Tattoos in Thailand als spirituelles Schutzschild

Werbeanzeige

Heilige Tinte, jahrhundertealte Rituale und der Glaube an Unsichtbares 

In den Tempeln und Tätowierstudios Thailands ist Körperkunst weit mehr als bloße Ästhetik. Die sogenannten Sak Yant-Tattoos gelten als spirituelles Schutzschild, als sichtbares Zeichen des Glaubens – und für manche sogar als magische Rüstung. Tief verwurzelt in alten buddhistischen, thailändischen und Khmer-Traditionen tragen diese Tätowierungen nicht nur Tinte, sondern auch Gebete, Mantras und Energie in sich.

Sak Yant bedeutet wörtlich „heilige Inschrift“. Gefertigt werden sie meist von buddhistischen Mönchen oder Ajarns – hoch angesehenen Laienmeistern – mit einer langen, scharf geschliffenen Metallnadel, die punktgenau Farbe in die Haut sticht. Dabei werden heilige Texte in Pali oder Khmer eingraviert, oft in geometrischen Mustern oder Tiermotiven – jeder Strich durchdrungen von einer spirituellen Bedeutung.

Schutz, Charisma und Mut: 
Tattoos mit übernatürlicher Wirkung

Wer sich ein Sak Yant stechen lässt, sucht meist nicht nach einem modischen Statement – sondern nach Schutz vor Unheil, Stärke im Kampf, Glück im Leben oder sogar Unverwundbarkeit. In früheren Zeiten ließen sich thailändische Krieger Sak Yant stechen, bevor sie in den Krieg zogen. Heute sind es Muay-Thai-Kämpfer, Soldaten, Geschäftsleute – und auch internationale Stars.

Die wohl bekannteste Sak Yant ist die sogenannte Hah Taew, die „Fünf Linien“. Jede Linie steht für eine andere spirituelle Segnung – von der Abwehr negativer Energien bis zur Stärkung von Charisma und beruflichem Erfolg. Weltweite Berühmtheit erlangte dieses Motiv durch Hollywood-Star Angelina Jolie, die sich ihre Hah Taew vom renommierten Ajarn Noo Kanpai stechen ließ – unter Gebet und Räucherwerk.

Kein Tattoo ohne Ritual: 
Glaube beginnt vor der Nadel

Ein echtes Sak Yant ist kein Tattoo, das man „einfach so“ bekommt. Der Weg dahin beginnt oft mit einer Zeremonie, begleitet von Räucherwerk, Gebeten und Meditation. Viele Menschen bringen Opfergaben wie Blumen, Räucherstäbchen oder Geld mit. Während des Stechens werden heilige Sprüche – sogenannte Katha – rezitiert. Diese Mantras sollen der Tätowierung ihre Kraft verleihen.

Doch damit ist es nicht getan. Viele Ajarns und Mönche verlangen, dass die Träger nach dem Ritual bestimmte spirituelle Regeln befolgen: kein Alkohol, keine Gewalt, Respekt vor Eltern und Lehrern, keine sexuellen Ausschweifungen. „Wer die Regeln bricht, riskiert, die Kraft des Tattoos zu verlieren“, sagt ein Ajarn in Chiang Mai.

Foto: The Nation

Zwischen Glaube und Geschäft: 
Wird Sak Yant zur Touristenattraktion?

In den letzten Jahren erleben Sak Yant ein echtes Comeback – bei Thais wie Ausländern. Viele westliche Besucher lassen sich in Chiang Mai, Bangkok oder Ayutthaya tätowieren, oft in Studios, die mehr Wert auf Ästhetik als auf Spiritualität legen. „Nicht jeder versteht, was er da bekommt“, kritisiert ein Mönch, der anonym bleiben möchte. „Sak Yant ist kein Souvenir – es ist ein Versprechen.“

Traditionelle Meister sehen diese Entwicklung mit Sorge. Für sie ist jede Tätowierung ein heiliger Akt – und keine Instagram-taugliche Erinnerung. Wenn die Rituale fehlen oder die Träger sich nicht an die moralischen Regeln halten, so glauben viele, verliert das Sak Yant seine Wirkung. Es wird zu bloßer Tinte – und der Schutz verfliegt.

Tattoo auf der Haut, Spiritualität im Herzen

Trotz aller Kritik bleibt Sak Yant ein lebendiger Teil der thailändischen Kultur. Für viele Gläubige ist es ein Symbol der Hoffnung, der Kraft – und eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In einer Welt voller Unsicherheit und Wandel ist das Bedürfnis nach Schutz, innerer Stärke und spiritueller Verbindung größer denn je.

Ob für Mut, Glauben oder Transformation: Ein Sak Yant erzählt immer eine Geschichte – nicht nur auf der Haut, sondern tief in der Seele.

Newsletter abonnieren

Newsletter auswählen:
Abonnieren Sie den täglichen Newsletter des Wochenblitz und erhalten Sie jeden Tag aktuelle Nachrichten und exklusive Inhalte direkt in Ihr Postfach.

Wir schützen Ihre Daten gemäß DSGVO. Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.
Werbeanzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

🚫 Adblocker erkannt – bitte unterstütze uns!

Wir benötigen Werbung, um unsere Inhalte kostenlos bereitzustellen.
👉 Bitte deaktiviere deinen Adblocker

oder abonniere ein

👉 BlitzAbo: Für 3 €/Monat oder 30 €/Jahr nutzen Sie unsere Seite ganz ohne Werbung.

Danke für dein Verständnis!