Leserbrief: „Währungsschwankungen ruinieren meinen Lebensabend in Thailand“
von Günther M. (78), Rentner aus Hürth, seit 2013 in Pattaya
Sehr geehrte Redaktion,
mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel über den Thai-Baht gelesen. Als deutscher Rentner, der seit 2013 in Thailand lebt, möchte ich Ihnen einen Einblick geben, wie diese „Hohen Preise“ für Urlauber für uns Auswanderer zur existenziellen Bedrohung werden können.
Mit nur 1500 Euro Rente monatlich hatte ich mir vor Jahren einen bescheidenen, aber sorgenfreien Lebensabend in Thailand aufgebaut. Als ich 2013 hierher kam, bekam ich für meine Rente noch über 66000 Baht. Das reichte für eine nette Wohnung, regelmäßige Mahlzeiten in ordentlichen Restaurants und sogar für kleine Ausflüge mit meiner thailändischen Freundin Noi. Wir führten ein angenehmes Leben, ohne ständig jeden Baht zweimal umdrehen zu müssen.
Heute sieht die Situation völlig anders aus. Die extremen Schwankungen des Baht haben meine finanzielle Lage komplett auf den Kopf gestellt. In manchen Monaten verliere ich durch den Wechselkurs und die immer höheren Preise, im Vergleich zu früher fast ein Viertel meiner Kaufkraft! Das bedeutet konkret: statt einst 66000 Baht erhalte ich manchmal nur noch 54000-56000 Baht für dieselbe Euro-Summe.
Ich weiß, 1500 Euro Rente im Monat klingt für viele gar nicht schlecht – und ja, ich bin mir bewusst, dass meine Rente im Vergleich zu thailändischen Einkommen oder auch zu dem, was manche andere deutsche Rentner hier zur Verfügung haben, sogar recht hoch ist. Manche müssen mit 900 oder gar 700 Euro auskommen, und ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie die das schaffen. Vor diesen Menschen habe ich großen Respekt. Und trotzdem reicht auch meine Rente inzwischen nicht mehr, um hier so zu leben wie früher.
Ich musste in ein kleineres Condo umziehen. Restaurant-Besuche sind selten geworden, und an Reisen durch das Land ist nicht mehr zu denken. Jeder Arztbesuch wird zum finanziellen Risiko, da meine deutsche Krankenversicherung hier nicht gilt. In meinem Alter Medikamente zu rationieren ist gefährlich, aber oft bleibt mir keine andere Wahl.
Was Ihre Experten als „Währungsschwankungen“ bezeichnen, bedeutet für mich und Noi täglichen Streit ums Geld. Sie ist 15 Jahre jünger als ich und hatte gehofft, mit einem deutschen Partner ein stabiles Leben führen zu können. Nun muss sie zusätzlich arbeiten gehen, um unseren Lebensunterhalt zu sichern – etwas, das in der thailändischen Kultur als Gesichtsverlust für mich als Mann gilt.
Die ständige Ungewissheit zermürbt unsere Beziehung. „Du hast mir ein anderes Leben versprochen“, wirft sie mir vor, wenn wir wieder einmal den Gürtel enger schnallen müssen. Ich liebe Noi, aber manchmal überlege ich, ob es für sie nicht besser wäre, einen finanziell besser gestellten Partner zu finden. Diese Gedanken halten mich nachts wach.
Eine Rückkehr nach Deutschland ist für mich keine Option mehr. Meine kleine Wohnung in Hürth habe ich verkauft, um hier ein neues Leben zu beginnen. Mit meiner Rente könnte ich in Deutschland höchstens ein Zimmer in einer WG mieten und würde am gesellschaftlichen Leben kaum teilnehmen können. Zudem habe ich in Deutschland keine Familie mehr, die mich auffangen könnte.
Die thailändische Regierung erschwert zudem die Situation für Langzeit-Residenten wie mich durch immer strengere Visa-Bestimmungen. Man fordert höhere finanzielle Nachweise oder teure Krankenversicherungen, die ich mir mit meiner knappen Rente nicht leisten kann. Es fühlt sich an, als ob man ausländische Rentner mit wenig Geld loswerden will, während man gleichzeitig um zahlungskräftige Touristen buhlt.
Ich wünsche mir von den Entscheidungsträgern sowohl in Deutschland als auch in Thailand mehr Verständnis für die Situation von Auslandsrentnern. Eine Stabilisierungspolitik für den Baht würde nicht nur der thailändischen Wirtschaft helfen, sondern auch tausenden deutschen Rentnern wie mir eine Existenz in Würde ermöglichen.
Von der deutschen Politik fordere ich mehr Unterstützung für die über tausenden deutschen Rentner in Thailand, die oft vergessen werden. Die Renten in Deutschland sind oft zu niedrig, um dort würdevoll zu leben, weshalb viele von uns ins Ausland gehen mussten. Doch nun holt uns die globale Wirtschaftspolitik ein.
Sollte der Baht, wie in Ihrem Artikel prognostiziert, tatsächlich bis zum Jahresende auf diesem Niveau bleiben, weiß ich nicht, wie ich die kommenden Monate überstehen soll. Und ob meine Beziehung zu Noi diese Belastungsprobe übersteht, steht in den Sternen.
Mit besorgten Grüßen,
Günther M.
Pattaya