte auf den Straßen patrouillieren. Häuser sind dort von meterhohen Mauern, Kameras und Stacheldraht umgeben – als wären sie Festungen. All das empfinde ich hier als angenehm anders.

Wer zum Feiern kommt, ist in Pattaya noch immer an der richtigen Adresse. Die Rotlicht- und Partyszene existiert in bekannten Gegenden wie der Walking Street, Soi 6 und Soi Buakhao (Treetown) weiterhin – allerdings längst nicht mehr so dominant wie früher. Stattdessen sieht man heute vermehrt Familien aus aller Welt, die gemeinsam Urlaub machen und die Stadt von einer ganz anderen Seite kennenlernen.Auch viele Senioren haben Pattaya inzwischen zu ihrem bevorzugten Altersruhesitz gewählt – nicht nur wegen der vergleichsweise günstigen Lebenshaltungskosten, sondern auch aufgrund des ganzjährig warmen Klimas und der guten medizinischen Versorgung. Und dass auch Singles hier durchaus ihren „Traumpartner“ finden können, ist längst kein Geheimnis mehr.

Was mich an Pattaya besonders beeindruckt: Die Offenheit der Menschen ist geblieben. Trotz aller Veränderungen sind das berühmte Lächeln der Thailänder, ihre Gastfreundschaft und ihr Pragmatismus erhalten geblieben. Und vielleicht ist es genau das, was das wahre Herz dieser Stadt ausmacht – ihre Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden, ohne dabei ihre Seele zu verlieren. Zu Covidzeiten wurde die Stadt totgesagt, kurz darauf erhob sie sich in neuem Glanz wie Phoenix aus der Asche.

Auch wenn Pattaya nicht mehr das wilde „El Dorado“ meiner Jugend ist, so präsentiert sich die Stadt heute mit vielen Gesichtern: lebendig, chaotisch, exotisch, warmherzig – und überraschend familienfreundlich. Wer nur die alten Klischees von „Bums-Bombern“ und „Tripper-Klippern“ kennt, wird ihr nicht gerecht. Wer sich jedoch die Mühe macht, genauer hinzusehen, entdeckt eine Stadt, die – trotz oder gerade wegen ihrer bewegten Vergangenheit – eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen hat. Nicht zu vergessen: das wunderschöne Hinterland, das ich mit Vorliebe auf meinen Motorradtouren erkunde und ich auch jedem Pattaya-Besucher nur empfehlen kann.

Ich freue mich sehr diesen Schritt der Auswanderung gewagt zu haben und genieße jeden einzelnen Tag, den ich hier – in Pattaya – leben darf.

Wolf­gang Pay­er­In­hab­er Easy ABC Sprach­schule Pattaya

Newsletter abonnieren

Newsletter auswählen:
Abonnieren Sie den täglichen Newsletter des Wochenblitz und erhalten Sie jeden Tag aktuelle Nachrichten und exklusive Inhalte direkt in Ihr Postfach.

Wir schützen Ihre Daten gemäß DSGVO. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.